Achtzehn

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Das Zuschlagen der Fahrertür ließ Alea zusammenschrecken. Ein Blick nach links verriet ihr, dass Taylor bereits ausgestiegen war. Er schien ungeduldig. Es hatte zu regnen begonnen.

„Und? Was meinst du dazu?"

Alea war nun ebenfalls ausgestiegen und trat an Taylor heran. Flüchtig sah sie über die Straße. Es war nicht viel los, einen schwarzen BMW konnte sie nirgends erkennen. Wäre ja auch zu einfach gewesen.
„Wirkt etwas...verlassen."
Er trat an eines der kleinen Fenster heran und warf einen Blick hinein. Etwas nervös sah Alea sich um, aber die Gegend schien wie ausgestorben.

„Was hast du erwartet? Dass hier zu deiner Ankunft eine Horde sexy Mädchen auf High Heels herausstöckelt?" Sie trat ebenfalls an das Fenster. Taylor zuckte die Achseln.

„Warum nicht? Vielleicht wäre ich dann später nicht ganz so wütend auf Jake gewesen." Sie drehte überrascht den Kopf zu ihm. Wütend?

„Sieht aus wie eine Eingangshalle, nur irgendwie...ziemlich karg. Ein Schreibtisch und mehr nicht. Der Rest ist weiß, nichts Auffälliges. Ansonsten sieht man rein gar nichts, keine Büros, keine Aufzüge, keine Menschen, nichts", zählte er dann auf, bevor sie weiter nachfragen konnte. Nichts?
Sie stellte sich neben ihn und warf ebenfalls einen Blick in das Innere des Gebäudes. Taylors Beschreibung war nichts mehr hinzuzufügen, er hatte es im Wesentlichen auf den Punkt gebracht: Der karge, in Weiß gehaltene Raum enthielt nichts als ein Empfangspult, das mit ein paar Blumen ausgestattet war, dahinter an der Wand befand sich lediglich der Schriftzug der Modelagentur. Alea starrte noch eine ganze Weile in den Raum und versuchte etwas zu erkennen, dabei bemerkte sie gar nicht, wie Taylor sich bereits abgewandt hatte und sich niedergeschlagen an sein Auto lehnte.
„Lass es gut sein, hier wirst du nichts finden. Das ist eine Sackgasse", rief er nach einer Weile und Alea drehte sich zu ihm herum. Er richtete seinen Blick stur auf den Boden und vermied es sie anzusehen. Er gab viel zu schnell auf. 

„Warum ist denn hier nichts mehr los?", rief sie zurück und sah dann das erste Mal seit Ewigkeiten wieder auf ihre Uhr. Scheiße. Louisa war schon viel zu lange verschwunden. Taylor zuckte nur die Achseln.

„Keine Ahnung, merk dir die Frage für dann, wenn wir Jake wiedersehen." Witzig! Alea schnaubte und lief dann etwas an der Hauswand entlang. Möglicherweise konnte man ja anders auf das Gelände gelangen. In die Agentur.
„Vergiss es! Es ist alles abgezäunt. Keine Chance!", rief Taylor ihr nach. Verdammt! Damit hatte er auch noch Recht. Es war unmöglich. Alea schluckte und ließ sich gegen die Hauswand fallen. Hier waren sie also, und anstatt, dass ihre Fragen beantwortet wurden, kamen immer nur mehr hinzu, es war kein Ende in Sicht. Erst jetzt merkte sie, wie sehr sie ihre Hoffnungen auf die Agentur gesetzt hatte. Enttäuschung und Verzweiflung ergriffen sie. Wo sollte Louisa sein, wenn nicht hier? War sie eigentlich verrückt geworden, einfach zu verschwinden? Und was zur Hölle spielte Jacob für eine Rolle in der Geschichte. Gedankenverloren schlenderte sie auf Taylor zu. 

„Wir müssen die Polizei einschalten."

Zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit riss Taylor seinen Blick vom Bordstein los und sah sie an.
„Alea, das hatten wir doch schon, es wird nichts bringen. Wir haben keine Fakten, die ein Verschwinden bestätigen. Wir spekulieren, dass Louisa mit Jake unterwegs ist, er ist nicht vorbestraft, sie ist also nicht in unmittelbarer Gefahr. Was sollen wir der Polizei denn erzählen, dass zwei Freunde von uns miteinander unterwegs sind? Wer weiß, was sie machen? Vielleicht zeigt er ihr die Stadt? Vielleicht sind sie essen? Vielleicht sind sie am Strand, im Kino, shoppen, vielleicht haben sie verdammt noch mal gerade Sex?" Fuck. Er war genauso sauer wie sie. Aber auf wen? Sie wich automatisch einen Schritt zurück, um ihn anzusehen. Er wirkte noch größer und mächtiger, wenn er wütend war. Auf seiner Stirn waren die Adern hervorgetreten. 

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