27. Kapitel | Drei Uhr Nachts

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Und die digitalen Ziffern auf dem Radio in signalrot schreien: „Du bistschlaflos"


Sein Handy vibrierte.

Stegi blinzelte müde, seufzte und erwog kurz, einfach liegen zu bleiben, weil es irgendwann mitten in der Nacht war und er sich eigentlich gerade entschieden hatte, endgültig schlafen zu gehen. Wenn das irgendeine lächerliche App war, die der Meinung war, ausgerechnet jetzt ihre Push-Up-Benachrichtigungen zu schicken, würde er die Entwickler höchstpersönlich umbringen. Da war er einmal im Halbschlaf...

Trotzdem tastete er im Dunkeln nach dem Handy. Eine Nachricht von Tim. Verdammt, was wollte der denn bitte um die Uhrzeit? Da war er doch sonst auch nie wach.

Mit zusammengekniffenen Augen wartete er, bis er sich an die Helligkeit des Bildschirms gewöhnt hatte, dann las er, was genau sein Freund ihm jetzt mitzuteilen hatte.

02:58 Ich kann nicht schlafen.

„Ach was", murmelte Stegi. Zurückschreiben? Nicht zurückschreiben? Er fragte sich, wie ernst Tim die Sache war. Ob er einfach nur aufgewacht war, ob er abends irgendwie die Zeit komplett vergessen hatte, oder ob es wirklich irgendwas Ernstes war, das ihn wachhielt.

02:59 Warum?

Tim ließ sich Zeit mit dem Antworten und Stegi wollte es gerade aufgeben und sich wieder hinlegen, als doch noch eine Nachricht kam.

03:05 Ich weiß auch nicht.
03:05 Wegen Nichts. Und wegen Allem.

03:06 So kenn ich dich ja gar nicht, alles okay?

Gähnend richtete Stegi sich im Bett auf, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand und wartete darauf, dass Tim ihm antwortete und dieses ewige Schreibt... unter seinem Namen verschwand.

03:07 Es ist einfach zu spät für mein Gehirn
03:07 Ich bin quasi zu müde, um noch einzuschlafen

03:07 Kenne ich.
03:07 Komm mal vorbei, wenn du mich schon vom Schlafen abhalten musst.

03:08 S-Bahn um drei Uhr? Willst du mich umbringen?
03:09 Ich könnte dich anrufen. Wenn dich das nicht stört.

Er telefonierte wirklich nicht gerne. Eigentlich konnte man sogar sagen, dass er es absolut hasste. Aber immerhin war es nur Tim und das Tippen war unendlich nervig, wenn er sich so schlecht konzentrieren konnte. Also, warum nicht? Im schlimmsten Fall würde er halt auflegen.

03:09 Mach schon.

Als sein Handy klingelte, nahm er das Gespräch einfach schnell an. „Hi, Tim."

„Hi, Stegi." Tims Stimme klang müde. Nicht wirklich verwunderlich. „Irgendwie unsinnig, sich noch zu begrüßen."

„Ja. Irgendwie schon." Stegi wühlte sich aus der Bettdecke und stand auf, zog scharf die Luft ein, als seine Füße den Boden berührten. War der vor einer halben Stunde schon so kalt gewesen? „Warums schreibst du eigentlich ausgerechnet mich an?"

„Du bist doch sonst um die Zeit noch wach. Und, nun ja, wen denn bitte sonst?"

„Auch wieder wahr." Grinsend stand er einfach nur im Zimmer herum, weil sitzen viel zu langweilig war, und achtete darauf, nicht zu laut zu reden. „Wie geht's dir?" Unsinnige Frage. „Und warum zur Hölle schläfst du nicht?"

„Keine Ahnung. Wie gesagt. Ich schätze, bei dir kann ich mir die Frage sparen?"

„Kannst du", bestätigte Stegi und lief die paar Schritte zum Fenster. Bevor er sein Spiegelbild in der Scheibe allzu lange mustern konnte (er wusste eh, dass er um die Zeit scheiße aussah), öffnete er es und ließ damit einen Zug kalter Luft ins Zimmer. „Und über was denkst du nach? Gerade? Bevor du mir geschrieben hast?"

Tropfen im Meer  [Stexpert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt