Kapitel 23

10.6K 335 54
                                    

Mondlicht schien durch die Fenster und erhellte den Raum, der jetzt silbern schimmerte. Ich schaute über meine Schulter, Malfoy, der die Arme um mich geschlungen hatte, schlief noch. Nach unserem Vergnügen im Bad waren wir in sein Schlafzimmer gegangen.

Ich drehte meinen Kopf wieder zurück und betrachtete den Raum. Erst jetzt viel mir auf, dass der kleine Nachttisch neben dem Bett mit kleinen, ineinander verschlungenen Schlangen verziert war. Ein kleines Lächeln stahl sich auf mein Gesicht, beim Anblick dieser Detailverliebtheit.
Ich drehte mich noch einmal um. Malfoy sah so friedlich aus, wenn er schlief. Mann merkte ihm nicht an, dass er Angst davor hatte, was passieren würde, wenn seine Eltern zurück kämen. All die Jahre in Hogwarts dachte ich immer, er wäre der verwöhnte Schönling in seiner Familie, und genauso wie sie ein Muggelhasser.

Aber dem war nicht so. Er war ein verletzter Junge, der unter dem Familienstolz litt, und stets das machen musste, was sie von ihm verlangten. Er hatte nichts gegen Muggel, arbeitete sogar mit ihnen zusammen. Und er hatte auch nichts gegen Muggelstämmige wie mich, er hatte mich sogar vor seinem Reinblüterfreund gerettet, und damit seine Freundschaft und seinen vermeindlichen "Glauben" aufs Spiel gesetzt und infrage gestellt.

Er hatte mir sogar eine Träne gezeigt, seine Verzweiflung offenbart. Es war sehr stark von ihm, dass er Schwäche zeigen konnte, obwohl seine Familie ihm eingebläut hatte, dies nicht zu tun. Er war so viel verletztlicher, als ich jemals gedacht hatte, war jemand anderes, unter seiner Maske, die er selbst nicht wollte. Er hatte sich mir gegenüber geöffnet, also würde ich das auch tun, den er vertraute mir. Und dieses Vertrauen beruhte auf Gegenseitigkeit.

Lange betrachtete ich ihn, diese blonden Haare, sein makeloses Gesicht mit den weichen Lippen, bevor ich aufstand und in mein Zimmer ging (ich hatte es doch als "meins" anerkannt, ich fühlte mich so langsam ein wenig zuhause hier) und mich anzog.

Leise, damit ich Malfoy nicht weckte, schlich ich hinunter ins Wohnzimmer. Genau wie in Malfoys Schlafzimmer fiel Mondlicht durch die Fenster, und erhellte den Raum magisch. Ich ließ mich aufs Sofa fallen und dachte nach. Über Malfoys Eltern, über ihn selbst, über seine reinblütige Abstammung und über die Todesser.

Plötzlich riss mich ein Klopfen aus meinen Gedanken. Ich stand auf und sah, dass Rufus mit einem Brief vor dem Fenster wartete, und mich fordernd ansah. Schnell öffnete ich das Fenster und ließ Rufus herein, der mir seinen Brief gab und in seinen Käfig an der Wand des Zimmers flog.

Fragend betrachtete ich den Umschlag. Es stand kein Absender drauf, aber er war an mich gesendet. Wer sendete denn mitten in der Nacht einen Brief, dazu noch ohne Absender? Oder war der Schreiber soweit entfernt, dass Rufus die halbe Nacht durchfliegen musste? Neugierig öffnete ich ihn, diesmal ohne den Umschlag zu zerreißen.

Die Schrift darin war nicht ganz so leserlich, aber ich konnte sie trotzdem irgendwie entziffern.

Granger,
dachtest du, ich würde dich in Ruhe lassen, nach unserem kleinen Vorfall gestern Abend? Nur weil Draco zu früh eingegriffen hat? Dann hast du falsch gedacht, und spätestens in Hogwarts wirst du deine Unwilligkeit bereuen, das schwöre ich, du Schlammblut! Du magst zwar jetzt bei deinem Draco in Sicherheit sein, aber bald werden sich die, die zu Unrecht in Askaban sitzen, freikaufen und wenn dann meine Eltern davon erfahren, wie du mich zugerichtet hast und mir die Schuld in die Schuhe geschoben hast, wird das garantiert nicht schön für dich verlaufen, mieses kleines Schlammblut! Und was wäre, wenn ich dem Zaubereiministerium erzähle, dass du den Imperius-Fluch auf Draco angewandt hast? Glaubst du wirklich, dass er etwas für dich empfindet? Wenn ja, bist du ziemlich naiv, und gar nicht so klug, wie Professor McGongall und deine Freunde jedem einbläuen, der euch über dem Weg läuft. Und bevor du es vergisst: Wenn du Draco oder irgendjemand anderen hiervon erzählst, wird dein Ruf ruiniert werden, und du wirst den Rest deines Lebens in einer Zelle in Askaban verbringen. Ich wünsche eine unruhige, schlaflose und beängstigende Nacht, Schlammblut.

Hatte er mir gedroht? Hatte Zabini mir wirklich gedroht? Aber das war doch total dumm, nur weil ich keinen Sex mit ihm haben wollte, und ihn deswegen geschlagen hatte! Wohlgemerkt hatte er mich zuerst geschlagen, und nicht nur er war verletzt gewesen, sondern auch ich, er wollte mich sogar erwürgen! Eigentlich konnte ich ihn wegen versuchten Mordes anklagen, aber ich wollte nicht so kaltherzig sein und ihm noch eine Chance geben, mich in Ruhe zu lassen, obwohl ich wusste, dass das keinen Sinn hatte und außerdem total falsch war.

Aber nur deswegen wollte er mich in Askaban leiden sehen? Das war doch total übertrieben, mir deswegen die Nutzung des Imperius-Fluchs anzuhängen! Das er mich Schlammblut nannte, störte mich nicht, das war ich von den anderen Slytherins, Zabini und Malfoy mit eingeschlossen gewohnt. Aber mir gleich so zu drohen? Der musste es echt nicht gewöhnt sein, Körbe zu bekommen.

Ich setzte mich wieder aufs Sofa und las mir den unfreundlichen Brief nochmal durch. Und nochmal. Und nochmal. Und nochmal. Immer wieder lies ich meinen Blick über die Worte gleiten, denn ich konnte einfach nicht glauben, wie kaltherzig und dumm Zabini sein konnte!

Er behauptete also, dass Malfoy nichts für mich empfand, obwohl der mir zweimal eine indirekte Liebeserklärung gegeben hatte. Ich schüttelte den Kopf, lehnte mich zurück und schloss die Augen. Das war alles so verwirrend, erst ignorierte er mich, dann liebte er mich (oder tat jedenfalls so), dann hasste er mich und gab mir eine indirekte Liebeserklärung, dann war er wieder freundlich und schließlich liebte er mich wieder und gab mir die zweite, indirekte Liebeserklärung. Er hatte mir seine Schwäche gezeigt, und dass er mir vertraute, war das nicht Beweis genug, dass er etwas für mich empfand, auch wenn es nur Freundschaft war? Aber dann funkte Zabini dazwischen und behauptete, dass er keinerlei Gefühle für mich hegte, obwohl sich Malfoy kurz davor für mich, statt für Zabini, und damit auch Slytherin, entschieden hatte. Oder war das einfach nur aus Mitleid geschehen? Denk sowas nicht, Hermine! Bleib positiv!

Sollte ich Malfoy von dem Brief erzählen? Ich würde bestimmt nicht das tun, was Zabini wollte, dazu war ich zu stolz, und villeicht könnte Malfoy mir ja irgendwie helfen. Andererseits hatte Malfoy genug Sorgen wegen seiner Eltern und den anderen Todessern, und das war bloß ein Drohbrief gewesen, der sowieso nur dazu diente, mich zu beleidigen, sowie Ängste und Zweifel mir zu wecken. Ich sollte ihm nicht damit zur Last fallen, das waren bloß leere Worte gewesen.

Ich schlug die Augen wieder auf und steckte den Brief ein. "Kannst du nicht mehr schlafen?" fragte mich Malfoy, der vollständig angezogen das Wohnzimmer betrat. Zum Glück war ich schon vorher hier gewesen, sonst hätte Malfoy den Brief genommen und ihn villeicht sogar gelesen. Oder mich zumindest gefragt, was darin stand.

"Wie es aussieht schon. Und du wohl auch." Er setzte sich neben mich und schlang einen Arm um mich. Ein weiterer Beweiß, dass er mich mochte. "Mir geht die Sache mit Askaban nicht aus dem Kopf. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie sich freikaufen werden." Er schwieg eine Minute und sagte dann: "Aber das werden wir villeicht auch lösen können, wie du gestern vorgeschlagen hast."

"Genau, immer schön positiv bleiben." sagte ich übertrieben fröhlich und musste lachen. Er zog mich in einen Kuss, und meine Stimmung wechselte von Fröhlichkeit zu Leidenschaft und ich erwiederte. Meine Haut prickelte, und seine Lippen waren so unglaublich weich. Er bat mit seiner Zunge um Einlass, den ich ihm gewährte und unsere Zungen fingen einen leidenschaftlichen und hitzigen Tanz an.

Viel zu schnell lösten wir uns wieder und blickten uns schnell Atmend in die Augen. Er legte eine Hand auf meine Wange und lehnte sich vor, sodass ich mich zurück lehnen musste und den weichen, trotzdem stabilen Stoff im Rücken und Nacken fühlte.

"Weist du Hermine, anfangs wollte ich dich nur vor Zabini schützen. Doch dann wurde daraus mehr." sagte er leise, kaum warnehmbar, und schaute mich fragend mit seinen wunderschönen, sturmgrauen Augen an. Er erwartete wohl antwort. "Das beruht auf Gegenseitigkeit." flüsterte ich zurück. Er beugte sich noch dichter vor, sodass unsere Gesichter sich fast berührten und hauchte leise die Worte in mein Ohr, die ich mir immer von jemanden gewünscht hatte, und die mir so unendlich viel bedeuteten. "Ich liebe dich."

DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt