Nach weiteren unsäglichen Qualen des Lernens, hörte ich unten ein helles Gekicher. Mom und Dad waren wohl wieder zu Hause. Ich wollte die beiden jetzt nicht noch stören, außerdem hatte ich keine Lust mich mit zwei Besoffenen abzugeben. Damit sie auch ja nicht auf die Idee kamen hier rein zu kommen, machte ich das Licht aus. Tatsächlich. Nach einem lauten Gepolter und Gekichere auf der Treppe hörte ich meine Mutter lallen: "Sie -hicks- schläft wohl schon." Sie gingen wieder nach unten und ich hörte wie leise die Musik noch spielte. Wahrscheinlich Joni Mitchel. Und da hörte ich auch Both Sides Now oder wie das hieß. Ich mochte diese langsame, öde Musik nicht besonders, aber meine Eltern standen total drauf. Mein Geschmack lag ja eher bei K-Pop. Heute war Freitag das hieß ich konnte ohne schlechtes Gewissen noch länger aufbleiben. Es war ja auch erst halb elf. Ich hatte für heute echt genug getan. Fast für alle Fächer hatte ich mein Wissen nochmal aufgefrischt. Fast. Für Religion zum Beispiel nicht. Unser Lehrer war nämlich ein dickes, schwitzendes Stück Kloß, das mit uns in jeder Stunde darüber redete, wie es in einem mitteralterlichen Kloster zuging. Dazu las er immer selbst die Texte zu dem Thema, weil er seine Stimme so gerne hörte. Ein echter Kotzbrocken. Javen war auch ein Kotzbrocken. Zwar ein sehr attraktiver, aber trotzdem ein Kotzbrocken. Nicht so schlimm wie unser Reli-Lehrer, aber trotzdem ein Kotzbrocken. Ich wiederhole mich...
Ich schaute gerade die Stelle von Herr der Ringe, wo aus Frodo's Mund grüner Schaum tropfte, als ich den Wunsch verspürte nach meinem Zaubergarten zu schauen. Also schaltete ich Frodo ab und zog mir über meinen Schlafanzug meine Winterjacke. Ich hielt mir die Hand an den Rand von meinem Auge, so, dass ich nicht zu Javen's Zimmer schielen konnte. Ich lief in den Garten, wo alles hin und her wiegte, weil der Wind immer noch sehr stark war. Ich ließ mich auf der Bank nieder, die zum Glück im Schatten des Hauses stand und somit nicht nass war und mich vor dem Wind schützte. Der Wind pfiff umher und ließ die altmodische Lampe an der Seite des Hauses quietschen. Ich stand auf und ging auf die Wiese, die wie ein Feld wirkte, da das Gras mir ja fast bis zur Hüfte reichte. Ich hob meine Arme und spielte Dirigent des Windes, wie der kleine August Rush aus Klang des Herzens. Es machte unheimlich viel Spaß und ich stellte mein eigenes Stück zusammen. Ich war schon immer eine Träumerin gewesen und konnte mir solche Dinge wunderbar vorstellen. Das Ende des Stücks wurde von der Laterne vollbracht. Die Zuschauer jubelten uns zu und ich verbeugte mich. Ich zeigte hinter mich, als ob dort ein riesiges Orchester wäre, das sich jetzt verbeugen würde. Das Orchester fing wieder an zu spielen und ich sang einfach aus mir heraus, ohne, dass etwas Sinn ergab. Ich sang aus dem Herzen, es war erst ruhig und traurig, dann wurde es stark und zornig. Und zum Schluss wechselte es in eine fröhliche Stimmlage. Ich hatte schon immer gerne gesungen, nur konnte ich es nicht wenn andere dabei waren. Ich konnte es nicht gut, aber es drückte immer genau meine Stimmung aus. Und je nach dem half es mir auch mich selbst wieder zu finden. War ich verwirrt, traurig oder sonst was, musste ich nur singen und es ging mir wieder besser. Es war komisch, da ich die Töne kaum treffen konnte, aber trotzdem sang ich mit voller Kraft. Meine Eltern würden das sowieso nicht hören, der Wind war zu laut, aber ich konnte mich hören und kein anderer, nur mein eigenes Orchester. Als mein Stück endete sprang das Publikum begeistert auf und alle klatschten für mich. Früher hatte ich mal Klavier gespielt, aber irgendwann ging das Geklimper Mom auf den Keks und sie verkaufte unseren Flügel. Zu der Zeit war ich so sauer, dass ich mich tagelang geweigert hatte unter unserem Esstisch hervorzukommen. Daddy musste mich unter dem Tisch hervorziehen, dass ich überhaupt in die Schule ging. Es hatte mir damals so viel Spaß gemacht und ich hatte mir immer selbst Stücke ausgedacht, doch nach einiger Zeit, als der Flügel dann weg war, vergaß ich es ganz. Da waren wir dann auch schon wieder umgezogen und ich wurde abgelenkt von dem Neuen, was in der neuen Stadt wieder auf mich zukam.
Ich ließ noch einen Moment die Augen geschlossen, damit der Wind mir meine Haare zerzausen und mir sanft durch mein Gesicht streicheln konnte. Dann beschloss ich wieder rein zu gehen. Im rechten Augenwinkel sah ich einen Schatten der über die Straße huschte. "Wer ist da?", fragte ich in die dunkle Nacht hinein. Komischerweise war mir nicht mulmig zumute. Wahrscheinlich war es einfach eine Katze gewesen oder so. Ich ging ins Haus und schloss leise die Tür. Ich lugte ins Wohnzimmer und sah meine Eltern zusammen gekuschelt auf dem Sofa schlafen. Ich schmunzelte. Auch wenn sie verschieden sind, passen sie doch perfekt zusammen. Ich ging in mein Zimmer und machte das Licht an. Gegenüber sah ich, dass das Licht auch noch an war. Ich öffnete die Balkontür und blickte hinüber zu Javen's Zimmer. Er lief auf und ab in seinem Zimmer und -wenn ich es richtig gesehen habe- hielt er immer wieder die Hände vors Gesicht. Er war sichtlich zerstreut. Ich kicherte. Es sah wirklich amüsant aus. Plötzlich sank er auf die Knie. Ich stoppte mitten im Kickern. Er sah wirklich komisch aus. So.. so.. ich konnte es nicht sagen. Ich sah nach unten auf unsere riesige Einfahrt und sah einen kleinen sich bewegenden Punkt. Es bewegte sich wirklich komisch. Als er ins Licht unserer Laterne an der Haustür kam, sah ich, dass es eine schwarze Katze war. Dann sah ich, dass die kleine Katze humpelte und ziemlich dreckig aussah. Vermutlich ein Streuner, dachte ich. Ich sah ihre hellen Augen funkeln und glitzern. Sie miaute. Es klang traurig. Ich wusste nicht, ob Katzen überhaupt traurig miauen konnten, aber wenn wir Menschen traurig sein konnten, warum dann diese Katze nicht auch. Sie schaute zu mir hoch und miaute noch einmal. Sie setzte sich hin. Ich fasste den Entschluss ihr zu helfen. Wie wusste ich nicht, aber ich wollte es so gern. Ich lief nach unten und machte die Haustür auf. Die Katze schaute zu mir und kam dann auf mich zu. Ich humpelte ihr ebenfalls entgegen. Sie strich mit ihrem Körper an meinem Bein entlang. Sie war allein. Ich hob sie hoch auf meinen Arm. Es hätte sein können, dass sie krank war oder Flöhe hatte, aber ich musste sie einfach auf den Arm nehmen. Vorsichtig darauf bedacht nicht ihr verletztes Bein zu berühren, ging ich mit ihr ins Haus. Sie schmiegte sich in meinen Arm und schleckte meine Hand. Ich kicherte. "Das kitzelt", flüsterte ich. "Möchtest du was trinken?", fragte ich sie. Die kleine Katze guckte mich an. Ich nahm das als ja und schlich leise in die Küche. Ich setzte sie kurz auf der Ablage ab, um so besser eine kleine Schale herauszunehmen. Die Katze schaute sich derweil interessiert um. Ich nahm sie wieder auf den Arm und nahm sie mit in mein Zimmer. Ich setzte sie wieder ab und füllte die Schale im Bad mit Wasser. Vorsichtig trug ich die Schale zur Katze und stellte sie vor ihre Nase. Erst roch sie daran, entschied sich dann auch zu trinken. Wie süß dieses kleine Geschöpf war! Hoffentlich würde Mom nicht so ausrasten, dass ich einfach eine streunende Katze mit rein genommen hatte. Von über gebeugt betrachtete ich ihr Bein. Sah es dick aus oder bildete ich mir das nur ein? Auf jeden Fall tat es ihr weh. Auf leisen Sohlen lief ich ins Arbeitszimmer und holte ein kleines Stück Verband, damit ich ihr Bein ein wenig schützen konnte. Gerade wollte ich den Schrank wieder schließen, als ich noch eine kleine Bürste entdeckte. Ich schnappte sie mir und ging wieder zurück zur Katze. Sie war fertig mit trinken und schleckte sich jetzt ihr Fell. "Komm mit kleine", sagte ich und lief ins Bad und tatsächlich kam sie mir nachgehumpelt. Ich setzte sie vorsichtig in die Badewanne. "So, jetzt säubern wir dich erst mal ein bisschen." Sie schnurrte als ich mit der Bürste durch ihr dreckiges Fell ging. Jede Menge Dreck fiel auf den Boden meiner Wanne. Als die Katze schon viel sauberer war, nahm ich mir noch einen Waschlappen und machte ihn nass. Damit strich ich ihr noch den letzten Dreck weg, was sie mit einem Schnurren entgegen nahm. Jetzt sah sie gar nicht mehr aus wie ein Streuner. "Süß siehst du aus!" Dafür schleckte sie mir meine Hand ab. "Darf ich dich Lily nennen?" fragte ich sie. Sie schnurrte wieder. Ich nahm dies einfach als ja. Ich hob sie auf meinen Schoß und versuchte nun ihr ganz vorsichtig den Verband drum zu machen. Erst sträubte sie sich, ließ mich dann aber doch machen. Sie war noch sehr jung, aber sie hörte echt gut! Die meisten Katzen waren mehr verspielt als kuschel freudig, doch Lily war still und wollte gestreichelt werden. Ich gähnte und schaute dann auf die Uhr. Halb zwei. "Na? Sollen wir mal schlafen gehen?" Ohne auf eine Antwort zu warten, lief ich mit ihr ins Zimmer. Ich setzte sie auf dem Boden ab und holte noch ein paar Handtücher, damit sie dort schlafen konnte. Sie lief erst ein paar mal im Kreis und ließ sich dann nieder. Ich lächelte sie an. "Du bist süß, Lily." Ich gähnte erneut und zog mir dann meinen Schlafanzug an. Ich stieg ins Bett und machte das Licht aus. Plötzlich landete etwas auf dem Bett. Ich öffnete die Augen und sah wie Lily auf mich zukam. Sie ließ sich dann in direkt neben mir nieder und kuschelte sich in meine Arme. So schliefen wir beide ein.
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Ich wollte gerne dieses Jahr noch ein letztes Kapitel veröffentlichen. Ist die Katze nicht süß? ^^ Ich will auch so eine Kuschel-Katze haben :( Naja... Ich wollte euch noch einen guten Rutsch wünschen und viel Glück fürs nächste Jahr. Danke nochmal an alle. Dank euch ist das Jahr wirklich schön zu Ende gegangen. Ihr seid echt toll! :* <3
Eure Piena13
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Caught In The Crossfire *On Hold*
RomanceSam zieht dauernd um. Immer ist sie die Neue und das geht ihr gehörig auf die Nerven. Als sie an ihrer neuen Schule aufgenommen wird, sind alle abweisend gegenüber der Neuen. Nur Zane ist nett zu ihr. Aber sein Bruder Javen, der beliebteste Junge de...