Das Zuschlagen der Zimmertür ließ Louisa aus dem Schlaf schrecken. Um Himmels Willen. Wie konnte eine Tür nur so knallen? Vorsichtig setzte sie sich auf und bemerkte augenblicklich das Stechen in ihrem Kopf. Verdammt. Am Vorabend hatte offensichtlich noch etwas ganz anderes ordentlich geknallt. Mit halb geöffneten Augen stellte sie fest, dass sie sich auf einen handbeschriebenen Papierzettel gestützt hatte, der auf ihrem Bett lag. Flüchtig überflog sie ihn, so gut ihre Augen es zuließen. Es war verdammt hell im Zimmer und sie musste sich anstrengen, Aleas Schrift klar zu erkennen. Warum war es so hell? Sie musste Alea knapp verpasst haben, die laut ihrer hinterlassenen Nachricht gerade zum Polizeirevier aufgebrochen war. Müde fasste Louisa sich an den Kopf und sah in Zeitlupe durchs Zimmer. Aua. Ihr Schädel würde definitiv bald platzen. Ein bitterer Geschmack lag auf ihrer Zunge. Nie wieder Alkohol.
Seufzend schlug sie die Decke zurück und setzte sich an die Bettkante. Augenblicklich nahm das Pochen in ihrem Kopf zu. Nie wieder! Ihrem Kopfschmerz nach zu urteilen, sollte sie sich augenblicklich wieder hinlegen. Aber sie wollte dringend duschen. Sie musste dringend duschen. Es würde ein harter Weg bis zur Gangdusche werden, so viel stand fest. Wackelig stand sie auf und ignorierte das flaue Gefühl in ihrem Magen. Sie verspürte einen Ekel auf alles, was man irgendwie herunterschlucken konnte. Sie hätte doch auf die Apfelschorle bestehen sollen. Einen Moment ließ sie den Abend vor ihrem inneren Auge Revue passieren. Aber es war zu anstrengend, alles in die richtige Reihenfolge zu bringen. Als sie an sich herunter sah bemerkte sie, dass sie immer noch ihr schwarzes Kleid trug. Jacob! Scheiße! Hatte er sie nicht abholen wollen? Wann? Und wo? Hektisch fuhr sie herum. Ouh. Das war zu schnell. Sie kniff kurz die Augen zusammen, um den Schwindel zu vertreiben und wühlte dann in ihrer Jacke herum. Irgendwo hatte er ihr irgendwann in der Nacht einen Zettel zugesteckt, auf dem irgendeine ganz bestimmte Information stand. Eine wichtige Information. Gott, war sie betrunken gewesen. Da. Sie kramte den zerknitterten Zettel aus der Jackentasche hervor.
„Ich freue mich, dich morgen wiederzusehen. Ich hole dich wie vereinbart ab."
Nachdem sie den Satz circa elf Mal gelesen hatte, musste sie lächeln. Er hatte eine schöne, sehr ordentliche Handschrift. Zwischen Jacob und ihr hatte es sich vertraut angefühlt, sie fühlte sich wohl in seiner Nähe und sie spürte, dass es irgendetwas an ihr gab, das ihn ebenfalls interessierte. Es war Vorfreude, die sich bei dem Gedanken, Jacob wiederzusehen, in ihr breit machte. Es gab nur einen Haken am Tag: Victor. Ob er sehr zickig wurde, wenn sie sich verspäteten?
Angespannt sah sie auf die Uhr auf Aleas Handy. Du liebes Bisschen. Mit Glück konnte sie wie vereinbart noch schaffen. Eilig zog sie sich einen Pullover über, steckte den Zettel in die Tasche und lief dann Richtung Zimmertür. Nachdem sie sich heftig vor ihrem eigenen Spiegelbild erschrocken hatte, lief sie schließlich auf den Gang. Von hier waren es geschätzte zehn Schritte bis zur Dusche, möglicherweise würde sie sich auf dem Weg dorthin nicht übergeben müssen. Ein Shooting heute? Das war aberwitzig.
Als sie schließlich vor das Hostel trat, während sie sich im Gehen noch die Jacke anzog, sah sie Jacob bereits am Auto lehnen. Kurz musste sie im viel zu grellen Tageslicht die Augen zusammenpressen, um etwas erkennen zu können. Wie gewöhnlich trug er schicke Jeans, ein helles Hemd und ein Jackett darüber. Die dunkle Sonnenbrille rundete seinen Look ab. Passend dazu lächelte er sie schief an, als er sie erblickte. Wie konnte er nach einer so kurzen Nacht wieder so fit sein? Elender Womanizer! War er überhaupt ein Mensch? Brauchte er Schlaf? Essen? Hieß er vielleicht doch Edward und war eigentlich erst 17? Das wäre scheiße. Kurz musterte sie ihn. Immerhin glitzerte er schon einmal nicht in der Sonne. Seufzend zog sie sich ihre Sonnenbrille auf und lächelte dann ebenfalls. Angriff ist die beste Verteidigung. Und dass sie eben beinahe in die Dusche gekotzt hätte, musste er ja nicht erfahren.
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Broken
ChickLitHast du dich jemals gefragt, wie wertvoll du wirklich für jemanden bist? 21, betrogen und verlassen. Louisas heile Welt ist zerbrochen und ihr derzeitiges Leben findet höchstens noch in sozialen Netzwerken statt. Bis sie plötzlich in San Francisco...