6.Kapitel (Chris)

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Es war wieder einer dieser Tage, wo ich mich fühlte als wolle ich lieber für den Rest meines Lebens mit der Decke über den Kopf im Bett liegen bleiben und nie wieder etwas anderes tun als schlafen.

Doch als mein Vater mich von unten rief wusste ich es war Zeit aufzustehen bevor sie sich Sorgen machten oder etwas bemerkten.

Ich ließ mir etwas Zeit um mich anzuziehen, damit ich nicht so lange am Küchentisch sitzen musste und mit der Ausrede es eilig zu haben nicht so viel essen konnte. Um ehrlich zu sein hatte ich gerade keinen Appetit, allein bei dem Gedanken an Essen drehte sich mein Magen um.

»Guten Morgen Dad«, sagte ich, legte meine Schultasche ab und nahm mir eine Schüssel Cornflakes. Ich füllte die Schüssel nur halb voll, dann nahm ich einen Löffel, unterdrückte den Würgreiz der in mir aufkam und zwang mich dazu noch etwas zu essen, bis ich sie dann doch nur von einer Ecke in die andere schob.

»Ich muss heute wieder eher in die Firma, soll ich dich mitnehmen? Wie war eigentlich deine Halloweenparty?«

»Ja danke, wäre nett. Sie war ganz okay, so wie immer eben.« Mein Vater legte seine Zeitung zur Seite, dann verschwand er um seinen Anzug anzuziehen. Ich nutzte die Gelegenheit die Cornflakes unauffällig weg zu schütten und packte mir dann nur eine Banane ein, falls ich später doch noch Hunger bekommen sollte.

Mein Vater setzte mich bei der Schule ab, wünschte mir einen schönen Tag und fuhr dann wieder davon, während ich mich seufzend umdrehte und die Treppen nach oben stieg.

»Hey Chris! Das war mal wieder eine super Party! Freue mich schon auf die Nächste!«, begrüßte mich Tim grinsend und verpasste mir einen Schlag gegen die Schulter, wobei ich zusammen zuckte. Ich hasste Berührungen und sofort breitete sich das unangenehme Kribbeln an der Stelle aus.

Glücklicherweise verschwand Tim dann schon in der Menge der Schüler und ich atmete erleichtert aus.

»Alles okay?«, fragte eine Stimme und ich drehte mich zu Dan um, der mich aufmerksam musterte.

»Es geht schon, danke der Nachfrage.« Er seufzte, dann gingen wir zu unseren Schließfächern welche direkt nebeneinander waren.

Ich nahm ein paar Bücher heraus, dann nahm ich noch meine Aufzeichnungen der letzten Biostunde und schloss den Spind wiede, steckte den Schlüssel in meine Jackentasche.

Ich wollte mich gerade seufzend auf den Weg zum Biozimmer machen, als ich eine Stimme hörte die mich inne halten ließ. Schon seit längerem achtete ich eigentlich gar nicht mehr so auf Takumis Stimme, nicht seit er mir aus dem Weg ging und ich wusste er würde unsere Nacht für sich behalten, aber aus irgendeinem Grund hatte ich sie jetzt wieder beachtet.

Die Erkenntnis ließ nicht lange auf sich warten. Takumi war einer der besten Freunde von Ash, und wo er war würde das "Skelett" auch nicht weit sein. Ich schloss kurz die Augen und sammelte mich. Wie sah Ash wohl ohne die ganze Schminke aus? Ich konnte mich nicht erinnern, konnte aber auch dem Drang nicht wiederstehen hinzuschauen.

Ich schaute in die Richtung in der Takumis Spind war und wie ich es mir gedacht hatte, stand Ash neben ihm. Obwohl es schwer zu sagen war das er das Skelett war (sein Gesicht sah jetzt immerhin ganz anders aus) wusste ich dennoch das es nur Ash sein konnte.

Er trug einen schwarzen Pullover, seine schwarzen Haare hingen ihm unordentlich ins Gesicht und er sah aus als wäre er so eben erst aufgestanden. Seine Jeans war etwas weit, was seinen Körper irgendwie noch dünner wirken ließ. Am Samstag war mir gar nicht aufgefallen wie schmal sein Körper war, aber da hatte ich schließlich auch nicht darauf geachtet.

Ich musste zugeben das Ash so noch viel besser aussah als ich gedacht hatte.

»Wann hörst du eigentlich auf Takumi immer anzuschauen? Dir sollte doch langsam klar sein, dass er nichts sagen wird. Oder willst du nochmal was mit ihm anfangen? Lass das lieber«, meinte Dan neben mir und ich wandte mich wieder ihm zu.

»Nein ich will nicht nochmal was mit ihm anfangen...« Ich warf noch einen verstohlenen Blick zu Ash, der genau in diesem Moment kurz zu mir schaute und ich wandte mich hastig ab, lief zusammen mit Dan zum Biologiezimmer. Hoffentlich kam ich Ash nicht komisch vor... Ob er Takumi von dem Kuss erzählt hatte? Ich hoffte nicht, da ich wusste wie schlecht Takumi auf mich zu sprechen war und aus irgendeinem Grund wollte ich nicht, dass er Ash irgendetwas schlechtes über mich erzählte.

Wir betraten das Biozimmer und setzten uns auf unseren üblichen Platz, warteten bis nach und nach auch die übrigen Schüler hereinkamen. Überall war ein lautes Stimmengewirr, ab und zu kam jemand der sich für die Party bedankte und fragte wann die nächste anstand, andere lächelten mir einfach nur zu. Man konnte fast meinen ich wäre beliebt.

»Du solltest damit aufhören Chris. Es tut dir nicht gut dich zu verstellen«, meinte Dan dann erneut und ich schaute ihn an. Ich wusste das er Recht hatte, aber ich konnte nicht anders, ich wollte einfach nur normal wirken, so tun als wäre ich so wie auch die anderen, hatte Freunde, war beliebt, kam gut an... Und auch wenn ich das tat, so verschaffte es mir keine wirkliche Befriedigung. Wann war eigentlich das letzte Mal gewesen, das sich mein Leben richtig angefühlt hatte? Wo ich mich nicht verstellt hatte, sondern genauso gewesen war wie ich? Ohne mich dazu zu zwingen?
Wann hatte ich mich nur zuletzt richtig lebendig und glücklich gefühlt, hatte meine Unsicherheit nicht versucht in irgendeinem offenen Lächeln und einem Gespräch zu verstecken?

Ich seufzte, ließ meinen Kopf auf die Tischplatte sinken, schloss die Augen.

Das letzte Mal das ich mich so gefühlt hatte, war bei meinen Gespräch mit Ash gewesen und diese Feststellung verwirrte mich nur noch mehr.


Broken Mirrors (BoyxBoy/Yaoi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt