Kapitel 30

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„Äh..." Sie räusperte sich. „Tut mir leid, dass ich dich einfach so geküsst habe."

Matthew hob endlich den Blick und sah sie an, das Dunkelblau ungewohnt intensiv. Aber er sagte immer noch nichts, sondern nickte knapp und stand dann auf.

Lucinda fühlte einen Stich im Herzen über seine Reaktion. Okay, es war überraschend gewesen, aber sie war doch nicht so schlecht im Küssen. Mochte er sie dermassen nicht, dass er sie nicht mal zur Tarnung küssen wollte? Seufzend erhob sie sich ebenfalls und folgte Matthew zum Waffenladen.

„Kannst du ihn irgendetwas fragen?", bat Lucinda, in ihrem Kopf kreierte sie einen Plan. Sie konnte nicht gut lügen, also musste sie das Schwindeln Matthew überlassen. Ihr würde man es sofort ansehen. Sie hasste ihre Unfähigkeit zu lügen, aber jetzt hatte sie immerhin Hilfe.

Matthew schaute etwas verwirrt. „Okay." Seine Stimme war etwas heiser.

„Ich nehm' dann den Zettel, ist das okay?" Lucinda wusste echt nicht mehr, wie sie mit ihm umgehen sollte.

Matthew zuckte mit den Schultern. „Okay, mir ist's egal."

Lucinda nickte und gab es auf, weiterzusprechen. Stattdessen waren sie beim Waffenladen angekommen und Matthew öffnete die Türe. Er liess sie vor.

Der Laden sah aus, wie Lucinda ihn kannte. Rechts von der Türe war ein Schirmständer, dann kam das Schaufenster. Darin waren Waffen ausgestellt und auch innen waren die Wände voller Stichwaffen jeglicher Sorte. Er verkaufte beinahe nur Stichwaffen, selten machte er Ausnahmen und bot auch eine kleinere Schusswaffe an. Doch das Spezialgebiet des Waffenhändlers lag eindeutig bei den Klingen.

Matthew ging vor, auf die Theke links im Laden zu. Dahinter war der Verkäufer, der jetzt interessiert aufsah, er hatte Lucinda noch nicht wiedererkannt. Diese wollte Matthew zur Theke folgen, stolperte aber plötzlich über den Schirmständer. Schnell stützte sie sich am Boden ab, ehe sie auf dem Hintern gelandet wäre. Stöhnend verfluchte sie ihre Schulter, die nun wieder mehr zu schmerzen begann. Matt vor ihr machte gleichzeitig eine hektische Bewegung zu ihr und hielt sie am linken Arm fest, um sie aufzufangen. Über ihre Ungeschicktheit lachend, zog Lucinda sich an Matthews Arm hoch, die Haare fielen ihr ins Gesicht.

Als Matthew ebenfalls lachte, fühlte Lucinda auf einmal Erleichterung in ihr. Endlich. Er war nicht mehr ganz so ernst.

„Geht's?", fragte er belustigt und selbst der Verkäufer schmunzelte.

Lucinda nickte schnell und spürte, wie sie errötete. „Alles gut. Der Schirmständer hat etwas gegen mich."

„Ach ja, der Schirmständer ist schuld", bemerkte der Waffenhändler amüsiert. „Dich kenn ich doch", sagte er dann fragend und blickte Lucinda an.

„Ja", nickte diese. „Ich habe hier mal etwas in die Reparatur gebracht."

„Aber jetzt hat sie mir den Laden empfohlen und ich wollte fragen, ob ich hier auch ein Schwert im Mittelalterstil kaufen kann, aber möglichst leicht?", nahm Matthew das Wort an sich und lehnte sich über die Theke.

Der Verkäufer schaute erstaunt. „Mittelalter...", wiederholte er. „Hm, ja, das sollte gehen." Er schaute sich im Raum um. „Aber leider hab ich nichts auf Lager, bis wann brauchst du das denn? Und hast du eine Befugnis?"

Matthew machte ein enttäuschtes Gesicht. „Oh, also ich bräuchte es bis morgen", behauptete er resigniert. „Meine Schwester spielt bei einem Theater mit und das Schwert, das sie da haben, ist zu schwer für sie."

„Ach so", machte der Verkäufer verstehend. „Ja, das ist ein Problem. Ein normales Schwert hätte ich schnell aufgetrieben, aber wenn es leicht sein muss, wird das komplizierter. Bis morgen geht das leider nicht."

Engelsschwingen - AusgestossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt