Filmriss

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Ich wache auf. Mein Kopf pocht laut. Zischend halte ich mir diesen mit meiner Hand.
Leise stöhnte ich auf.
Auf dem Tisch neben mir stand ein Glas Wasser mit einer Tablette.
Kopfschmerztablette.
Ich atme tief ein.
"Was ist passiert?", hauchte ich.
Ein paar Erinnerungen kamen wieder.

"Wie wär's mit 'Ich hab noch nie'?", fragte jemand.
Die Musik war laut und dröhnend. Der Geruch von Schweiß hing in der Luft.
Ich folgte ein paar meiner Leute in eine stillere Ecke.
"Okay!", schrie jemand gegen die Musik an. "Da hinten is n' gemütliches Nebenzimmer. Lass da rein."
Die Tür wurde geöffnet und der Bass wurde dumpfer. Wir verteilten uns auf die Sofas. Auf dem kleinen Tisch standen bereits Gläser und Alkohol.
Lisa schüttete ein.
"Ich beginne", rief ich in die Runde.
Gespannte Gesichter sahen mich an.
"Ich hab noch nie einen Unfall gebaut", sagte ich grinsend.
Drei Leute nahmen ihr Glas und tranken. Es wurde direkt nachgefüllt.
"Ich hab noch nie im Gefängnis gesessen", ging es weiter und einer musste trinken.
"Ich hab noch nie einen One Night Stand gehabt."
Ich hob mein Glas, wie sechs weitere.
"Ich hab noch nie bei so einem Spiel gelogen."
Vier.
"Ich hab noch nie mir selbst einen runtergeholt."
Keiner.
"Ich hab noch nie 'ich liebe dich gesagt'."
Vier.
"Ich hab noch nie bei einer Party mit jemandem rumgemacht, den ich nicht kannte."
Alle.
So ging das Spiel eine Weile weiter.
Irgendwann wurde es langweilig und wir stellten die Gläser weg.
"Wir könnten Flunkiball spielen", schlug ich vor.
Zustimmendes Gemurmel erhob sich.
"Ich hol 'nen Ball, wenn mir wer 'n Bier mitbringt", grinste Leon.
"Klar", antwortete ich.
Folglich holten wir uns Biere und liefen auf die Straße. Dort machten wir zwei Teams. Alle stellten ihre Flaschen auf den Boden und eine leere kam in die Mitte.
Wodka.
Wir hatten zuerst den Ball. Wir begannen am Anfang der Reihen zu werfen.
Lisa war schon relativ dicht, weshalb sie die Flasche verfehlte.
Dann warf aus dem anderem Team David. Er traf die Flasche. Leon rannte schnell dorthin und stellte diese wieder auf, während wir den Ball nahmen.
Hektisch trank das andere Team, um ihre Flaschen leer zu bekommen.
So ging das Spiel weiter. Die erste Runde gewannen das andere Team, die anderen beiden wir.
"Ich geh mal wieder rein", sagte jemand.
Zustimmendes Gemurmel erhob sich und somit gingen mehr als die Hälfte der Leute rein.
"Okay, was machen wir jetzt?", fragte ich die verbliebenen Leute.
Es waren Leon, Lisa, David, Kathy und ich.
"Ich hol was zu trinken. Dann können wir uns da hinten irgendwo hinchillen", sagte Kathy und verschwand.
Kurz darauf kam sie mit zwei Flasche gemischter Wodka, fünf Bechern und einem Päckchen Klopfer wieder.
Dann liefen wir ein Stückchen.
"Lass uns Wahrheit oder Pflicht spielen?", schlug Lisa vor.
Wir nickten und setzten uns auf die Wiese. Ich nahm die Wodka Flasche und füllte in jedes der Gläser bis zum Rand.
Wir stießen an und tranken.
"Leyla?"
"Hmm?" Ich sah auf.
"Bist du verliebt?"
"Ja", antwortete ich.
"Leon, hast du schonmal mit wem rumgemacht, als es 'n total unpassender Moment war?"
"Nein", sagte er bestimmt auf meine Frage hin.

Meine Erinnerungen werden blasser. Ich versuche mich krampfhaft daran zu erinnern, doch es geht einfach nicht weiter.
Als nächstes denke ich nach, was ich anderes tun kann, was mir weiterhelfen kann. Leon konnte immer sehr viel trinken. Möglicherweise kann ich ihn fragen.
Ich schnappe mir mein Handy. Ich mache es an. Dann tippe ich die Nummer ein.
Es tutet.
Einmal.
Zweimal.
Dreimal.
"Komm schon, geh dran", murmel ich.
Viermal.
Fünfmal.
"Mach schon", hauche ich.
Sechsmal.
Siebenmal.
Achtmal.
"Ja?", frage die Stimme am anderen Ende.
"Leon?"
"Was gibt's Leyla?"
"Was ist gestern Nacht passiert? Ich komm nur noch bis zur der Stelle, wo wir zu fünft in der Wiese hocken und anfangen Wahrheit oder Pflicht zu spielen. Ich muss wissen, was passiert ist."
Gegen Ende hin wird meine Stimme leiser und zitternder.
"Ich komm vorbei."
Damit legt er auf. Ich gehe ins Bad und mache mich fertig. Grade bürste ich meine Haare, als es klingelt. Schnell laufe ich die Treppen runter und öffne die Tür.
"Hi", begrüßt mich Leon.
"Hi", murmel ich und lasse ihn rein.
"Okay, dann fangen wir mal an", beginnt er, während wir in mein Zimmer gehen und uns dort setzen.

Wir waren auf der Wiese. Haben getrunken. Haben Wahrheit oder Pflicht gespielt. Du hast gefühlt ein bisschen viel getrunken.

"Darf ich mal kurz?"
Er lehnt sich leicht vor. Ich nicke. Vorsichtig streicht er mir meine Haare weg. Dann zieht er mir mein Shirt über die Schulter.
Sanft fährt er mit einem Finger über eine Stelle. Dann drückt er leicht. Ein leichter Schmerz durchfährt meine Schulter.
"Aua. Was ist das?"
Ich versuche durch Kopfverreckungen etwas zu entdecken, aber ich sehe nichts.
"Ein Knutschfleck", antwortet Leon.

Wir haben halt gespielt. Dann kamen Pflichten wie Knutschfleck verpassen, tanzen oder auch einfach so tun, als ob man grad was mit wem hätte. Du weißt schon. Immer so der gleiche Ablauf. Nur halt hardcore. Genauso irgendwelche Hardcore Fragen.

"Von wem ist der Knutschfleck?", will ich wissen.
Leon schaut zu dem Knutschfleck und dann wieder zu mir.
"Von mir", sagt er schließlich. "Wir waren alle ziemlich dicht." Es hört sich nach einer Verteidigung an.
"Was ist mit richtigem küssen?"
"Haben wir gestrichen", behauptet er.
Ich nicke.
"Wie bin ich zurück gekommen?"

Wir liefen die Straße lang zurück. Das Spiel hatte keinen Spaß mehr gemacht, weil bereits alles gesagt wurde.
"Leyla?"
"Ja?"
"Ich bring dich zurück. Das ist zu viel für dich, jetzt noch was zu machen. Du musst dich auskatern."
Ich sah dich eindringlich an. Seufzend hast du zugestimmt.
"Okay", hast du gemurmelt.
Dann hast du dich bei mir untergehakt und ich hab die die nächtlichen Straßen entlang geführt.
Nach etwas längerer Zeit sind wir bei dir angekommen. Du meintest, ich soll den Schlüssel für dich raussuchen. Also musste ich an deine Taschen. Letztendlich habe ich die Tür aufgeschlossen und hab dir ein Glas Wasser und Tabletten rausgesucht. Ich dachte mir, dass du es am Morgen gebrauchen könntest.

Damit schließt er seine Erzählung. Das Gefühl, umarmt zu werden, überkommt mich. Aber Leon sitzt vor mir. Ich versuche Erinnerungen hervorzurufen. Ganz schwach erkenne ich ein Bild, wo ich in Leon's Armen liege.
"Und sonst ist wirklich nichts mehr passiert?"
Misstrauisch gucke ich ihn an. Er schüttelt den Kopf. Ich umarme ihn. Perplex erwidert er diese.
Dadurch werden, wie ich es mir erhoffe, weitere Erinnerungen hervorgerufen.

Er hielt mich fest umschlungen. Ich zitterte ein wenig.
"Wir sollten jetzt wirklich weiter", hauchte er sanft und seine Hände legten sich auf meine Seiten, um mich vorsichtig wegzuschieben.
Ich knurrte leicht unwillig, ließ ihn dann jedoch machen.
Vorsichtig sah ich zu ihm auf. Er schaute mich an.
Dann küsste er mich.
"Ich glaub, ich liebe dich", murmelte er, als er von mir abließ.
Ich begann hemmungslos zu kichern und küsste ihn ein weiteres Mal. Dann schob er mich weiter.

Die Erinnerung ist etwas merkwürdig. Aber ich weiß nun, was ich machen sollte.
"Leon?"
"Ja?"
"Sei mir nicht böse", murmel ich, ziehe ihn an mich ran und drücke meine Lippen auf seine.

~1185 Wörter

In Liebe an meinen besten Freund, der es eh nicht lesen wird, aber ich hab ihn lieb. Danke, dass du für mich da bist, egal wie bescheuert ich manchmal bin

Würde mich über Rückmeldung freuen ^^

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