29. Kapitel | Lernnachmittag

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You're my best friend, and we're dancing in a world alone


Es gab vermutlich keine schrecklichere Beschäftigung für Montagnachmittage als lernen. Besonders, wenn es sich um Mathe handelte. Aber sie schrieben die Klausur am nächsten Tag und Stegi hatte wirklich versucht, es schon vorher zu verstehen (jedenfalls halbherzig, und das war schon mal besser als gar nicht). In jedem Fall saß er jetzt an seinem Schreibtisch, blätterte durch sein Buch und drehte sich irgendwann verzweifelt zu Tim um, der auf seinem Bett saß und irgendwas an seinem Handy machte. „Tim?"

„Ja?"

Er hielt ihm die gerade aufgeschlagene Seite im Buch hin. „Was zur Hölle?"

Lachend stand Tim auf und lehnte sich an den Tisch, weil es sonst keinen Stuhl im Zimmer gab. „Ich weiß echt nicht, ob ich dir das vernünftig erklären kann."

„Versuch's wenigstens, ey. Schlimmer als die Erklärungen in diesem Ding hier können sie auch nicht sein."

„Vermutlich." Tim griff Stegi seinen Kugelschreiber aus der Hand, zog einen Zettel heran und kritzelte etwas darauf, das wohl kreisähnlich aussehen sollte. „Also..."

Mit einem tiefen Seufzen folgte Stegi seinen Erklärungen (oder versuchte es wenigstens), was aber auch nicht dazu führte, dass das alles viel mehr Sinn ergab. „Kannst du nicht einfach die Aufgaben machen und ich schreib alles von dir ab?", schlug er schief grinsend vor.

„Vom Prinzip her gern, aber ich bezweifle, dass die Decker das nicht mitkriegt."

„Ja", murrte Stegi und starrte zum wiederholten Mal auf die Formeln, die in dem Buch standen. „Warum kann die nicht einer dieser komplett verplanten Lehrer sein?"

„Rätsel über Rätsel", meinte Tim nur, legte den Bleistift zurück. „Auf jeden Fall, ja, so ist das eben. Warum, keine Ahnung. Manchmal muss man Mathe auch einfach akzeptieren."

„Ich dachte, Mathe ergibt voll Sinn und so?"

„Tut es ja auch. Aber das ist halt alles 'n bisschen kompliziert für mich, sehe ich aus wie so ein Mathematiker?"

Stegi musterte ihn für ein paar Sekunden. „Also wenn du dir so eine schicke komplett runde Brille zulegen würdest und einen neuen Haarschnitt..."

„Gott, bloß nicht", lachte Tim und fuhr sich einmal durch die Haare, wie um sich zu vergewissern, dass sie nicht der stereotypischen Mathe-Nerd-Frisur gewichen waren. „Vielleicht mal bei einer Kostümparty oder so, wenn du dich auch richtig klischeehaft als irgendwas verkleidest."

Stegi zog eine Augenbraue hoch. „Als was denn bitte?"

„Keine Ahnung. Wir finden schon was, das zu dir passt."

„Wie stereotypischer Typ, der wegen diesem beschissen Kram hier durchgefallen ist?"

Augenrollend sah Tim zu ihm nach unten. „Weißt du eigentlich, wie unfassbar du alles überdramatisierst? Selbst, wenn du hier eine Fünf schreibst, bist du in den anderen Fächern noch gut genug für ein Medizinstudium oder was weiß ich."

„Das mit der Drama Queen hast du mir schon oft genug gesagt." Stegi lehnte sich in dem Stuhl nach hinten. „Aber du musst ja anscheinend überhaupt nicht lernen."

„Ich hab' gestern gelernt, nach deiner panischen Nachricht, dass ich dir das unbedingt nochmal erklären soll", grinste Tim und sah sich in dem Zimmer um, wohl auf der Suche nach irgendetwas.

„Woher weißt du bitte, dass ich panisch war?"

„Du schreibst dann ohne Emojis", erklärte er simpel. „Und hast du hier irgendwo was zu essen?"

Tropfen im Meer  [Stexpert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt