10. Kapitel | Familienbesuche

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Cheer up and dry your damp eyes and tell me when it rains, cause I'll blend up that rainbow above you and shoot it through your veins


Wie wenig Tim eigentlich über Stegi wusste (und wohl auch umgekehrt), fiel ihnen erst auf, als Stegi ihn fragte, ob er Zeit hätte, um seine Schwester kennenzulernen. Gerade saß er in seinem Zimmer, Lucy war gerade wohl mit irgendwas Anderem beschäftigt, und überflog nochmal ihre Unterhaltung von Freitagnacht, die sie irgendwann nach dem Essen begonnen hatten.

23:12 Hast du morgen Nachmittag Zeit? Lucy würde dich gerne kennenlernen.

23:17 Hat jemand dein Handy geklaut?
23:18 Das klingt wie „Heiße Singles aus deiner Umgebung wollen mit DIR chatten! Nur 10 Minuten von dir entfernt!"

23:18 Was?!
23:19 Tim, sie ist meine Schwester

23:20 Oh
23:20 TUT MIR LEID
23:21 Erzähl ihr das bloß nicht, sie wird mich hassen

23:23 Geht schon klar
23:23 Hast du jetzt Zeit?

23:24 Ja, morgen ab 5
23:25 Und deine Schwester heißt wirklich Lucy?!

23:25 Ja, wieso?

23:26 Dich nennen sie STEGI und deine Schwester heißt Lucy? Sicher, dass nicht einer von euch adoptiert ist?

Mit einem Kopfschütteln und leichten Grinsen (eine gewisse Wahrheit steckte ja in Tims Worten) schaltete Stegis sein Handy aus und ließ es neben sich auf die Matratze fallen. Er lehnte den Rücken gegen die Wand, streckte die Beine aus und schloss die Augen, während er zuhörte, wie seine Eltern in der Küche herumwuselten und Lucy nach dem etwas peinlichen Essen doch mit noch mehr Fragen zu bombardierten. Sie schienen einen endlosen Vorrat davon zu haben.

Schließlich warf er doch wieder einen Blick auf das Display seines Smartphones. Halb Fünf. Rein theoretisch hatte er also noch eine halbe Stunde, bis Tim kommen würde. Vielleicht könnte er noch ein wenig aufräumen, sein Zimmer sah im Moment wirklich aus wie Sau, und das wollte er Tim für den ersten Besuch bei ihm zuhause wirklich nicht zumuten.

Eine halbe Stunde später, in der er Tim noch über WhatsApp den Weg erklärt hatte und das gröbste Chaos beseitigt war (oder, besser gesagt: irgendwohin gestopft, wo es nicht so auffiel), klingelte es schließlich endlich und Stegi konnte mit Stolz behaupten, als erstes an der Tür angekommen zu sein. Ein paar Augenblicke später stand Tim auch schon vor ihm, lächelte kurz, trat dann nach einem kurzen „Hi" in die Wohnung und zog seine Jacke aus.

„Da an den Haken", bemerkte Stegi und deutete auf die Garderobe. „Schuhe einfach darunter." Was vermutlich relativ logisch war, anlässlich der Tatsache, dass dort sämtliche Schuhe der kompletten Familie aufgereiht standen, bis auf Stegis, die er gerade noch schnell neben ihrer aktuellen Englischlektüre unter sein Bett geschoben hatte.

„Danke."

„Meine Schwester und meine Eltern sind dahinten", murmelte Stegi mit einem Blick in Richtung Wohnzimmer, wo sie sich inzwischen alle versammelt hatten. Er hoffte nur, das würde jetzt alles halbwegs gut und ohne große Katastrophen ablaufen, als er den Raum betrat und Tim ihm folgte.

„Hi." Sein Freund ließ sich gegenüber von Stegis Familie auf den einzigen Sessel sinken. „Äh... Ich bin Tim. Aber das wisst ihr wahrscheinlich schon."

„Hallo. Ich bin Tanja", stellte seine Mutter sich nun auch vor und reichte Tim in einer übertrieben umständlichen Geste über den Tisch hinweg die Hand.

Tropfen im Meer  [Stexpert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt