Some last words...

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Es war unmöglich einzuschätzen, wie lange sie auf der kalten Steinbank vor dem Gerichtssaal saß. Einen Gang hatte sie weiter gehen müssen, bis sie nichts mehr hören konnte. Sie brauchte einen Moment Zeit und vor allem Ruhe, um sich zu sammeln. Der Kopfschmerz hatte wieder zugenommen, vom langen Stehen und der Konzentration war ihr schwindelig geworden. Sie hatte den Saal frühzeitig verlassen, sie konnte nicht einmal sagen, ob die Verhandlung mittlerweile überhaupt schon geschlossen war. Aber es hatte sein müssen. Möglicherweise war sie vor sich selbst weggelaufen. Oder vor Jacobs Urteil. Sie wusste es nicht. Bloß nicht darüber nachdenken. Sie hatte ohnehin schon mit dem Schmerz zu kämpfen. Die kühle Bank, auf der sie saß, ließ sie ganz allmählich wieder klarer denken. Scheißdreck. Wie hatte sie nur im entscheidenden Moment weglaufen können. Sie versuchte, den Gedanken beiseite zu schieben, indem sie sich auf ihren immer noch schnellen Herzschlag konzentrierte und ihn mitzählte. Bei 63 wurde sie schließlich unterbrochen.

„Dürfte ich mich einen Moment zu Ihnen setzen, Miss?", hörte sie eine Stimme, noch während sie die Augen geschlossen hielt. Ihr Hinterkopf lehnte an der kühlen Steinwand, er war zu schwer, um ihn anzuheben. Sie nickte nur und rutschte etwas beiseite, ohne dabei die Augen zu öffnen. Es war ihr egal, was die Leute im Moment von ihr hielten. Sie musste sich nur konzentrieren, den Schmerz zu ignorieren. Höflich und zuvorkommend konnte sie den Rest ihres Lebens immer noch sein. Die Stille half ihr, alles Geschehene auszublenden, sodass der Schmerz allmählich abebben konnte. Offensichtlich war die Verhandlung noch nicht vorüber, aber ihre Augen waren zu müde, um sich dessen zu vergewissern. Sie bräuchte noch einen kleinen Moment für sich.

Wahrheit und Probleme kämen ohnehin schnell genug von alleine wieder. So war es schließlich immer. Ihre Eltern würden sie wieder mit nach Roseville nehmen und pflegen, bis von ihren Verletzungen nichts mehr zu sehen war. Sie meinten es gut, das wusste Louisa, aber es waren nur die äußerlichen Verletzungen, die schnell abheilten. Dem Rest würde sie sich weitaus länger stellen müssen. Sie hörte, wie die Person neben ihr sich leise räusperte. Fast hatte sie schon wieder vergessen, dass sie nicht mehr alleine war.

„Warum bist du weggelaufen, Lou?" Nanu? Überrascht öffnete sie die Augen und sah direkt in Jacobs. Himmelherrgott, wie kam er hier her? Erschrocken setzte sie sich auf. Jetzt war sie wieder völlig klar. Unweit saß er neben ihr, hatte die Unterarme auf seine Oberschenkel gelegt und sah sie klar an. Er hatte sich neben sie gesetzt. Wieso hatte sie seine Stimme nicht erkannt? Ein wenig hatte er sich in ihre Richtung gebeugt, der Ausdruck auf seinem Gesicht war ruhig, aber erst jetzt, wo sie ihn von Nahem sah, erkannte sie, wie mitgenommen er tatsächlich war. Er musste durch die Hölle gegangen sein. Sie schluckte, während sie ihn immer noch perplex anstarrte. Er roch vertraut. Seine warmen Augen sahen sie geduldig an. Was tat er hier? Musste er nicht...? Wie kam er hier her? Träumte sie? 

„Ich...brauchte ein wenig Ruhe", antwortete sie wahrheitsgemäß, sobald sie bemerkt hatte, dass ihr Starren seine Frage nicht von selbst beantworten würde. Er lächelte vage, als hätte er genau diese Antwort von ihr erwartet und sah dann von ihrem Gesicht auf den Steinboden unter sich. Es war kein Traum. Er saß tatsächlich neben ihr. Bis auf die Tatsache, dass der Prozess ihn sichtlich mitgenommen haben musste, hatte er sich kaum verändert. Seine dunklen und dichten Haare dufteten nach seinem Duschgel. Flüchtig erinnerte sie sich daran, wie weich sie sich anfühlten, in ihren Händen, an ihrem Hals und an ihrer Wange, während er sie geküsst hatte. Sie waren sich so verdammt nah gewesen. Eine Weile beobachtete sie ihn und wartete darauf, dass er antworten würde. Dass er irgendetwas sagen würde. Aber er schwieg. Er sah nachdenklich aus.

„Was machst du hier? Wie... geht es dir?", fragte sie vorsichtig, als könnte er verschwinden, wenn sie zu laut sprach. Es war surreal, ihn nach der vergangenen Zeit neben sich zu sehen, nur sie zwei alleine, ohne Presse, Familie oder Todesängste. Ihn zu riechen und seine Körperwärme zu spüren. So nah. So vertraut. Und doch so furchtbar fremd, nach allem, was noch ans Licht gekommen war. Sie hatte erfahren müssen, wie skrupellos er sein konnte. Wie koordiniert und gefährlich. Er sah nun wieder in ihr Gesicht.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 19, 2017 ⏰

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