Kapitel 17

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Aragorn griff nach seinem Schwert, Legolas legte einen Pfeil an die Bogensehne, Gimli hob seine Axt kampfbereit und auch ich kam nicht um einen Schauer üben den Rücken herum. Den Gandalf, den ich kannte, hatte immer eine warme, sanfte Aura umgeben, die Bilder von gemütlichen Kaminfeuern und dem sanften Klopfen eines Regenschauers gegen eine Fensterscheibe hervorrief. Doch diese Aura verströmte ein anderes Gefühl, nicht mehr warm, sondern heiß... Und mächtiger. Als wäre aus dem Kaminfeuer ein Waldbrand geworden. 

"Ihr dürft ihn nicht sprechen lassen, sonst blendet uns sein Zauber", wisperte Aragorn und zog mit einem leisen Kratzen sein Schwert aus seiner Scheide. "Wir müssen geschwind sein."

Für ein paar Sekunden knisterte die Spannung in der Luft und mein Adrenalinspiegel stieg an, sodass ich am liebsten zehn Kilometer gerannt wäre, dann wirbelte der Waldläufer in einer flüssigen Bewegung herum, gleichzeitig schoss Legolas einen seiner Pfeile ab und Gimli warf eine Axt. Der weiße Zauberer hätte mindestens zweimal tot sein müssen, doch entweder wurden die Waffen vom strahlenden Licht abgelenkt, dass ihn umgab wie ein überdimensionaler Heiligenschein oder er zerbrach sie mit seiner Magie. So oder so spürte ich seine es, als sie kurz aufflackerte.

Aragorn ließ sein Schwert fallen und auch die anderen senkten ihre Waffen, als der Zauberer zu sprechen begann. "Ihr verfolgt die Spuren zweier junger Hobbits." Seine Stimme war verstellt - ich konnte sowohl Saruman als auch Gandalf heraushören.

"Wo sind sie?", rief Aragorn und ich bewunderte ihn dafür, dass er einer ihm unbekannten Macht standhielt und sich sogar gegen sie wehrte. 

"Sie sind hier durchgekommen, vorgestern", antwortete die helle Gestalt in monotoner Stimmlage. "Sie trafen jemanden, den sie nicht erwartet hatten. Tröstet Euch das?"

"Wer seid ihr? Zeigt Euch!"

Der Zauberer leistete seinem Befehl folge und trat aus dem Licht. 

"Das ist unmöglich", flüsterte Aragorn fassungslos und hinter ihm verbeugten sich Legolas und Gimli. 

"Verzeiht mir, ich hatte Euch für Saruman gehalten", sagte Legolas. 

"Ich bin Saruman", antwortete Gandalf. Selbst seine Stimme war verändert, sie klang ebenfalls mächtiger aber trotzdem konnte ich Spuren des alten Zauberers in ihr wiedererkennen. "Wohl eher wie Saruman sein sollte."

"Du bist gefallen!", widersprach Aragorn aufs Höchste verwundert und der Blick des Zauberers richtete sich auf die Ferne, als könnte er dort seine Vergangenheit erblicken.

"Durch Feuer und Wasser", antwortete er und erzählte, was geschehen war. Seine Worte malten Bilder in die Luft, von scheußlichen Ungeheuern, eiskalten Schneestürmen und der ungnädigen Hitze des Feuers. Auf meinem ganzen Körper bildete sich Gänsehaut, die für eine Weile nicht mehr verschwand. Als er den Namen Morgoth erwähnte, lief mit zusätzlich ein Schauer über den Rücken. War ich eigentlich mit ihm verwandt? 

Ich beschloss nicht weiter darüber nachzudenken. 

Als wir uns wieder in Bewegung setzten, war die ganze epische Stimmung dahin und Gandalf erzählte uns den weiteren Plan. Ich fand es bemerkenswert, dass er sofort wieder die Hosen anhatte und sagte, wo es langging. 

"Krieg ist über Rohan gekommen. Wir müssen nach Edoras reiten, so geschwind wir können." Es gab einige Widerworte, doch meine Aufmerksamkeit driftete wieder einmal vom Gespräch ab. Ich konnte nichts dafür; der Wald war einfach zu faszinierend. Ich spürte die Wut der Bäume, die sich träge im Wind regten, konnte die Tiere ausmachen, die sich im Gestrüpp verbargen und uns mit wachsamen Blicken verfolgten. Doch je mehr ich mich auf die Umwelt konzentrierte, desto stärker wurde das Gefühl der Falschheit. Tief im Waldinneren schien etwas Böses zu lauern, etwas sehr Altes, älter als die Bäume selbst, doch es war nur ein Hauch, der wie verborgen zu sein schien. Ich wusste, was es war. Es fühlte sich so ähnlich an, wie meine Verbindung zu den Valar, nur eben sehr viel schwächer. Es war die Verbindung zu Morgoth, die, wie auch immer, dunkle Spuren im Fangornwald hinterlassen hatte.

Als wir den Waldrand erreichten, pfiff Gandalf eine sanfte Melodie in den Wind und ziemlich schnell erschien ein weißes Pferd, größer als alle, die ich bis jetzt gesehen hatte, und schmiegte sich an Gandalfs Hand. "Schattenfell!" Der Zauberer lächelte und streichelte das Mearas ein paar mal. Wir setzten auf, ich wieder hinter Aragorn und ritten nach Edoras. 

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Der Ritt war recht ereignislos, doch wieder einmal wurde mir die Schönheit Mittelerdes vor Augen geführt. Das Nebelgebirge ragte westlich von uns auf, wie große Beschützer, während flacheres Land vor unsmit den verschiedensten Pflanzen und Blumen übersät war.

Als wir Rast einlegten wurde es schon dunkel, nur die letzten, schwachen Strahlen der Sonne verfärbten den Himmel in roten Tönen. Vor uns prasselte ein Lagerfeuer und ich hatte mich nah an es herangesetzt, um nicht zu frieren. Neben mir saß Gimli und hatte sich eine Pfeife angezündet, die er jetzt genüsslich rauchte. Gandalf und Aragorn standen etwas abseits und unterhielten sich, während Legolas die Gegend erkundete.

Als der Zwerg und ich also gemeinsam am Feuer saßen, kam ich nicht drum herum, an einen gewissen anderen Zwerg zu denken. Ich fühlte mich beinahe schlecht, dass ich nicht mehr so viel an ihn gedachte hatte, seit wir uns von den Hobbits getrennt hatten, doch der ganze Stress hatte nicht wirklich Zeit dafür gelassen.

"Gimli?", begann ich nach einer Weile. Ich bekam ein Grummeln als Antwort. "Was weißt du über Erebor?"

Der Zwerg sah mich für eine Weile abschätzend an, dann nahm er die Pfeife aus dem Mund und begann zu erzählen: "Mein Vater, Gloin, half einst Thorin Eichenschild den Drachen Smaug zu töten. Er hatte für eine sehr lange Zeit den Erebor besetzt und deshalb beschlossen sie, dem Grauen ein Ende zu machen." An dieser Stelle murmelte er etwas auf zwergisch, das sich nicht sehr nett anhörte. "Sie haben es auch geschafft, nachdem das dumme Ding sehr viel Schaden angerichtet hatte und es einen Krieg gab. Gegen die Elben. Eine gute Sache war das, wenn du mich fragst. Hatten die nötig, mal von Zwergen zurechtgewiesen zu werden. Vor allem dieser Schönling Thranduil!" Jemand räusperte und natürlich war es niemand anderes als Legolas, der gerade mit seinem Bogen in der Hand hinter dem Zwerg aufgetaucht war. Ich musste grinsen und Gimli drehte sich nicht einmal um, sondern grummelte nur noch eine zwergische Verwünschung in seinen Bart. 

Legolas ließ sich neben mich fallen und auch seine Mundwinkel verzogen sich nach oben. "Keine Bange, mein Freund. Ich nehme es Euch nicht übel. Welche Geschichte wird hier erzählt?"

"Die von Smaugs Niedergang und dem darauffolgenden Krieg", antwortete ich und bedeutete Gimli weiterzuerzählen.

"Den Krieg gewannen natürlich die Zwerge-"

"Und die Elben, gemeinsam", schob Legolas dazwischen.

"Von mir aus", fuhr Gimli fort. "Zumindest stand Erebor wieder unter der Befehl von Durins Geschlecht. Thorin Eichenschild wurde König unter dem Berge und bis jetzt hält seine Herrschaft an." Gimli machte eine kurze Pause. "Doch es herrscht Unruhe, denn der König ist bereits 255 Jahre alt, und Gerüchte werden laut, dass sein Neffe Fili  demnächst den Thron besteigen soll. Wie dem auch sei, er ist ein netter Bursche und durchaus dazu in der Lage, König unter dem Berge zu werden."

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Dieses Kapitel geht an Miri_Sa, da du in der letzten Zeit sehr fleißig Kommentare geschrieben hast! <3

Herr Der Ringe FF - Take Me To Somewhere ElseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt