10.Kapitel (Chris)

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»Hast du am Wochenende Zeit?«, fragte mich Dan als wir gerade bei unseren Schließfächern standen und ich meine Bücher irgendwie wahllos hinein stopfte.

»Ja sicher. Sandy ist aber da«, meinte ich und Dan verzog das Gesicht. Er konnte Sandy noch weniger ausstehen als ich, manchmal wirkte es als hasste er sie sogar regelrecht. Aber vielleicht lag das daran, dass er sie einfach schon genau so lang kannte wie mich.

»Wir sehen uns dann morgen.« Damit verschwand Dan zum Eingang hinaus während ich mich auf dem Weg zum Nachschreiben machte. Da ich den ganzen letzten Freitag gefehlt hatte, hatte ich eine Arbeit in Englisch verpasst, die ich natürlich jetzt nach schreiben dürfte.

Ich hasste es Arbeiten nach zu schreiben vor allem an einem Freitag wo ich eigentlich nach der sechsten Stunde gehen konnte. Mit den ganzen Nachsitzern in einem Raum zu sein war mehr als nur unangenehm, da die meistens so störend waren das man sich kaum auf das konzentrieren konnte was man aufschrieb.

Ich betrat das Zimmer in dem lautes Stimmengewirr war und ging seufzend zum Lehrer der das alles beaufsichtigte - zwar einer der netten Lehrer, aber er würde die Idioten die gerade Papierflieger umher warfen auch nicht still halten können.

Die Hälfte der Schüler die Nachsitzen mussten sahen aus, als würden sie beinahe jede Woche hier sein, sofern sie überhaupt erschienen.

»Du bist zum nachschreiben einer Arbeit hier, richtig? Du hast sechzig Minuten«, sagte er lächelnd und reichte mir meinen Aufgabenzettel. Ich ließ den Blick durch den Raum schweifen in der Hoffnung in der Nähe von jemandem sitzen zu können der nicht unglaublich störend war und mein Blick fiel auf Ash der mich sogar zaghaft anlächelte. Ich steuerte die Bank neben seiner an und ließ mich darauf fallen, wobei ich ihn ebenfalls anschaute. Nur lächelte ich nicht, dafür war meine Laune zu schlecht.

Ich kramte aus meiner Tasche einen Block und Stifte, dann begann ich mit schreiben. Zwar mochte ich Englisch als Sprache, aber als Fach war es dann nicht so meines. Vor allem nicht, wenn man irgendwelche Texte mit einer bestimmten Wörteranzahl zu einem richtig sinnlosen Thema schreiben sollte.

Ich konzentrierte mich voll und ganz auf die Arbeit, ignorierte die Papierflieger die an mir vorbei segelten und war zum Glück rechtzeitig fertig. Unauffällig warf ich einen Blick zu Ash, der vor einem Stapel Aufgabenblätter saß und gerade frustriert irgendetwas hinkritzelte. Bestimmt musste der Arme bei Winter nachsitzen, das musste sowieso fast jeder schon einmal, der war einfach unausstehlich und ich war froh ihn dieses Jahr mal nicht in Biologie oder irgendeinem anderen Fach zu haben.

Ich packte mein Zeug zusammen, drückte meine Arbeit dem Lehrer in die Hand und war unendlich froh, als ich zur Tür hinaus trat. Endlich nach Hause, dann war Wochenende und ich konnte ganz in Ruhe mal wieder mein Zimmer aufräumen und an dem Vortrag arbeiten.

Bei dem Gedanken an den Vortrag seufzte ich genervt auf, da ich die Materialien dafür noch in meinem Schließfach liegen hatte.

Als ich meine Tasche öffnete um den Schlüssel heraus zu kramen, befand sich in meinem kleinen Fach, in dem ich meinen Schlüssel, wichtige Zettel und sonstiges hatte, ein kleiner Zettel.

Stirnrunzelnd zog ich ihn heraus, schloss mein Schließfach auf und nahm das Zeug für den Vortrag hinaus. Da ich den Zettel für ein Versehen oder einen dummen Scherz hielt wollte ich ihn eigentlich wegwerfen, konnte dann aber trotzdem nicht anders als doch einen Blick auf ihn zu werfen, meine Neugier war einfach zu groß.

Keine Sorge, du schaffst das.
Lächel mal, wird dir gut tun. (:

Obwohl das nur wie eine billige Floskel klang, zauberte es mir ein Lächeln ins Gesicht. 

Der Zettel konnte nur von einer Person stammen, denn vorhin war er noch nicht da gewesen und der einzige der nah genug bei mir gewesen war um ihn unauffällig in meine Tasche zu stecken war Ash gewesen.

Wie schaffte es dieser Junge nur meinen Tag um so vieles besser zu machen, obwohl wir uns gar nicht kannten? Obwohl wir seit der Party nicht einmal mehr miteinander gesprochen hatten?

Lächelnd faltete ich den Zettel wieder zusammen und steckte ihn in meine Hosentasche, dann machte ich mich auf dem nach Hause Weg.

Zu Hause würde vermutlich niemand sein, mein Vater war noch auf Arbeit, meine Schwester in der Universität und meine Mutter hatte vermutlich heute Spätschicht.

Als ich die Tür aufschloss war wie erwartet niemand zu Hause, also machte ich gleich einen Umweg in die Küche, wo ich mir gut gelaunt ein paar Sandwiches machte, dann ging ich in mein Zimmer wo ich meinen Rucksack in meine übliche Ecke warf.

Normalerweise war ich sehr ordentlich und fühlte mich da auch viel wohler, aber ich war viel zu faul um wirklich immer alles aufzuräumen und ordentlich zu halten.

Nachdem ich die Sandwiches in mich hinein gestopft hatte, machte ich mich daran mein Zimmer in Ordnung zu bringen, als ich fertig war ließ ich mich auf mein Bett fallen und zog noch einmal den Zettel aus der Tasche, den Ash mir geschrieben hatte.

Warum hatte er das getan? Hatte er etwa bemerkt wie schlecht meine Laune war und wollte mich aufmuntern? Dabei kannte er mich doch gar nicht wirklich. Wir hatten nur mal ein paar Sätze miteinander gewechselt... und doch musste ich zugeben, dass er einfach auf eine besondere Art und Weise einzigartig war, so einzigartig dass er es schaffte mir selbst an Tagen wie heute ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern als wäre es nichts schwieriges.

Obwohl ich ihn absolut nicht kannte, ich keinerlei Verbindung zu ihm hatte, begann ich langsam ihm und seiner unverwechselbaren Art zu verfallen.

Und ich konnte absolut nichts dagegen tun.



Broken Mirrors (BoyxBoy/Yaoi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt