„Alles in Ordnung, Eden?", Maggy kam aus dem Wohnzimmer und sah mich verdattert an. Es musste auch wirklich ein komischer Anblick sein, wie ich hier auf dem Boden vor der Tür saß und ins Nichts starrte.
„Mhmmhm.", ich nickte nur und starrte weiter vor mich hin. In mir drinnen schrie es danach die Tür auf zu reißen, nach draußen über die Straße und in Dereks Arme zu rennen. Ich konnte es nicht ertragen, dass er sauer auf mich war. Und Jeremy? Ja, was war mit Jeremy... Ich war mir einfach nicht sicher was ich für ihn empfand... Es fühlte sich jedenfalls anders an als bei Derek und bei dem war ich mir ziemlich sicher dass ich mich verliebt habe... Oder doch nicht?
Vor Frustration stemmte ich die Hände gegen meinen Kopf.
„Willst du darüber reden?", Maggys Stimme klang besorgt, doch ich wimmelte sie ab.
„Nein, danke. Passt schon. Probleme mit Jungs, da muss ich alleine durch...", ich seufzte. Dann stand ich auf und öffnete die Tür. Ich durfte hier nicht feige rumsitzen. Ich musste etwas tun und das hieß, mit Derek reden.
Jeremy war mittlerweile verschwunden und ich trottete zögerlich zu Dereks Tür. Dann nahm ich all meinen Mut zusammen und klingelte. Eine ganze Weile tat sich nichts und kurz bevor ich mich endgültig zum Umdrehen entschlossen hatte, hörte ich wie sich das schloss entriegelte und Derek blickte mich mit enttäuschten Augen an.
„Was willst du?", ich hatte noch nie so viel kühle und Lieblosigkeit in einer Stimme gehört außer als Maggy mich nicht ausstehen konnte und es fühlte sich erneut an, als würde alles in mir zusammenbrechen. Eden, bleib stark. Du kannst das. Keiner ist so stark wie du, bleib standhaft.
„Derek, bitte hör mir zu. Das vorhin, das war nicht so wie es aussah!", meine Stimme zitterte. Mist.
„Wie sah es denn aus?", was sollte denn das jetzt? Wollte er mich etwa provozieren?
„Es war nichts!", ich sprach einfach weiter. „Okay, Jeremy hat mich geküsst und ich hab mich nicht gleich gewehrt, doch das war doch nur, weil ich so perplex war. Ich hab das nie kommen sehen und ich wusste nicht was ich machen sollte. Ich weiß auch nicht, ich war wie erstarrt. Und dann warst du plötzlich da, einfach im falschen Moment am falschen Ort und...", er unterbrach mich.
„Ach ich war also im falschen Moment am falschen Ort? Das heißt du hättest mir, wenn ich es nicht selber gesehen hätte, gar nicht erst etwas davon erzählt? Na so ist das bei dir also mit Vertrauen...", ich konnte den Schmerz in seinen Augen sehen und es tat mir augenblicklich genauso weh.
„Nein, so hab ich das nicht gemeint! Es hätte auch gar nichts zu erzählen gegeben, da ich Jeremy nämlich im nächsten Moment weggestoßen hätte. Weil ich dich will, Derek! Weil ich dich liebe! Da bin ich mir jetzt noch viel sicherer als vorher. Jeremy ist wie ein Bruder für mich und ich weiß nicht was er da falsch verstanden hat. Und ja ich gebe zu, ich habe auch schon über ihn anders nachgedacht, also du weißt schon wie. Aber das ist kein Vergleich mit dem was ich für dich fühle! Derek ich kann und will nicht ohne dich! Bitte verzeih mir, bitte gib mir eine zweite Chance...", ich sah Derek mit diesem verzweifelten Hundeblick an, denn ich war mir sicher. In dem Moment als ich ihn in der Tür gesehen hab, war ich mir sicher, dass ich mich für ihn entschieden habe und entscheiden würde. Das mit Jeremy, das war eine andere ‚Liebe'. Es war für mich die Liebe zwischen Geschwistern, aber mit Derek. Mit Derek wollte ich in die Sterne sehen und Filmeabende verbringen. Ich wollte morgens neben ihm aufwachen und abends neben ihm einschlafen. Ich wollte ihn.
„Ich will dich, ich will dich ganz! Derek bitte...", sagte ich nach einer Weile, da er immer noch nicht geantwortet hatte.
„Ich weiß nicht Eden... Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich dich gar nicht richtig kenn. Ich wusste nicht, dass du mit diesem Jeremy so gut bist, ich wusste nicht, dass du so für mich empfindest... Gott ich wusste bis vor einer Woche nicht mal deinen richtigen Namen. Ich brauche Zeit... Zeit zum Überlegen und verarbeiten. Ich melde mich bei dir.", und damit schloss er mit trauriger Miene die Tür vor meiner Nase und ich konnte nicht anders als anfangen zu weinen. Es tat so weh ihn so verletzt zu sehen und ihn nicht in den Arm nehmen zu können. Wenn doch nur mein Dad hier gewesen wäre... Er hätte mich umarmt und mir gesagt, dass alles gut wird. Es braucht nur seine Zeit. Und so saß ich nun vor Dereks Tür, mit verweinten Augen und wartete, weil ich nicht wusste wo ich sonst hin sollte.
