38. Kapitel | Party

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White noise in my mind won't calm down, youʼre all I think about

„Super, dass du noch kommen konntest", begrüßte Oskar Stegi. „Weißt du, wo Fiona wohnt?"

„Ich weiß ehrlich gesagt nicht mal, wer Fiona ist." Stegi grinste schief und vergrub die Hände in den Hosentaschen. „Darum hab ich dich ja gefragt, ob du mit mir hinfahren willst."

„Sagt dir der Stern was? So da die Gegend. Kannst ja googlen, wenn du willst." Oskar schob eine leere Plastikflasche vom einzigen letzten leeren Sitzpaar in der Bahn und ließ sich auf den Sitz fallen, auf dem diese nicht gelegen hatte.

Aufgrund mangelnder Alternativen setzte Stegi sich neben ihn. „Hab kein Handy dabei."

„Ehrlich nicht? Was ist in dich gefahren? Angst vor nem betrunkenen Text an die Ex?"

„Sowas in der Art." Nicht zwingend an die Ex, aber eher an Tim. Die ganze letzte Woche hatte sich verdammt merkwürdig angefühlt – es fühlte sich schon falsch an, mit Tim zu reden. Weil er ihm das alles verschwieg. War das nicht unfair, eigentlich? Aber schon bei der Vorstellung, sich betrunken in einer Nachricht zu verraten, wurde ihm schlecht.

„Und wie ich dich kenne, wirst du mir nichts erzählen."

„Definitiv nicht."

„Ich werde gar nicht erst versuchen, nachzuhaken", versprach Oskar. In der folgenden Stille tippte er auf seinem Handy herum und Stegi starrte aus dem Fenster heraus in die Dämmerung. „Hey", meldete Oskar sich dann, „Wie seh ich aus?" Dabei fuhr er sich einmal durch die Haare, mit etwas ungewöhnter Nervosität.

„Gut", meinte Stegi nur. „Hat es was mit der Person zu tun, mit der du grad schreibst?"

„Du erzählst mir auch keine Details."

„Und ich werde dir nur deswegen auch keine erzählen." Er lehnte den Kopf wieder gegen die Fensterscheibe und schloss die Augen, um Oskars hell leuchtendes Display nicht sehen zu müssen. Wenn Tim hier wäre... Oskar war in Ordnung. Natürlich war er das. Aber es war einfach nicht dasselbe, wie mit Tim irgendwo hin zu fahren. Zu feiern. Beschissen zu tanzen. Und vielleicht auch... (Nein. Gott, fuck, nein.)

Zum Glück riss Oskar ihn in diesem Moment aus seinen Gedanken. „Am Hauptbahnhof müssen wir übrigens umsteigen. Noch fünf Stationen." Nervös fuhr er sich erneut durch die Haare. „Okay, ich muss dir was erzählen, aber nur, weil du als einzige Person zur Verfügung stehst, bis wir uns am Bahnhof mit dem Rest treffen."

Es war Oskar. Natürlich konnte er so lange nicht die Fresse halten. Und das hatte sogar was Gutes, weil er so nicht zu viel über Tim nachdenken konnte. „Schon verstanden. Also?"

„Luca kommt zur Party. Ich hab Luca vor drei Wochen kennengelernt, bei so nem Ding, wo Laurens Band gespielt hat" – Kurz überlegte Stegi, nachzufragen, wo genau, entschied sich dann aber doch dagegen – „Wir waren halt beide echt einsam und alleine da, außer Lauren halt, und ich hatte mein Geld vergessen und Luca hat mir ne Cola ausgegeben. Wir haben uns dann noch ein paar mal getroffen und sind so halb zusammen, aber keine Ahnung. Luca ist echt süß und ich will das nicht versauen", grinste er.

Luca. Irgendwie konnte er sich zu dem Namen kein Bild im Kopf vorstellen. „Habe ich Luca mal kennengelernt?"

„Haben nur Pauline und Phil bisher", meinte Oskar. „Aber heute ist deine Chance, hm?"

Die Frage, ob Luca ein Mädchen oder ein Typ war, lag ihm auf der Zunge, aber dann entschied er sich doch, zu schweigen. Weil es irgendwie komisch war. Und er außerdem nicht wusste, wie Oskar reagieren würde, wenn er ihn für schwul halten würde – oder wie er damit umgehen sollte, wenn es nicht gerade positiv war. Manchmal war es vielleicht doch besser, bestimmte Dinge über Menschen nicht zu wissen.

Tropfen im Meer  [Stexpert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt