Seine Augen weiteten sich, und sein Kiefer klappte nach unten. Hastig setzte er sich auf, sodass ich erschrocken zurückwich. Genau diese Reaktion hatte ich erwartet. Ich kam mir blöd vor, dass ich den ersten großen Schritt gewagt hatte. Dabei hatte ich es nicht einmal extra getan, denn ich hatte nicht klar gedacht.
"I..ich... Äähm-," er fuhr sich durch die Locken.
"Ist schon okay," stoppe ich ihn rasch. "Es war dumm von mir, sorry."
Meine Vermutung wurde hiermit bestätigt. Ich war nichts anderes als ein netter Flirt, vielleicht sogar eine heiße Nacht.
Mit einem gequälten Lächeln stand ich auf, und klopfte den Dreck von meiner Hose. Harry folgte mir, und wir liefen mit reichlich Abstand zwischen uns zum Auto.
"Stopp." Seine Stimme riss mich aus den Gedanken, und als ich in seine funkelnden Augen sah, bemerkte ich erst, das ich den Tränen nah war.
Mist. Dabei war ich doch sonst nicht so nah am Wasser gebaut.
Schnell drehte ich mich weg, und schloss meine Augen, damit er meine Schwäche nicht wahrnahm. Es half nichts. Harry zog mich wieder zurück, und stockte beim Anblick meiner wässerigen Augen.
"Was? Fuck, wein nicht." Plötzlich umarmte er mich fest, und ich verbarg mein Gesicht in seinem Shirt. "Ich wollte nicht so rüberkommen, wirklich nicht. Du hast mich überrascht, niemand hat mir jemals gesagt das er mich leiden kann. Und naja... Du hast mich halt wirklich geschockt."
Ich hörte ein kleines Lächeln in seiner Stimme, und sah hoch. Vorsichtig wischte er eine Träne weg, die unbemerkt meine Wange runter gerollt war.
"Bitte nicht weinen. Ich war zwar schon öfters der Grund für Tränen, aber bitte wein' nicht wegen mir. Das bin ich nicht wert."
"Gott, hör auf damit." Erschrocken durch meinen Tonfall blieb Harry sprachlos. "Hast du wirklich eine so geringe Meinung von dir? Du bist ein toller Mensch, und wage es nicht etwas anderes zu behaupten. Unter dieser Voll-Macho-ich-kann-jedem-in-die-Eier-hauen-Schicht steckt ein warmes Herz. Vielleicht weißt du das selbst nicht, aber ich glaube fest daran."
Er drückte einen Kuss auf meine Haare, und ich lehnte mich wieder gegen ihn. In dieser Position standen wir lange. Fest umschlungen und in Gedanken versunken.
****
Nachdem Harry mich an der Schule abgesetzt hatte, ging der Tag weiter. Er allerdings schwänzte den restlichen Unterricht, nannte aber keinen Grund.
Harry hatte zwar nichts geantwortet, als ich ihm gesagt habe das ich ihn mag, aber ich hatte ihn damit nicht vergrault. Eigentlich hatte ich sogar das Gefühl, das wir uns durch dieses 'Date' näher gekommen waren.
War das jetzt eigentlich schon unsere zweite Verabredung gewesen?
Aus irgendeinem Grund verschwand das Grinsen in meinem Gesicht für den Rest des Tages nicht.
****
"Ich bin zuhause," rief ich, als ich die Tür hinter mir schloss. Alles was mir antwortete war tiefe Stille.
Ich scannte die Räume nach menschlichem Leben ab, fand aber nichts und niemanden.
Ein am Kühlschrank hängender Zettel erregte schließlich meine Aufmerksamkeit.
Dad hat heute Nachtschicht, und Ruby und ich sind beim Arzt, und dann bei einer Schulveranstaltung. Erwarte uns nicht vor 9 Uhr. Geld für Pizza findest du am Spiegel.
Mummy xoxo
Das laute Knurren meines Magens zwang mich dazu, nach dem Telefon zu greifen und eine große Pizza zu bestellen. In der Wartezeit erledigte ich meine Hausaufgaben, was eine Viertelstunde dauerte und hopste dann vor den Fernseher.
Die Sendungen und Filme, die liefen überzeugten mich nicht unbedingt, also schaltete ich das Gerät wieder aus, und holte mir ein Buch.
Die Türklingel ertönte, und ich kramte nach dem Geld. Als ich die Tür öffnete stand ein kleiner Junge mit einer Schachtel vor mir.
Wir tauschten Geld und Pizza, aber dann konnte ich meine Neugier nicht mehr zurückhalten. "Bist du nicht etwas zu jung, um Pizzabote zu sein?"
"Ich bin 8." Der Junge umklammerte das Geld in seiner Hand fest, als hätte er Angst ich wolle es ihm wieder wegnehmen. "Mein Bruder hatte keine Lust aus zusteigen, also bin ich gegangen."
"Warte einen Moment." Ich kramte nach meinem Portemonnaie, und fischte dann 15 £ raus. Als ich es dem Jungen in die Hand drückte, wurden seine Augen größer. "Versteck die in deiner Jacke. Kauf' dir davon, was du willst, ja?"
"Wo bleibst du denn Johnny? Wir müssen heute noch weiter. Beweg' deinen Hintern." Ein junger Mann, wahrscheinlich Johnnys Bruder, lehnte sich aus dem Auto.
"Dankeschön," murmelte Johnny, und rannte zum Auto, als ginge es um sein Leben.
"Aww," ertönte plötzlich El's Stimme und sie lief die Auffahrt hoch. "Der war schnuckelig."
"Der kleine Junge oder der im Auto?" Sie schlüpfte durch die offene Tür in den Flur.
"Natürlich der Kleine. Eric ist... Nicht so süß."
"Wie? Du kanntest ihn?"
Sie sprang förmlich auf mein Bücherregal zu, als ich sie in mein Zimmer führte. Sie war schonmal hier gewesen, deswegen kannte sie den Weg, hatte mir aber nur ein Buch vorbeigebracht und nicht die Zeit gehabt mein Zimmer zu erkunden.
"Hamlet!", quietschte sie und legte es beiseite.
"Stolz und Vorurteil!"
Es war nicht mehr daran zu denken, ein Gespräch mit ihr zu beginnen, also griff ich nach meinem Handy und öffnete die neue SMS.
'Lust auf ein Treffen am Freitag?'
Das Lächeln schoss sofort auf mein Gesicht, als ich zusagte. Harry hatte mich mehr oder weniger normal nach einer Verabredung gefragt, ohne Zwang.
"Ich kenne diesen Gesichtsausdruck! Du bist verliebt!"
"Was? Nein! Nein, bin ich nicht."
Ich weiß nicht wen ich überzeugen wollte. Eleanor oder mich selbst.
"Bist du wohl. Darf ich erfahren wer dein Herz gewonnen hat?" Einen Moment später lachten wir beide auf. "Uh, das klang kitschig."
Eigentlich hatte ich das Verlangen endlich alles von meiner Seele zu sprechen, was sich angesammelt hatte. Den ganzen Umgang mit Harry hatte ich bisher nur für mich behalten.
"Versprichst du mir keine Vorurteile zu haben, und die Sache mit offenem Gemüt anzugehen?"
"Oh oh... Mir schwant Übles," witzelte El und ich setzte mich zu ihr aufs Bett.
"Keine Vorurteile," erinnerte ich sie. Eleanor nickte langsam und forderte mich mit einem Handzeichen auf, anzufangen.
Ich erzählte ihr alles. Wie Harry mich schon beim ersten Anblick in einen komischen Bann gezogen hat, unsere zufällige Begegnung vor dem Supermarkt, die Party, der erste Kuss, seine Verletzung an der Hand und unser Ausflug in den Wald danach. Ich verschwieg ihr allerdings, dass er sich mir schon öfters ein wenig geöffnet hatte und eine andere Seite gezeigt hatte.
"Harte Nuss," murmelte El und biss auf ihre Unterlippe. "Weißt du, ich denke die Jungs sind gar nicht so schlimm, wenn man sie näher kennt. Also Louis zum Beispiel kommt manchmal ganz süß und lustig rüber..."
"Danke, das du mich verstehst." Ich umarmte sie überschwänglich und dabei kippten wir fast vom Bett.
"Lass' nur nicht zu, das er dein Herz bricht, ja? Ich habe keinen Bock die Scherben aufzusammeln."
"Hhmm.." Sie hatte zwar gescherzt. aber es brachte mich zum Nachdenken.
Würde Harry mein Herz brechen und es dann verstümmelt zurücklassen?

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Unmistakable || h.s
Fiksi PenggemarDie eher unscheinbare Mila zieht mit ihrer Familie nach London. Ihr Leben scheint perfekt zu sein, bis sie auf den Bad Boy der Schule trifft. Harry Styles. Party, Alkohol, Tattoos. Mila fühlt sich von ihm angezogen, ist aber auch veränstigt. Ihrer L...