Durch meine verheulten Augen und meine verstopfte Nase waren meine Sinne geblendet und deshalb erschrak ich beinahe zu Tode, als plötzlich vier Männer auf mich zukamen und zwei davon meine Arme packten. Ich hatte sie nicht gesehen, ich hatte sie nicht kommen hören. Liebe macht blind... und taub. Mein Herz begann zu rasen. Ich wollte losschreien, doch der eine hielt mir plötzlich etwas vor den Mund. Es schmeckte widerlich und nahm mir jegliche Möglichkeit auf mich Aufmerksam zu machen. Sie trugen mich davon, als wäre ich leicht wie eine Fliege. Ich strampelte und schlug um mich, doch es half nichts. Zu viert waren sie mir einfach überlegen und so wurde ich in einen Lieferwagen geschmissen und die Tür verriegelt.
Es war stockdunkel hier drinnen und ich versuchte mir im Klaren zu werden was gerade passiert war. Das Problem mit Derek war sofort in den Hintergrund gerückt. Ich hatte versagt. Ich habe mich ablenken lassen und war nicht achtsam gewesen. Meine Ausbildung hat nichts gebracht, weil ich gescheitert war. Ich bin ein hoffnungsloser Fall. Jetzt nicht weinen, Eden. Wir brauchen einen Plan. Meine Gedanken schwirrten umher. Den Weg und die Abbiegungen konnte ich mir sowieso nicht merken also sah ich mich in dem Anhänger um als sich meine Augen an die Dunkelheit gewohnt hatten. Mein Handy? Wo war mein Handy? Ich hatte es in meiner Hosentasche gehabt, doch da war es nichtmehr. Entweder es ist mir beim vergeblichen Strampeln heruntergefallen oder... meine Entführer haben es. Na klasse, das half mir viel. Nicht mal dass mein Handy geklaut wird fällt mir auf.
Mein Lippenstift Laser war in meiner Handtasche, die ich natürlich nicht dabei hatte. Alles was irgendwie nützliche war, waren meine Haarklammern und Ohrringe, die ich möglicher Weise zum Öffnen von Türen benutzen konnte. Und sonst? Nichts. Ich hatte meine normalen Chucks an und nicht die dicken Nikes mit dem eingebauten Messer in der Sohle. Wie konnte ich nur so unachtsam herumlaufen? Hier im Laderaum des Wagens gab es nichts. Es war leer und ich wurde, wenn ich mich nicht in einer Ecke verankerte immer wieder hin und her geschleudert. Ich hatte keine Chance die Türe irgendwie von innen zu öffnen. Ich saß in der Falle und zum ersten Mal in meinem Leben wusste ich nicht wie ich weitermachen sollte. Mein Dad hätte schon längst einen Weg gefunden wie er entkommen wäre. Aber ich, Eden, die Versagerin, hatte nicht die leiseste Ahnung was jetzt zu tun war.
Als der Wagen plötzlich anhielt wurde ich ruckartig gegen die Tür geschleudert. Mein Kopf traf auf das harte Metall und alles drehte sich für einen kurzen Augenblick. Mir war schwindelig und mein Schädel tat unglaublich weh. Und dann wurde die Tür geöffnet und meine Entführer grinsten mich böse an. Wo war ich und was würden sie mit mir machen? Ich versuchte zu fliehen und mich zwischen ihnen hindurch zu winden, doch der eine packte mich und ein anderer schlug mir unsanft mit einem harten Gegenstand gegen den Kopf. Ich war so was von außer Übung, doch bevor ich über meinen nächsten Schritt nachdenken konnte, wurde mir plötzlich schwarz vor Augen und ich verlor das Bewusstsein.
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Soooooo, ein weiteres Kapitel. Ich hoffe es hat euch gefallen. Ich werde übers Wochenende nicht schreiben können, weil ich in Berlin bin, aber ich mach mich gleich nächste Woche wieder an ein neues Kapitel... Sorry://
Was denkt ihr passiert mit Eden? Was werden Maggy, Derek und Jeremy denken, wenn Eden nicht mehr auftaucht? Ich hätte ganz schön Angst in so einer Situation, aber eigentlich ist sie ja genau darauf spezialisiert... wir werden sehen:))
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Eden Brace
ActionEdens Vater ist Tot und sie muss zu ihrer Tante ziehen, eine neue Identität annehmen und als normaler Teenager leben. Eden ist es nämlich nicht gewohnt normal zu leben. Ihr Vater war Agent einer Spezialeinheit des Präsidenten und sie wurde deshalb i...