2. Kapitel

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 2. Kapitel

Vor dem Schultor trennten sich ihre Wege. Es war schon immer schwer für Eden gewesen Anschluss zu finden. Sie hatte zwar vor nichts Angst, aber dafür konnte sie auch umso weniger Gefühle zeigen und wirkte deswegen für viele Leute kalt, undurchschaubar und ernst. Sie konnte nichts dafür, aber dadurch wie sie aufgewachsen war, hatte ihr Vater ihr gelehrt sich nie zu sehr an irgendwen zu ...binden oder gewöhnen, man wusste nie, wann man untertauchen und weglaufen musste. Und daran hatte sie sich bis jetzt auch immer gehalten, doch sie konnte nicht länger alleine in den Pausen rumstehen. Sie konnte hier neu anfangen und sie brauchte jemanden. Eine Freundin, einen Freund, jemand den sie gern haben konnte, denn seit ihr Dad weg ist, fühlt sie sich leer und alleingelassen.

Jim gab ihr ein Küsschen auf die Wange und lief dann auf dem Schulhof zum Seitenflügel. Eden machte sich auf den Weg zum Sekretariat und wurde dort freundlich von einer kleinen Dame mit Brille empfangen.

Als sie zu ihrem Klassenzimmer geführt wurde sah sie sich im Schulhaus um. Es war in einem altmodischen dunkelgrün gehalten und hatte Holztüren sowie Holztreppen. Als sie vor einem Raum anhielten klopfte die kleine Frau, deren Namen Eden bereits vergessen hatte. Ihr Dad meinte immer, nur die wichtigsten Informationen speichern. Den Namen der Sekretärin hielt Eden nicht für sonderlich interessant. Trotzdem musste man immer wachsam sein und seine Augen offen halten. Immer vorbereitet. Sogar im Schlaf!

„Ja.“, kam es von drinnen und die ältere Dame schob Eden ins Klassenzimmer.

„Hallo Professor King, ich bringe ihnen ihre neue Schülerin.“, damit ließ die Sekretärin Eden alleine im Raum stehen und schloss die Tür hinter sich.

„Hallo. Du bist Lou Summer, ich wurde bereits informiert.“, Eden nickte langsam. Daran würde sie sich wirklich noch gewöhnen müssen.

„Setz dich am besten in die letzte Reihe an den freien Tisch neben Nick.“, sie zeigte auf einen Jungen der sie freundlich anlächelte. Er war etwas pummelig und hatte Nikes an und schwarze, schon leicht fettige, kurze Haare. Auf seinem Tisch lag eine Packung Oreos. Links von ihm stand ein freier Tisch.

„Magst du uns vorher noch was von dir erzählen, Lou?“, auch das noch. Wieso musste man sich in allen Schulen erst mal vorstellen?

„Um ehrlich zu sein, nein.“, antwortete sie kühl. Ein paar Kinder kicherten, ein paar andere fingen an zu Tuscheln.

„Ach komm schon, keine Angst, wir beißen nicht.“, Angst… Dieses Wort wurde eindeutig überbewertet.

„Ich habe keine Angst. Ich habe nur keine Lust, aber gut, was wollen sie wissen?“, Eden war schon immer ein ziemlich direkter Mensch gewesen. Manche kamen damit klar, anderen passte das gar nicht.

„Woher kommst du, was machst du so in deiner Freizeit?“, die Lehrerin wollte wirklich nur nett sein. „Aus Maine, wenn ich mal nichts zu tun habe, dann lauf ich weg, tauche unter oder versuche irgendwelche bösen Menschen, die mir etwas antun wollen zu vermöbeln. Ja, wenn es eine Notsituation ist, erschieß ich sie auch.“, an das musste Eden denken und sie musste sich zusammenreißen, keine feuchten Augen wegen ihrem Dad zu bekommen.

„Ich komme aus Atlanta und ich mache sehr viel Sport.“, gab sie als knappe Antwort. Sie sah wie einige der Mädchen und Jungs auf ihre Oberarmmuskeln starrten. Die waren eindeutig nicht zu übersehen, aber das war ja kein wundern, wenn man so viel trainiert hatte, wie Eden ihr ganzes Leben lang. Über ihren Sixpack war sie stattdessen alles andere als glücklich, denn sie hatte in einer Zeitschrift gelesen, dass es uncool sei, wenn Mädchen einen so stark sichtbaren Sixpack hatten und ja, er war bei ihr, wenn sie kein oder ein enges Top anhatte, nicht zu übersehen.

Als nichts Weiteres von der Lehrerin kam, nahm sie ihre Tasche und setzte sich an den freien Tisch neben Nick.

„Hey, nett dich kennen zu lernen.“, er beugte sich zu ihr und streckte ihr die Hand hin. Sie sah ihn an und nickte nur. Sie war nie wirklich gut darin gewesen, freundlich zu sein. Sie wollte es ja lernen, doch das brauchte alles seine Zeit.

Sie sah sich schon alleine in der Pause auf ihrer Brezel rum kauen und diese im Nachhinein doch wieder wegschmeißen, weil sie zu lätschig war. So waren die Brezeln von Tante Maggy immer, aber sie wusste, dass sie alles was sie tat aus Liebe machte. Maggy hatte ihren Bruder verloren, sie war momentan in derselben Lage wie Eden.

Sie hatten in den ersten beiden Stunden Französisch und Eden schlief fast ein. Ja, sie war unterfordert und das nicht nur ein bisschen. Immer wenn sie sich mal meldete um etwas zu sagen, sprach sie ganze Monologe und formulierte ihre Antwort ausführlich. Die halbe Klasse drehte sich dann immer zu ihr um und sah sie geschockt an.

Am Ende der Stunde war sie die Letzte beim Zusammenpacken und wollte gerade zur Tür raus, als Miss King sie aufhielt.

„Lou, warte doch noch eine Sekunde.“, fast wäre sie einfach weiter gelaufen, weil sie sich zuerst nicht angesprochen gefühlt hatte.

„Was gibt’s?“, sie versuchte möglichst freundlich zu klingen.

„Denkst du nicht, dass du hier etwas unterfordert bist? Also, ich meine dein Französisch ist einwandfrei Meinst du nicht, du möchtest einen anderen Kurs belegen?“, Eden schüttelte den Kopf. Das würde zu viel Stress werden. Stress wollte sie nämlich möglichst vermeiden, da sie sonst zu schnell müde werden würde. Und müde zu sein ist nie gut! Vor allem nicht wenn man pausenlos wachsam sein musste.

„Das ist schon okay. Ich komme klar.“, damit drehte sie sich um, verabschiedete sich und flitzte aus der Tür um weiteren Fragen aus dem Weg zu gehen.

Sie hatte keine Ahnung wo sie als nächstes Unterricht hatte, also machte sie sich auf die Suche nach Nick, der der Einzigste war den sie bis jetzt kannte.

Sie ging auf den Pausenhof und beschloss sich auf eine Mauer zu setzten und Ausschau zu halten. Sie hatte wirklich Hunger. Als sie gerade den ersten Bissen von ihrer Brezel nehmen wollte, stand da ein Mädchen vor ihr und lächelte sie freundlich an.

„Hey, du bist Lou nicht wahr? Wir sind im selben Französisch Kurs.“, Eden erinnerte sich schwach an den blonden Lockenkopf in der ersten Reihe. Sie sprang von der Mauer, da es ihr unfreundlich erschien und nickte.

„Ja.“, mehr brachte sie nicht hervor, doch das Mädchen schien das zu überhören.

„Ich bin Cat. Magst du mit mir rüber zu meinen Freundinnen kommen? Du bist hier so ganz alleine.“, bemerkte Cat und Eden hob ihre Tasche auf. Sie sah zu dem Grüppchen mit Mädchen, das zu ihnen rüber starrte. Eine davon war ebenfalls in dem französischen Kurs. Sie erinnerte sich daran, dass ihr Französisch grottenschlecht war. Die anderen kamen ihr nicht bekannt vor. Cat ging voran zu den Mädchen und Eden trottete hinterher. Sie versuchte möglichst freundlich zu schauen, doch es fiel ihr eindeutig schwer.

„Das ist Lou. Lou, da sind meine Freundinnen.“, stellte Cat sie einander vor und sie erfuhr, dass das kleine dunkelhäutige Mädchen, von dem sie wusste, dass sie in ihrem Kurs ist, Makena hieß und aus Afrika kam. Die beiden anderen hießen Shannon und Theresa. Sie hatten Spanisch gewählt, nicht Französisch. Cats Locken wirbelten im Wind und es erinnerte sie an ihre eigenen Locken. Sie merkte mal wieder, wie sehr sie ihr altes Leben und vor allem ihren Dad vermisste. Aber wenigstens steht sie nicht alleine in der Pause rum, das ist schon mal ein Anfang.

„Oh Mann! Die können es einfach nicht lassen die Kleinen zu schikanieren. Wartet ich hole einen Lehrer.“, sagte Shannon plötzlich und wir drehten uns um. Da waren zwei große Jungs, die gerade dabei waren einem kleinen Jungen den Rucksack auszuleeren und ihn festhielten. Bei genauerem Hinschauen erkannte Eden, dass es Jim war und sah erschrocken zu dem Grüppchen. Es hatten sich schon mehrere Zuschauer angesammelt, doch keiner half ihrem Cousin. Das ging zu weit, eigentlich sollte niemand sehen, zu was sie im Stande war, aber es ging hier schließlich um Jim.

„Das ist mein Bruder!“, schrie sie auf. Fast wäre ihr rausgerutscht, dass es ihr Cousin ist. Sie ließ ihre Tasche fallen und kämpfte sich durch die Menge. Cat, Makena und Theresa starrten ihr verwirrt hinterher.

Sie quetschte sich zu den großen Jungs durch.

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Langes Kapitel, was denkt ihr? Gebt mir Feedback:) Btte♥

Eden BraceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt