Kapitel 45

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Als ich vor dem Krankenhaus stand, taten sich eine Menge Erinnerungen auf. Doch ich verdrängte sie, denn sie wühlten somit Gedanken an diesen einen Jungen auf, mit dem ich mich gerade nicht auseinander setzen wollte.

Mein Handy lag irgendwo unten in meiner Tasche. Während der Busfahrt hatte ich es extra unter Kaugummipackungen und Taschentücher geschoben – ich wollte gar nicht erst in die Versuchung kommen, Harry anzurufen und mich für meinen Sturkopf zu entschuldigen.

Dies würde so oder so passieren, wahrscheinlich sobald er mich das erste Mal wieder aus seinen glitzernden, grünen Augen ansah. Ich würde schwach werden, und mich wieder für die gesamte Situation als Hauptverantwortliche ansehen.

Doch vorerst wollte ich mir von den Gefühlen eine Pause gönnen, und sie ausschalten.

Während ich also durch die Türe des Krankenhauses trat, ratterte ich in meinem Kopf mögliche Entschuldigungen an Jeremy runter.

Sorry, dass mein Freund dir fast die Nase gebrochen hat – kommt manchmal vor.“

Harry hat dich zu Brei gehauen, und ich bin hier, um mich in seinem Namen zu entschuldigen. Auch, wenn er die größte Lust hat, hier aufzukreuzen und dir noch ein paar mehr Verletzungen zuzufügen.“

Ach, Jeremy, was ein Zufall, dich hier zu treffen! Hab nur zufällig hier abgehangen, aber wenn ich dich gerade sehe, kann ich dir ja direkt mein Beileid aussprechen. So hier zu liegen, wegen einem Streit, der wegen mir ausgelöst wurde, das muss schon irgendwie mies sein.“ - Okay, dachte ich mir, während ich den Aufzugknopf drückte und nervös mit den Zehen wackelte - jetzt drehe ich durch.

Die Frau hinter dem Schalter, die ich nach Jeremys Aufenthalt fragte, lächelte sofort breit, während sie mir den Raum nannte. Ich dachte erst, sie wäre einfach eine freundliche und fröhliche Person, doch als ich mich gerade bedanken wollte, erwiderte sie noch schnell: „Du musst das Mädchen sein. Da hast du dir einen tollen Freund ausgesucht, Kleines. Ein hübscher Bursche – und was er für dich getan hat, unfassbar. Ich habe ihn gefragt, wie er in diesen Zustand gekommen ist, und er hat mir verraten, dass er eine Freundin vor einem Typen retten wollte, der nicht gut für sie ist. Wenn ich dir meinen Tipp geben darf, nimm ihn und vergiss den anderen. So einen Jungen, wie Jeremy, den findet nicht jeder.“

Fast hätte ich gelacht, doch stattdessen hörte ich ihr mit geöffnetem Mund zu. „Er hat mich vor einem Typen gerettet, der nicht gut für mich ist? Was?“

„Ach, du wusstest noch gar nichts davon?“ Theatralisch warf sie eine Hand auf den Mund. „Oh, na dann, wird es höchste Eisenbahn, dass du deinem Ritter auf dem weißen Ross endlich in die Arme fällst und dich bedankst – er hat es so verdient, der Bursche.“

Ich glaube, ich muss mich gleich auf diese schönen, weißen Fliesen übergeben.

„Eh... Ja, ich glaube, ich gehe mal.“ Ich zeigte auf den Flur, der zu den Räumen, in denen die Kranken lagen, führte. „Danke für Ihre Hilfe.“

„Gerne!“, rief sie mir hinterher. „Junge Liebe ist so schön!“

Als sie aus der Sichtweise war, verzog ich das Gesicht und entließ ein kleines Schnauben. Doch ich musste mich auf das Wesentliche konzentrieren, und fand Jeremys Zimmer recht schnell.

Als ich vorsichtig anklopfte und die Tür aufschob, blickten mir statt dem erwarteten einem Gesicht, drei entgegen.

„Oh, Entschuldigung,“ meinte ich sofort, und wollte wieder zurücktreten. „Ich wollte nicht stören.“

„Nein, nein!“, rief Jeremy. „Mum, Dad, das ist Mila, eine Freundin.“

„Oh, eine Besucherin.“ Jeremys Mutter stand auf, lächelte mich an und griff nach ihrer Tasche. „Wir lassen euch lieber alleine. Mein Mann und ich wollten sowieso langsam gehen.“

Unmistakable || h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt