27.Kapitel (Phoenix)

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Chris war still, als wir uns in den Bus setzten und uns auf den Weg zu ihm nach Hause machten. Obwohl er mich eingeladen hatte, hatte ich das dumme Gefühl dass er es bereute. Er wirkte im allgemeinen nicht gut drauf, eher als würde heute alles bei ihm schief laufen. Ich versuchte gar nicht erst eine richtige Konversation zu starten, da ich wusste er war so sehr in Gedanken versunken dass er mir nicht richtig antworten könnte. Ob er überhaupt dazu bereit war mit mir zu reden? Mittlerweile hatte ich ein schlechtes Gewissen, dass ich ihn mehr oder weniger zu einem Gespräch gedrängt hatte, obwohl Daniel mir gesagt hatte ich sollte Geduld mit ihm haben. Vielleicht setzte ich ihn damit unter Druck? Der Gedanke gefiel mir nicht und ich versuchte alles etwas positiver zu sehen. Chris hätte auch einfach nein sagen können und wir waren immerhin zusammen...

Wir betraten sein Haus und einen kurzen Moment lang hielt er verwirrt inne, ehe er einen genervten Seufzer von sich gab. Gerade als ich fragen wollte was los war, erschien eine junge Frau vor uns, mit langen dunkelblonden Haaren und denselben Augen wie Chris... Schwer zu erkennen das es seine Schwester war. Selbst ihre Gesichtzüge glichen den von Chris, nur waren ihre runder und weicher.

»Sandy was machst du hier?«, fragte er und verzog das Gesicht, als würde ihn der Gedanke nicht gefallen, sie hier zu sehen. Sie zuckte nur mit der Schulter, dann warf sie mir einen langen Blick zu, schien mich von oben bis unten genaustens unter die Lupe zu nehmen. Sie schien neugierig zu sein, wen ihr Bruder so mitgebracht hatte. Ohne den Blick von mir abzuwenden antwortete sie: »Meine Vorlesungen sind heute ausgefallen, also dachte ich, ich komme her. Konnte ja nicht wissen das du...« Sie unterbrach sich, als würde sie den Satz nicht beenden wollen, während Chris aussah als wüsste er genau was sie sagen wollte. Er verdrehte die Augen, ging aber nicht weiter darauf ein. Nun wandte diese Sandy den Blick auch von mir ab und schaute Chris in die Augen, ihr Blick war nicht genervt oder unfreundlich wie der von Chris, eher wirkte sie als ob ihr irgendetwas Sorge bereiten würde.

»Du weißt schon das Mom dir den Kopf abreißen wird, wenn sie sieht wen du mitgebracht hast, oder wenn sie ihn überhaupt sieht?«, sagte sie dann nach einem kurzen Moment Schweigen und er zuckte nur mit der Schulter.

»Lass das mal meine Sorge sein.« Jetzt war sie es welche die Augen verdrehte, dann wanderte ihr Blick wieder zu mir. Sie verweilte einen Moment bei meinen Haaren, dann bei meiner zerissenen Hose und zum Schluss beim Piercing. Wie ich so neben Chris stand, musste ich wie das genaue Gegenteil wirken: Er sah gut aus, sportlich, war normal gebaut, hatte dunkelblonde Haare, trug ganz normale Kleidung... während ich schwarze Haare hatte, groß und viel zu dünn wirkte, und dazu noch einen eher düsteren Stil hatte.

»Dein Geschmack in Männer hat sich aber ganz schön geändert, dachte du stehst eher auf den normalen Typen, vorallem auf welche die nicht so dünn sind.« Ihr Blick war nicht abfällig, eher neugierig und interessiert. Chris stöhnte genervt auf und sah seine Schwester an, als würde er wünschen sie würde einfach verschwinden oder aufhören zu reden.

»Ich hoffe du machst meinem Bruder keine Probleme - er hat schon so genug. Auch ohne einen magersüchtigen... Freund.« Bevor Chris irgendetwas dazu sagen konnte, antwortete ich bereits.

»Achja richtig, ich bin magersüchtig. Und ich dachte immer, ich habe eine Stoffwechselkrankheit und bin deswegen so dünn. Danke für die Aufklärung, die war echt nötig«, gab ich zurück und fuhr mit mir einer Hand durch die Haare. Sie schaute mich kurz an, dann wandte sie den Blick ab nuschelte etwas was ich nicht verstand, drehte sich um und verschwand die Treppe nach oben.

»Reizend deine Schwester.«

»Wem sagst du das...«

Chris verschwand kurz in der Küche und holte etwas zu trinken, dann gingen wir in sein Zimmer. Ich ließ mich auf sein Bett fallen, schaute ihn an und wartete, bis er etwas sagen würde. Ich wusste das ich ihn um das Gespräch gebeten hatte, aber irgendwie fehlten mir jetzt doch die Worte um es zu beginnen. Wie sagte ich ihm, was ich sagen wollte, damit auch ankam was ich meinte?

»Worüber willst du reden?«Seine Stimme hörte sich verletzt an, als würde er damit rechnen dass es nichts erfreuliches war. Wir hatten seit dem Tag nach der Party nicht mehr wirklich mit einander gesprochen und vielleicht dachte er auch, ich würde ihn nicht mehr wollen...

»Ich möchte wieder Zeit mit dir verbringen und wieder mit dir reden. Du gehst mir in letzter Zeit aus dem Weg und ich dachte, ich hätte vielleicht etwas falsch gemacht. Ich weiß dass du mich liebst und ich werde dir alle Zeit der Welt geben, aber trotzdem... wenigstens heute wollte ich mit dir reden.«

»Du willst nicht Schluss machen?«, fragte er und ich schüttelte mit dem Kopf.

»Nein, natürlich nicht.«Er atmete erleichtert aus, dann setzte er sich zu mir aufs Bett und legte den Kopf auf meine Schulter. Ich wollte ihn fragen was der Grund dafür war warum er mir aus dem Weg ging, aber ich wollte ihn auch nicht drängen, falls er es mir nicht erzählen wollte, also schwieg ich.

Wir verbrachten den restlichen Nachmittag damit zu reden, ein paar Videospiele zu spielen und die Dinge zu tun, die wir sonst taten. Es fühlte sich so normal an, als wäre nie etwas gewesen. Lange bevor seine Eltern kamen schickte er mich allerdings nach Hause - ich wurde das Gefühl nicht los, dass er es vermeiden wollte, dass ich den Rest seiner Familie kennenlernte, aber ich äußerte meinen Verdacht nicht laut. Stattdessen verabschiedete ich mich einfach von ihm und ging nach Hause, optimistisch das alles ab heute wieder besser werden würde.


Broken Mirrors (BoyxBoy/Yaoi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt