Kapitel 34

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Als Gandalf aus dem Thronsaal zurückkam, stürmte er ins Zimmer, packte in Windeseile sein spärliches Gepäck zusammen und richtete dann seinen Blick auf Pippin.

"Ich reite nach Minas Tirith. Und du wirst mich begleiten."

Pippin hatte gar keine Zeit zu widersprechen, da griff der Zauberer nach seinem Arm und zog ihn hinter sich nach draußen.

Merry und ich wechselten schnell einen Blick, dann folgten wir den beiden nach draußen.

"Von allen naseweisen Hobbits, Peregrin Tuck, bist du der schlimmste. Hurtig, hurtig!", rief Gandalf, da der kleine Hobbit nicht mit seinem schnellen Schritt und seinen langen Beinen mithalten konnte. Ich konnte nur die Augen verdrehen. Seitdem Gandalf als neuer und weißer Zauberer zurückgekommen war, war ein unentspannt hoch tausend. Vielleicht lag es daran, dass er keine Pfeife mehr rauchte, aber egal was es war, es war nicht sehr entspannend. Doch ich besann mich eines Besseren und sagte nichts dazu. Vielleicht hätte ich ihm eine gestopfte Pfeife und Feuer geben sollen, als ich die Gelegenheit dazu hatte.

Auf der Hälfte des Weges sprintete Merry zu Pippin nach vorn. "Warum hast du hineingesehen? Warum musst du dir immer alles angucken?", fragte er zornig und stapfte dabei stärker als nötig mit den Füßen auf den Boden.

"Ich weiß nicht", antwortete Pippin zögerlich. "Ich konnte nicht anders!"

Wenn der Hobbit etwas von dem Zorn seines Vetters mitbekommen hatte, ließ er es sich nicht anmerken. Da es hier allerdings um Pippin ging, war ich mir ziemlich sicher, dass er nichts mitbekommen hatte.

"Das kannst du nie!" Merry blieb abrupt stehen und Pippin wäre fast in ihn hineingelaufen.

"Es tut mir wirklich leid", antwortete Pippin, der nicht mitzubekommen schien, dass Merry aufgewühlt war. "Ich werd's nie wieder tun!"

"Sag mal, hast du es immer noch nicht begriffen?! Der Feind glaubt, dass du den Ring hast!" Merry war ziemlich außer sich, doch das mussten die beiden unter sich ausmachen. "Er wird kommen und dich suchen, Pip. Deswegen müssen sie dich hier fortschaffen."

Pippin schien es endlich begriffen zu haben, dennoch fragte er: "Aber... aber du kommst doch mit mir." Merry wandte sich einfach nur ab und ging in die Ställe, in die Gandalf verschwunden war.

Ich näherte mich Pippin, der mit dem Rücken zu mir stand und in Richtung des Stalles blickte. "Nimm es ihm nicht übel", sagte ich und legte eine Hand beruhigend auf seine Schulter. "Er macht sich große Sorgen um dich, das musst du verstehen."

Pippin schwieg nur und nach einer kurzen Zeit ging auch er in die Ställe, gefolgt von mir. 

Gandalf und Merry standen schon bei Schattenfell und als Pippin ankam, hob Gandalf ihn mit Leichtigkeit auf den Rücken des Pferdes. 

"Wie weit ist Minas Tirith?", fragte Pippin mit kleiner Stimme.

"Ein Dreitagesritt, wie der Nazgul fliegt", antwortete Gandalf. "Aber lass uns hoffen, dass wir keinen von denen im Genick haben."

Als Gandalf sich abwandte, um seinen Stab zu holen, trat Merry an das Pferd heran und übergab Pippin fast schon feierlich einen kleinen Lederbeutel.

"Hier", sagte er. "Etwas für unterwegs."

"Aber das ist ja der Rest vom Langgrundblatt", antwortete Pippin verdutzt.

"Ich weiß, dass du keins mehr hast. Du rauchst einfach zu viel, Pip."

Es herrschte ein kurzer Moment des Schweigens zwischen den beiden, dann fragte Pippin leise: "Aber wir sehen uns doch bald wieder?"

Pippin schien das Gefühl, von seinem Vetter getrennt zu sein, nicht sehr gut zu bekommen, denn er zog ein Gesicht wie ein kleiner Welpe, den man gerade auf den Schwanz getreten war.

"Das werdet ihr", schob ich dazwischen, weil ich diesen Gesichtsausdruck nicht ertragen konnte. "Es wird eine Weile dauern, aber ihr werdet euch wiedersehen."

Die beiden Hobbits und Gandalf starrten mich kurz an, dann unterbrach Gandalf die Spannung, indem er Schattenfell antrieb und die drei schnell aus dem Stall galoppierten. Zurück blieben ein Hobbit, der ihnen traurig hinterherschaute und ein Mädchen, das bloß hoffte, dass Pippin Gandalf etwas vom Langgrundblatt abgeben würde.

Merry sprintete schnell aus dem Stall und hinauf zu der Art Wachturm an der Stadtmauer. Ich wusste, dass es bei Aragorn sicher war, weswegen ich mich auf den Weg zum Thronsaal machte.

Bevor ich jedoch dort ankommen konnte, war ich plötzlich in Bruchtal in einer Schmiede. "Aus Asche wird Feuer geschlagen", hörte ich Arwen in meinem Kopf sagen. "Aus Schatten geht Licht hervor. Heil wird geborstenes Schwert und König, der die Krone verlor." 

Mit jedem Satz, den sie sagte, schlug der elbische Schmied erneut auf die glühenden Teile des Schwertes, bis es um ein Fragment verlängert war. 

So schnell, wie die Version kam, war sie auch wieder verschwunden und ich befand mich wieder in Edoras auf den Treppen zur Goldenen Halle. Und Legolas stand direkt vor mir und sah mich verwirrt an.

"Geht es dir gut?", fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen. Ich bemerkte, wie komisch ich hatte aussehen müssen, als ich gerade für eine kurze Zeit einfach nur dastand und in die Leere gestarrte hatte, obwohl ich davor zielstrebig die Treppen nach oben gelaufen war.

Ich nickte und antwortete: "Ja, alles in Ordnung. Ich..." Ich zögerte kurz und entschloss mich dann, nicht die Wahrheit zu sagen, da sonst Aragorns späterer Moment ihn vielleicht nicht mehr auf dieselbe Weise beeinflussen würde. Ich lächelte Legolas kurz an. "Nur eine Erinnerung."

"An deine früheren Zeiten in Mittelerde?", fragte der Elb und ich hielt inne. Wollte er damit eine Anspielung an die letzte Nacht machen, wo er sich im betrunkenen Zustand teilweise hatte an mich erinnern können? Ich suchte in seinem Gesichtsausdruck nach einem Hinweis, doch er war unleserlich.

Ich runzelte die Stirn. "Vielleicht?"

"Wie lange weilst du schon in Mittelerde?", fragte Legolas interessiert und ging neben mir her die Treppen nach oben. "Du siehst sehr menschlich aus, doch ein Kind der Mächte könnte eben so gut älter sein als Vater."

Ich konzentrierte mich auf die Stufen, um Legolas nicht ansehen zu müssen. Immer noch fragte ich mich, ob er sich erinnern konnte oder nicht. Aber es wäre doch nicht möglich, dass er Vardas Zauber hatte zerstören können, oder?

"Das ist ein wenig kompliziert", antwortete ich schließlich vage. Mein anschließendes Zögern interpretierte Legolas wohl als eine Abschottung meinerseits, denn er entschuldigte sich sofort.

"Es ist nur...", fügte er hinzu. "Es kommt mir so vor, als hätte ich euch schon einmal gesehen, im Düsterwald, in meines Vaters Verliesen." Er sah mich fragend an. Ich suchte nach etwas, was ich darauf antworten könnte, doch mir fiel nichts ein. Ich musste erst einmal herausfinden, ob es gut oder schlecht war, dass Legolas sich an mich erinnern konnte.

"Ich-", begann ich schließlich, doch ich wurde von Eowyn unterbrochen.

"Alisa!", rief sie, als sie mich entdeckte. "Ich habe Euch schon überall gesucht. Ich möchte Euch etwas zeigen." Damit ergriff sie meine Hand und zog mich in die goldene Halle und ich war sehr froh über ihr Hereinplatzen in mein Gespräch mit Legolas, denn ich hatte keine gute Antwort für ihn auf Lager gehabt.

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Herr Der Ringe FF - Take Me To Somewhere ElseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt