Kapitel 44

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Erst tritt völlige Stille ein, dann ging alles sehr schnell. Sie rannte zu ihm hin und hob ihre Hand. Sie wollte ihn schlagen, doch sein Vater hielt ihre Hand schlagartig fest. Wütend sah sie ihren Mann an. Mit einem drohenden Unterton sagte er.

Felix' Vater: „Wag es dich nicht unseren Sohn zu schlagen."

Wütend schrie sie.

Felix' Mutter: „Das ist nicht mehr unser Sohn! Ich habe keinen Schwulen als Sohn! Er soll verschwinden und sich nicht mehr blicken lassen! Er ist für mich gestorben!"

Die Erleichterung, die gerade noch da war, verschwand vollkommen. Meine Mutter und ich wollten gehen. Felix saß wie versteinert auf der Couch und konnte nicht glauben, was gerade passiert war. Ich griff nach seiner Hand und zog ihn hinter mir her. Wir rannten schon fast raus, da wir Angst hatten, dass sie sich ihrem Mann losriss und sich wirklich noch an meinen Freund vergreift. Wir stiegen in das Auto ein und hörten von drinnen, wie eine Vase kaputt ging. Felix' Vater kam raus gerannt und machte die Tür der Beifahrerseite auf.

Felix' Vater: „ Ich bitte Sie meinen Sohn bei Ihnen wohnen zu lassen. Hier kann er einfach nicht mehr bleiben. Ich will nicht, dass ihm was passiert. Passen Sie bitte auf ihn auf. Ich gebe ihnen auch zur Verpflegung Geld, wenn das für Sie nicht mehr reichen sollte."

Mama: „Keine Sorge. Ich kümmer mich um ihn. Ich rufe Sie an, falls etwas sein sollte."

Felix' Vater: „Ich danke Ihnen so sehr."

Er schloss die Autotür und sah uns noch hinter her, bevor er wieder in das Haus ging. Ich will nicht wissen, was bei den beiden noch abging. Bestimmt gab es einen riesigen Streit. Das sollte mich jetzt aber nicht interessieren. Hauptsache Felix passierte nichts. Dieser starrte die ganze Fahrt nur auf seine Knie. Er tat mir einfach so verdammt Leid. Ich wollte nicht, dass es ihm so schlecht ging, aber ich konnte daran nichts ändern. Leider. Jetzt musste ich einfach nur noch für ihn da sein.

Zu Hause angekommen, dauerte es eine Weile, bis Felix aus dem Auto aussteigen wollte. Teilweise musste ich ihn auch da raus ziehen. Er ging sofort in mein Zimmer und legte sich in mein Bett. Zu meiner Wand gelehnt, lag er da. Ich sah sein Gesicht kein bisschen. Ich stand einfach nur mitten in meinem Zimmer und schaute ihn an.

Ich: „Willst du reden?"

Er schüttelte den Kopf.

Ich: „Willst du mit mir etwas spielen?"

Er schüttelte wieder den Kopf.

Ich: „Willst du mit mir kuscheln?"

Nichts. Man, er machte es mir einfach schwer. Ich verstand ja, dass bei ihm gerade eine Welt zusammen brach, aber bitte sag mir doch, was du willst, sonst konnte ich dir nicht weiter helfen.

Ich: „Dann lass ich dich mal ein wenig in Ruhe und geh zu meiner Mutter in die Küche."

Er nickte. Ich begab mich also in die Küche. Dort fing meine Mutter gerade an, wieder für uns zu kochen. Ich stellte mich zu ihr und half ihr dabei, das Essen zu zubereiten.

Mama: „Wie geht es ihm?"

Ich: „Wie soll es ihm denn schon gehen? Natürlich geht es ihm dreckig. Das ist ja verständlich."

Sie nickte. Es war nicht einfach. Für uns alle nicht. Wir wollten doch nur so sein, wie wir nun mal waren. Dafür wurden wir leider verurteilt. Wir lebten in einer modernen Zeit. Sowas sollte heutzutage doch normal sein. Warum grade er? Er war doch so ein toller Junge. Ihm sollte sowas einfach nicht widerfahren.

Wir kochten zu Ende und ich fing an, den Tisch zu decken. Ich ging zurück zu meinem, oder sollte ich schon sagen, Felix und mein Zimmer? Vor der Tür klopfte ich einmal. Warum? Wusste ich ebenfalls nicht. Ich trat ein und sah, dass er sich nicht mehr bewegt hatte und immer noch so da lag, wie als ich das Zimmer vorhin verlassen hatte.

Ich: „Es gibt Essen, kommst du?"

Felix: „Hab keinen Hunger."

Leise seufzte ich und setzte mich zu ihm auf das Bett. Ich streichelte seinem Arm entlang.

Ich: „Ess doch bitte nur eine Kleinigkeit. Ich möchte nicht, dass du deswegen auf deine Gesundheit verzichtest. Tu es für mich, bitte."

Er drehte seinen Kopf leicht in meine Richtung und sah mich mit einem Auge an. Schmerz und Trauer sah ich. Widerwillig hievte er sich hoch, sodass er auf dem Bett saß. Ich stand auf, lächelte ihn an und hob ihm meine Hand entgegen, die er gleich ergriff. Ich zog ihn auf seine Beine und gleich danach in meine Arme. Ich küsste ihn einmal lange und zärtlich. Ich denke, das hat er jetzt einfach gebraucht.

Ich nahm wieder seine Hand und setzte mich mit ihm an den Tisch. Er nahm sich zwar etwas zu Essen, doch als es auf seinem Teller lag, starrte er das nur an.

Dizzi-Der stumme JungeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt