Kapitel 12

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"Was ist denn los?", frage Sam während er sich neben mich setzte, meine Hand in seine nahm und langsam begann mit seinem Daumen kleine Kreise über meinen Handrücken zu ziehen. Ich sah in die Gesichter meiner Gefährten und bemerkte peinlich berührt, dass ich alle aufgeweckt hatte, denn die Sonne war noch nicht aufgegangen.

"Ach nichts, war nur ein Albtraum", antwortete ich, entzog Sam meine Hand und wischte mir die restlichen Tränen vom Gesicht. Alle sahen mich zweifelnd an, also schenkte ich ihnen ein halbes Lächeln, das allerdings nicht wirklich half, ihre besorgten Mienen verschwinden zu lassen.

"Sie wird einen Grund haben, es uns nicht erzählen zu wollen", sagte Boromir schließlich, nachdem sie mich eine Weile angestarrt hatten. "Wir sollten so viel Schlaf bekommen wie uns möglich ist." 

Zögernd stimmten die Gefährten ein und gingen wieder zu ihren Schlafplätzen zurück, jedoch nicht ohne mir vorher noch ein oder zwei besorgte Blicke zuzuwerfen, die ich versuchte zu ignorieren. Nachdem alle wieder in ihren Betten lagen, versuchte ich wieder einzuschlafen, doch mein Traum wollte mich nicht mehr loslassen und hinderte mich daran, meine Augen zu schließen, also ließ ich es bleiben und starrte auf die Rinde eines Baumstammes, bis ich merkte, dass es langsam wieder hell wurde.

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Galadriel erwartete uns am Celebrant, dessen Wasser in der gerade aufgehenden Sonne glitzerte, als würden tausende Diamanten auf seinem Grund liegen, und ließ uns in grünliche Umhänge einkleiden, die überraschend leicht waren. Sie fühlten sich weich an, als wäre man in eine warme Umarmung gezogen und ich fühlte mich trotz meiner miserablen Nacht gleich ein wenig besser. Wir bekamen Lembas in Massen auf unsere Boote geladen und Pippin drückte mir eine Hälfte in die Hand, die sofort ihren Weg in meinen Mund fand. Das Elbenbrot schmeckte eigentlich gar nicht nach Brot, eher wie süße Plätzchen, die man an Weihnachten backt, mit einem leicht säuerlichen Nachgeschmack.

Ich schenkte Pippin ein kleines Lächeln und schluckte es runter und es füllte meinen Magen sofort, als hätte ich keinen kleinen Bissen Brot gegessen, sondern ein komplettes Mittagessen verschlungen. Ich wickelte den Rest wieder in das Mallorn-Blatt und legte es zu den anderen zurück, doch bevor ich in das Boot steigen konnte, hielt Aragorn mich zurück und deutete auf Galadriel, vor der sich alle Gefährten versammelt hatten. Die Geschenke, wie konnte ich das vergessen?

"Um euch in diesen dunklen Stunden zu helfen, erweisen euch die Elben eine besondere Ehre. Nutzt unsere Gaben mit Bedacht." Galadriel lief von Person zu Person und legte jedem etwas mit größter Vorsicht in die Hand, als könnten die Gegenstände jeden Moment zerbrechen. Frodo bekam das Elbenlicht, Merry und Pippin Dolche, Sam ein Elbenseil und Legolas einen neuen Bogen, der etwas länger und weitaus mehr verziert war als sein vorheriger. Wir verbeugten uns vor der Elbenkönigin und setzten uns in die Boote am Ufer, doch bevor ich einsteigen konnte, hielt mich eine federleichte Berührung auf meiner Schulter auf und als ich mich umdrehte, stand Galadriel vor mir. Ich konnte nichts in ihrem Blick lesen, doch meine Magie reagierte auf ihre und streckte sich ihr entgegen. Während sie mich ansah, schienen unsere Kräfte einen wilden Tanz zu vollführen, bis sie sich schließlich wieder beruhigten und Galadriel ihren Blick von mir nahm und sich umwandte. Das kribbelnde Gefühl, das aufgekommen war, verließ mich wieder und ich starrte mit gerunzelter Stirn auf den mir zugekehrten Rücken der Elbenkönigin. Doch sie drehte sich nicht mehr um und somit hatte ich keine Ahnung, was dieser Moment gerade eben zu bedeuten hatte.

Wir verließen Lothlorien mit dem warmen Licht der Vormittagssonne und ausgelassener Stimmung. Der Besuch im Elbenwald hatte unsere Gemüter beruhigt und gute Laune hinterlassen, die bis zum späten Nachmittag anhielt, als Legolas und Aragorn die Uruk-Hai bemerkten, die uns verfolgten. Von da an war die ganze Gemeinschaft angespannt, denn wir waren ohne Deckung in der Mitte des Flusses, perfekt sichtbar für unsere Feinde.

Doch uns geschah nichts, und so verbrachten wir eine Nacht am Ufer, ohne einen Zwischenfall. Der Boden, auf dem wir schliefen, war nicht besonders bequem ("ständig piekt mich eine Wurzel!" - "Sam!"), deswegen fühlte ich mich am Morgen, als wäre jemand mit dem Auto über mich drübergefahren. Mehrmals. Als ich aufstand, knackte meine Wirbelsäule so sehr, dass ich Angst hatte, sie würde zerbrechen, wenn ich mich noch etwas mehr streckte.

Als wir schließlich wieder in den Booten saßen, dauerte es nicht lange, bis wir an der nächsten, wunderschönen Stelle vorbeikamen. Ich ließ meine Hände durch das kühle Wasser gleiten und sprach durch meine Magie mit den Fischen, als Legolas mich antippte und nach vorne deutete. Der Anblick, der sich mir bot, hätte beinahe dazu geführt, dass unser Boot gekentert wäre. Zwei riesige Statuen mit jeweils einer ausgestreckten Hand umrahmten eine enge Passage, durch die der Fluss lief. Ihre steinernden Gesichter starrten in Richtung Horizont und tiefe Ehrfurcht erfasste mich, als unsere Boote sanft zwischen ihnen hindurchglitten. 

Das Rauschen eines Wasserfalls begrüßte uns auf der anderen Seite und wir steuerten unsere Boote an das Ufer. Die Orks waren immer noch auf unserer Spur, doch durch die Statuen fühlte ich mich viel sicherer, obwohl das eigentlich gar keinen Sinn mache. 

"bei Einbruch der Nacht überqueren wir den Fluss. Wir verstecken die Boote und gehen zu Fuß weiter", sagte Aragorn an, während wir unser Lager aufschlugen. "Wir nähern uns Mordor vom Norden her."

"Ach ja? Mit anderen Worten sollten wir uns also einfach durch die Emyn Muil kämpfen", grummelte Gimli, dem diese Idee anscheinend gar nicht zu gefallen schien. "Ein undurchdringbares Labyrinth, übersäht mit messerscharfen Felsen. Und danach wird es sogar noch besser! Da erwartet uns eine stinkende Sumpflandschaft so weit das Auge reicht!"

Aragorn, von Gimlis Widerworten unbeeindruckt, antwortete: "Genau das ist unser Weg." Daraufhin zogen sie sich gegenseitig auf und ich blendete ihr Gerede aus. Gerade als ich mich niedergelassen hatte, bemerkte Pippin, dass Frodo, kurz darauf Aragorn, dass Boromir fehlte.

"Ich gehe Frodo suchen", beschloss Aragorn und machte sich auf den Weg in den Wald, Gimli und Legolas auf seine Fersen. Sam rannte entschlossen in die andere Richtung, gefolgt von Merry und Pippin. Mich selbst verfluchend, dass ich nicht auf die Situation vorbereitet war, schnallte ich mir mein Schwert um und rannten den Hobbits nach, die Geräusche von aufeinanderklirrenden Waffen in meinem Ohr. 

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Ich möchte nur sagen: Dieses Kapitel. Holy moly, feels over 9000. 

 

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Herr Der Ringe FF - Take Me To Somewhere ElseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt