Zweiundvierzig

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„Der logische Schluss würde nahelegen, dass diese Modelagentur dahinter steckt. Wir waren da, du hast selbst gesagt, dass es dort komisch ist. Wie wir es auch drehen und wenden, alles führt zu dieser Agentur zurück. Und es ist eine gute Deckung, sie versprechen jungen Mädchen eine große Karriere und kommen so an sie ran. Diese Agentur stinkt bis zum Himmel."

Alea überlegte. Taylor hatte Recht mit dem, was er sagte. Auch wenn sie es sich nicht gerne eingestehen wollte, Jacob konnte unmöglich alles alleine organisiert haben. Möglicherweise war er verantwortlich für das Sammeln von Informationen und Betütteln von Mädchen. Aber Geld, Pässe und eine Waffe waren definitiv eine andere Liga der Kriminalität. Wie konnte er dazu fähig sein, in kürzester Zeit solch höchst kriminelle Machenschaften aufzuziehen? Konnte er? Möglicherweise. Sie kannte ihn nicht. Aber Taylor hatte sich so sehr für ihn eingesetzt, dass es ihr schwer fiel zu glauben, dass er sich so grundlegend in einem Menschen irren konnte. Verdammich. Alles in ihr wehrte sich gegen den Gedanken, dass er wahrscheinlich nicht falsch lag.

„Mal angenommen du hast Recht, ich verstehe immer noch nicht, warum. Was wird mit den Mädchen gemacht, sprechen wir hier richtig von Menschenhandel? Dafür haben wir keine Beweise." Sie hörte den Schrecken in ihrer eigenen Stimme.

Taylor fuhr sich erneut durchs Haar. Er wurde wohl immer angespannter.

„Ich weiß, wir bewegen uns auf dünnem Eis. Aber was haben wir schon zu verlieren? Louisa und Jacob sind weg, wir haben die Puzzleteile, jetzt müssen wir sie nur noch zusammen setzen. Und das scheint mir die plausibelste Lösung zu sein. Außerdem heißt es, dass ich mich nicht komplett in ihm geirrt habe. Vielleicht musste er es tun, ich hoffe er hatte keine andere Wahl." Musste Jacob den Dreck für andere erledigen? Welchen Dreck?

Taylor ging es nicht gut, er war aufgewühlter als je zuvor, in der Zeit, die sie gemeinsam verbracht haben. Er musste alles infrage stellen, was ihm jemals an Jacob lag.

„Es würde mich wundern, wenn du dich komplett in ihm geirrt hast. Er wird es dir bestimmt erklären, da bin ich mir sicher", erwiderte Alea und Taylor nickte. Es gab nur einen einzigen Grund, weshalb sie die Worte ausgesprochen hatte: Sie wollte Taylor beruhigen.

„Das ist auch das mindeste, was ich von ihm erwarte. Aber zuerst müssen wir die beiden finden."

„Das wird nicht leicht werden, wir sind raus aus den Ermittlungen. Und die Stadt ist groß, wir haben keine Ahnung, wo wir anfangen sollen zu suchen." Mit geweiteten Augen beobachtete sie, wie er aufstand. Er sah entschlossen aus.
„Noch dazu wissen wir nicht, ob die beiden noch hier in San Francisco sind", sagte er und rieb sich über das Kinn. Sie wandte den Blick ab und beobachtete das Geschehen im Haus. Was dort vor sich ging, konnte sie nicht einschätzen. Und sie wollte es auch nicht.

Taylor hatte angefangen auf und ab zu laufen, ein weiteres Zeichen, dass er angespannt war. Die letzte Nacht musste er dutzende Kilometer zurückgelegt haben.

„Nehmen wir mal an, wir sprechen wirklich von Menschenhandel. Wer würde in San Francisco davon profitieren?"
„Wir haben hier eher ein Drogenproblem, in den letzten Jahren ist hier eine Gang ganz groß geworden. Von Menschenhandel wissen wir nichts, aber der Weg von hier an die Grenze zu Mexico ist zu schaffen."

„Okay, es könnte also sein. Vielleicht hat es was mit den Drogen zu tun oder beides. Aber ich glaube, wir können uns auf San Francisco konzentrieren. Das Haus sah so aus, als wäre Jacob öfters hier. Zumindest in den von ihm benutzten Räumen. Also scheint es hier zu sein. Noch dazu wurde Ava Carter hier tot aufgefunden. Vielleicht ist etwas schief gegangen und Lou muss ihren Platz einnehmen. Sie haben Ähnlichkeiten, wahrscheinlich hat Jacob sie deswegen ausgesucht. Außerdem stammt sie nicht von hier."

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