Kapitel 5

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Die nächsten Tage verliefen ruhig. El, Amy, Liv und ich waren gar nicht mehr auseinanderzubekommen. Ich liebte es, Zeit mit ihnen zu verbringen.
Eine Pause erwischte ich El dabei, wie sie eines meiner Lieblingsbücher las, und nachdem wir dieses gemeinsame Interesse gefunden hatten, redeten wir über nichts anderes.

Harry allerdings ignorierte mich völlig. Noch nicht mal einen Blick in meine Richtung hatte er gewagt. Als wäre ich Luft. Es wunderte mich stark, dass er nicht einfach durch mich durchlief.
Und dann wollte er mit mir auf eine öffentliche Party, auf die der ganze Jahrgang kommen würde?


****

Wie üblich saß ich auf dem Bett und las, als plötzlich mein Handy klingelte. Besser gesagt, mein Wecker.

Als ich die Anzeige las, bemerkte ich, dass ich nur noch eine Stunde hatte, bis Harry mich abholen wollte. Sofort rappelte ich mich auf, und kramte in meinem Kleiderschrank.

Kate hatte mir mal zum Geburtstag ein atemberaubendes Kleid geschenkt, was ich anziehen wollte. Es war schwarz und trägerfrei, hatte aber einen besonderen Schnitt. Hinten war es länger als vorne, und war somit weder zu freizügig, noch steif.

Ich zog mich schnell um, und huschte in das Badezimmer. Vor dem Spiegel legte ich meine Haare über die Schultern, lockte die Enden und schminkte mich leicht. Nicht mehr als Eyeliner, Rouge und Wimperntusche.

Ich schnappte mir noch schnell meine Tasche und packte mein Handy ein, meine Jacke und hohe, schwarze Pumps. Kate hatte mir damals verboten dieses Kleid nicht mit Sneakers zu tragen, wie ich es eigentlich getan hätte.

Als ich die Stufen runter ging, mit wackeligen Knien und ungutem Bauchgefühl, kam Dad aus der Küche und sah mich schief an. "Du gehst auf eine Party? Du?"

Ich streckte ihm lachend meine Zunge raus. "Auch ich habe ein Leben, Dad."

"Das weiß ich ja," verteidigte er sich. "Aber sonst besteht dein Freitagabends aus Fernsehen und Lesen, also musst du meinen Zweifel verstehen."

"Ist ja gut," grummelte ich und ging zur Tür. "Richte Mum und Ruby eine Gute Nacht von mir aus."

"Du willst draußen warten? Versteckst du jemanden vor uns?" Dad runzelte die Stirn und beobachtete meine Reaktion. Ich behielt eine Maske auf, und ließ mir nicht anmerken das er genau ins Schwarze getroffen hatte.

"Nein, meine Freundinnen wollen nur nicht am falschen Haus klingeln, deswegen soll ich an der Straße auf sie warten." Ich betonte das Wort 'Freundinnen' extra. Dad wurde bei Jungs kritisch, und würde mich niemals mit jemandem wie Harry gehen lassen.

Ehrlich gesagt weiß ich selbst nicht wieso ich bei dieser Sache mitmachte. Ich schätze mal, es war das Bedürfnis nach... Abenteuer. Mein Leben war ansonsten ziemlich unspannend, und ein kleiner Teil tief in mir drin wollte mal etwas erleben.

Ich war 17, und hatte nicht im Ansatz die Erfahrungen wie andere Mädchen im meinem Alter, aber ich hatte auch nie das Bedürfnis danach gehabt... Bis jetzt.

"Viel Spaß." Mein Dad gab klein bei, und seufzte laut. "Aber bis Mitternacht bist du wieder Zuhause."
Einen Moment danach veränderte sich sein Gesichtsausdruck und sein Augen wurden größer. "Hättest du jemals gedacht, dass ich sowas zu dir sagen würde?"

Kichernd verließ ich das Haus, und setzte mich auf die Stufen vor unserem Haus. Angst und Sorgen schlugen über mir zusammen. Zur Sicherheit nahm ich mein Handy in die Hand. Ich kannte Harry ja nicht mal, und würde jetzt mit ihm in einem Auto fahren.

So fingen alle Horrorfilme an.

Plötzlich hielt ein schwarzer Range Rover vor mir an, und ich sprang auf.

Harry stieg aus, und kam näher. Er nahm mich von oben bis unten in Augenschein.

"Warum wartest du in der Kälte?", fragte er mit dunkler Stimme, und es kam mir fast einen Moment so vor, als würde er sich wirklich um mich sorgen.

Statt ihm zu antworten, ging ich um das Auto herum und setzte mich auf den Beifahrersitz.

Harry nahm wieder hinter dem Steuer Platz und hob eine Augenbraue. "Keine Antwort also?"

Seufzend antwortete ich ihm: "Ich möchte nicht, dass meine Eltern dich kennenlernen."

Sofort danach tat es mir Leid, dass ich so gemein war. Aber andererseits hatte er mich zu diesem Date gezwungen, da durfte ich auch mal schnippisch werden.

"Sorry," sagte ich trotzdem und er startete den Motor.

Der Rest der Fahrt verlief schweigend. Aber es war keine drückende Stille, ganz im Gegenteil. Ich fühlte mich wohl, was mich stark wunderte.

Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, wie Harry immer wieder zu mir rübersah und wenn ich ihn erwischte, zwinkerte er mir grinsend zu.

Jeder andere wäre rot geworden, und hätte sich schnell abgewandt.

Das Auto hielt, und wir stiegen aus.

"Wer wohnt eigentlich hier?", fragte ich Harry vorsichtig, als wir auf die Tür zuliefen.

"Zayn," antwortete er bloß und betätigte die Klingel. Ich war nach seiner Antwort immer noch so klug wie vorher, da ich keine Ahnung hatte wer 'Zayn' war, aber ich schwieg.

Ein schwarzhaariger Junge öffnete und klatschte Harry ab, bevor er uns beiden einen roten Becher in die Hand drückte.

Ich musste gar nicht probieren, um zu wissen, dass es Alkohol war.

Als ich mich zu Harry umdrehen wollte, sah ich das er verschwunden war.

Eigentlich hatte ich damit rechnen müssen, aber aus irgendeinem Grund fand ich es trotzdem schade.

"Mila!" Eine kochende Eleanor kam mit schnellen Schritten auf mich zu. "Warum sind Harry und du gleichzeitig herein gekommen?"

Unauffällig stellte ich meinen Becher auf der Theke ab, und ließ mich von El in eine ruhige Ecke ziehen. Überall rieben sich betrunkene Körper aneinander, und ich merkte, dass Partys wirklich nichts für mich waren.

"Antworte mir!"

"Er hat mich nur von Zuhause abgeholt, und..." Ich versuchte sie zu beruhigen, doch es klappte nur mäßig.

"Harry Styles hat dich abgeholt? Bist du verrückt geworden?" Ihre Stimme klang unnormal schrill, und sie schlug eine Hand vor den Mund. "Das ist nicht dein Ernst!"

"Hey," eine betrunkene Amy erschien vor uns und zog mich in eine tiefe Umarmung.

"Amy, sie lässt sich auf Harry Styles ein!", beklagte sich El und schaute mich mit einem flehenden Blick an. "Bitte, bitte, halt dich von Harry fern! Bitte!"

"El, er hat mich nur abgeholt und war sofort weg, als wir hier angekommen sind. Es ist nichts passiert, und es wird auch nichts passieren."

"Ich glaube dir nicht, aber lassen wir es jetzt mal gut sein," stöhnte El und rieb sich mit ihren Handballen die Stirn.

"Oh mein Gott, Luke ist so heiß!" Amy verschwand wieder in der Menge, und ich erhob mich.

"Wo finde ich die Toilette?"

El beschrieb mir den Weg, und ich lief los. Ständig wurde ich angegrabscht, und angeflirtet, aber ich blieb stur.

"Da bist du ja." Harry erschien vor mir, und als ich weiterlaufen wollte, hielt er mich am Ellbogen fest. "Ich schätzte, du schuldest mir einen Tanz."


Unmistakable || h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt