47.Kapitel (Phoenix)

1.9K 132 8
                                    

Die Klingel ertönte, zum letzten Mal für die nächsten sechs Wochen und sofort war lautes Gemurmeln und Geraschel zu vernehmen, Stühle die hastig zur Seite gerückt wurden und Schüler die aus dem Raum rannten, mit dem Gedanken daran die nächsten Wochen nichts für die Schule tun zu müssen. Alle hatten es eilig, nun konnten sie tun was sie wollten bis im September unser letztes, stressiges Schuljahr beginnen würde. Der Lehrer rief uns noch etwas hinterher, doch die Hälfte der Schüler war schon aus dem Zimmer gerannt und in der allgemeinen Unruhe hatte es ohnehin niemand mitbekommen. 

Auch ich stand schnell auf, stopfte mein Zeugnis in meine Tasche, verließ das Zimmer und rannte schon beinahe die Stufen hinunter. Vor der Schule stand, wie er es versprochen hatte, Chris und lächelte mich an, als er sah wie ich im Strom der Schüler herauskam und fast schon die Treppe hinunter hüpfte. Ich wusste dass ich gerade mehr als nur schwul aussah, aber ich konnte einfach nicht anders, ich hatte übertrieben gute Laune.

"Wie war der letzte Schultag?", fragte er lächelnd und wuschelte mir durch die Haare.

"So wie immer - sterbenslangweilig. Das übliche Programm in der Aula mit viel zu vielen Liedern vom Chor, den ganzen Sportauszeichnungen die niemanden interessieren und dann hat unser Klassenlehrer auch noch fast eine Stunde lang darüber geredet, was das nächste Schuljahr alles auf uns zu kommen wird, ehe er bereit war uns endlich diese bescheuerten Zeugnisse zu geben. Du kennst das ja." Er nickte verstehend und wir verließen das Schulgelände, machten uns auf den Weg zur nächsten Eisdiele. 

Die nächsten zwei Wochen würden erstmal nur uns gehören, denn Mike war voll und ganz mit seinem Umzug beschäftigt (bei dem wir ihm selbstverständlich helfen würden) und Takumi war bereits gestern für vier Wochen nach Japan geflogen. Also gab es niemanden der uns stören würde, kein Mike der eines morgens plötzlich in meinem Zimmer auftauchen und uns nerven würde... zwei wundervolle Wochen Ruhe. 

Hoffentlich hielt sie lange genug an. 

"Hast du dich schon entschieden was du studieren willst?", fragte er dann, als wir uns an einen freien Tisch setzten und die Karte aufschlugen. Wir hatten am Wochenende lange über das Thema geredet und er hatte mir geholfen, ein wenig meine Interessen genauer zu definieren. Es war schwierig etwas zu finden, was meinen Geschmack und meine Vorstellungen traf, aber mit seiner Hilfe schien es mir gar nicht mehr so unmöglich zu sein, wie ich Anfangs gedacht hatte.

"Noch nicht so genau, aber ich bin mir sicher, welche Sachen ich schon einmal nicht machen will. Bald haben einige Universitäten ja wieder Tage wo man die sich ansehen kann und ich denke ich werde mir dann ein paar ansehen", meinte ich und meine Augen wanderten über die Karte. Das sah alles so verdammt lecker aus, wie sollte ich mich da bitte für etwas entscheiden? Am liebsten würde ich gleich die ganze Karte nehmen, aber dafür würde mein Geld nicht ausreichen und außerdem bezweifelte ich, dass mein Magen in der Lage war so viel in sich aufzunehmen. Ich überlegte ganze zehn Minuten, was ich nehmen sollte, während Chris seine Karte bereits zur Seite gelegt hatte und mich aufmerksam lächelnd musterte. Man sah ihm an wie er sich darüber amüsierte, dass ich innerlich gerade mit mir kämpfte.

Als ich es dann endlich geschafft hatte mich schweren Herzens zu entscheiden, kam eine Kellnerin und nahm unsere Bestellung auf. Chris sah mich an, dann seufzte er.

"Ich muss demnächst noch einmal nach Hause. Meine Schwester hat mir geschrieben, dass Post für mich kam und ich meine Schlüssel abgeben soll", meinte er dann und verzog das Gesicht. Seine Schwester hatte noch mehrmals versucht seine Eltern zu überzeugen und mit ihnen zu sprechen, doch auch sie biss sich an ihnen die Zähne aus. Sie waren einfach so uneinsichtig, dass es absolut nichts brachte und man sah Chris an, dass er es schon lange akzeptiert hatte. Obwohl er manchmal immer noch zu hoffen schien, dass sich etwas ändern würde, wusste er tief in seinem Inneren genauso gut wie ich, dass es das niemals tun würde. Es war bereits der Punkt erreicht an dem es kein Zurück mehr gab. Er hatte seine Eltern verloren und das vermutlich für den Rest seines Lebens. 

"Ich würde mitkommen..."

"Nein, das passt schon so. Du hast doch gesagt, dass du einen Tag etwas mit Shane machen willst? Triff dich ruhig mit ihm, während ich noch einmal nach Hause gehe. Ich schaffe das allein." Ich verzog das Gesicht, aber es war seine Entscheidung und da würde ich mich nicht einmischen. 

"Ich werde mich auch bald nach einer Wohnung umsehen. Ich will deiner Familie nicht länger zur Last fallen. Ich weiß zwar, dass sie mich gerne da haben, aber ich muss lernen alleine klar zu kommen und ich halte es ohnehin für besser in die Nähe der Uni zu ziehen. Du hilfst mir doch sicher, oder?" 

"Natürlich. Weißt du denn schon, auf welche Uni du gehst?" Er schüttelte mit dem Kopf.

"Ich denke die Post die ich bekommen habe werden die ganzen Zusagen und Absagen sein. Ich werde sie mir genauer ansehen und mich dann entscheiden. Keine Sorge, ich werde dich trotzdem so oft es geht besuchen kommen", meinte er dann grinsend, als er meinen Blick bemerkte. 

"Ich werde genauso oft vorbei kommen. Und wenn du alleine wohnst haben wir ja immerhin unsere Ruhe... Mike sind wir ja jetzt immerhin auch los", sagte ich und in diesem Moment kam die Kellnerin und stellte mir meinen riesigen Schokoeisbecher vor die Nase. Sofort schob ich mir einen Löffel in den Mund und schmolz fast dahin... Eis war einfach so wunderbar.

Wir verbrachten mehrere Stunden im Eiscafé, redeten über alle möglichen Dinge und machten uns dann auf dem Weg nach Hause. Irgendwie machte es mich schon etwas traurig, dass Chris bald weggehen würde, aber vielleicht war es auch ganz gut so, da hatte ich immerhin auch wieder etwas Freiraum. Nicht das mich Chris stören würde, aber manchmal brauchte man eben auch einfach seine Zeit für sich und so sehr mir das Leben mit ihm gefiel, ich brauchte diese kurze Zeit. 

Hoffentlich würde er nur nicht zu weit weg ziehen. 




Es hat verdammt lange gedauert, ich weiß.
Ehrlich gesagt kann ich auch nicht sagen, warum es jetzt so ewig lange mit dem Kapitel gedauert hat, da die Planung von BM eigentlich schon laaaaaange abgeschlossen ist und nur noch diese letzten vier Kapitel fehlen... eigentlich wollte ich sie damals auch in unter einem Jahr beenden und dann... Man sieht es ja.
Jedenfalls bin ich froh dass dieses, doch recht zähe Kapitel, jetzt endlich online ist. Ich gebe mir Mühe die restlichen zu schreiben, damit diese Story dann endlich beendet ist und ich mich anderem widmen kann bzw. der Story von Takumi, welche ich gleich danach hochladen werde. 



Broken Mirrors (BoyxBoy/Yaoi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt