Vier

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Der gesamte Lärm um sie herum verschwand mit einem Mal und hinterließ eine drückende Stille. Das Blut rauschte in ihren Ohren. Wie angewurzelt blieb sie stehen, nahm nur langsam die Arme wieder herunter und starrte in die grellen Scheinwerfer des Autos, das nur mit wenig Abstand vor ihr zum Stehen gekommen war. Wo war es so schnell hergekommen? Sie spürte ihren heftigen Herzschlag und sah auf ihr zerbrochenes Handy am Boden, das sie vor Schreck hatte fallen lassen. Ihre zitternden Knie berührten immer wieder die Stoßstange des Wagens, die Motorgeräusche erschienen ihr nun unnatürlich laut, nicht einmal die Schreie der Augenzeugen hatte sie darunter registriert. Und davon hatten sich mittlerweile einige angesammelt. Ebenso erschrocken starrten sie alle auf Louisa, die noch immer im grellen Scheinwerferlicht mitten auf der Hauptstraße stand. Großer Gott. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie in das Innere des Wagens, ohne jedoch etwas erkennen zu können. Wie ein schwarzes Loch klaffte die Windschutzscheibe hinter den blendenden Scheinwerfern. Adrenalin durchströmte ihren Körper. Erst jetzt registrierte sie allmählich, in welcher Situation sie sich befand. Es hätte nicht viel gefehlt und sie wäre überfahren worden.

Nur am Rande bekam sie mit, wie ein paar kräftige Hände sie schließlich an den Armen packten und vorsichtig auf den Bordstein drückten. Es war beinahe etwas schmerzhaft. Sie ließ es dennoch geschehen.

Aus dem hellen Licht verschwunden, nahm sie allmählich ihre Umwelt wieder wahr. Einige Menschen hatten sich um sie herum versammelt und sahen sie besorgt an. Manche gafften auch einfach nur. Langsam setzte der dumpfe Lärm der Straße wieder ein. Ihr war schwindelig.
„Miss, sind Sie in Ordnung? Brauchen Sie einen Krankenwagen?", fragte ein etwas älterer Mann, der vor ihr kniete und sie scheinbar auf den Gehsteig bugsiert hatte.
Sie versuchte, ihn scharf vor sich zu erkennen. Seine Augen waren immer noch vor Schreck geweitet. Brauchte sie einen Krankenwagen?
„Ist ein Arzt anwesend?" Eine Frau neben ihr sah fragend in die Runde der Passanten, die vor Schreck stehen geblieben waren. An ihrer Stimme erkannte Louisa, dass sie es gewesen war, die zuvor geschrien hatte.

Benommen schüttelte sie den Kopf und versuchte ein Lächeln zu erzwingen. Es ging ihr...okay.

„Alles gut. Ich hab nur nicht aufgepasst."
„Sind Sie sicher, Miss? Sie sehen furchtbar blass aus." Der Mann vor ihr war immer noch äußerst besorgt. Sie fühlte sich auch furchtbar blass. Ihre Knie schlugen noch immer aneinander. Allmählich kroch die Kälte des Bordsteins in ihr hoch.
In der Ferne hörte sie schließlich eine Autotür zuschlagen. Sie hob den Kopf und sah den Umriss des Fahrers um das Auto herumkommen.
„Würden Sie mich bitte einmal durchlassen? Danke...Vielen Dank." Der Stimme zufolge handelte es sich offenbar um einen jungen Mann, der sich nun durch die Passanten schob. Louisa sah auf, wurde jedoch immer wieder vom eingeschalteten Warnblinklicht des Wagens geblendet. Himmelherrgott, konnte nicht irgendwer das dämliche Licht ausschalten? Sie bemerkte, wie jemand vor ihr in die Knie ging. Sein Kopf verdeckte nun endlich das lästige Blinken.
Er war sogar noch jünger, als sie angenommen hatte, vermutlich nur einige Jahre älter als sie. Seine braunen Haare hatten beinahe exakt die Farbe seiner Augen, die sie kurz eingehend musterten. Sie erkannte eine flüchtige Besorgnis in seinem Gesichtsausdruck. Durch seine Bewegung roch sie ein leichtes und angenehmes Parfum an seinem Hals. Vorsichtig neigte er ihren Kopf ein wenig, wobei sie den Blick nicht von seinem Gesicht und seinen angespannten Wangenknochen nahm. Er wirkte konzentriert, seine Hände waren ruhig und sein Blick überraschend klar. Schließlich nahm er seine warme Hand wieder von ihr.
„Bei allem Respekt, Miss. Aber wie können Sie denn einfach auf die Straße laufen?", fragte er dann und stellte sich wieder auf. Oh. Er war offenbar schnell zu der Erkenntnis gekommen, dass ihr nichts fehlte. Überrascht sah Louisa zu ihm auf. Er schob die Hände in die Hosentaschen seiner Jeans, über der er ein hellblaues Hemd und ein marineblaues Jackett trug. Sein schickes Auftreten passte zu seinem schwarzen, großen BMW, den sie nun durch die schwindenden Passanten deutlich erkennen konnte. Er stand unverändert auf der Straße. Heilige Scheiße, hätte er sie erwischt, wäre sie platt wie eine Flunder gewesen.

BrokenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt