Kapitel 44 (Lesetag Teil 4)

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"Nein", erwiderte Aragorn bestimmt und drehte sich endlich zu uns um. "Es gibt noch Hoffnung für Frodo. Er braucht Zeit und einen sicheren Weg über die Ebene von Gorgoroth. Dazu können wir ihm verhelfen." 

Ich konnte an Gandalfs Gesicht ablesen, dass er sowas von keine Lust auf weitere Schlachten hatte, aber wer konnte es ihm verübeln? Schlachten waren nichts als Blut, Tod und Anstrengungen. 

"Wie?" fragte Gimli.

"Wir müssen Saurons Streitmacht herauslocken, damit er sein Land entblößt. Wir bringen unsere ganze Kraft auf und marschieren zum Schwarzen Tor." 

Die Reaktionen von allen waren wahnsinnig lustig. Gimli zog zu stark an seiner Pfeife, sodass er husten musste. Eomer widersprach, dass wir nicht genug Waffenstärke für einen Sieg hatten. 

Ich konnte es ihnen aber nicht verübeln: Aragorns Plan klang wie eine und war auch eine Selbstmordmission. Aber da war etwas an ihm, was mich überzeugte. Die Art, wie er selbstbewusst im Thronsaal stand, als wäre er dafür gemacht. Wie die gigantische Größe des Thronsaales ihn nicht winzig erscheinen ließ, sondern ihn unterstützte und seinen Worten Macht gab.

"Nicht für uns", stimmte Aragorn Eomer zu. "Aber so lenken wir die Aufmerksamkeit von Frodo ab, wenn sich Saurons tödlicher Blick nur auf uns richtet. Wenn er blind bleibt für alles, was sich sonst bewegt." 

"Eine Ablenkung", kombinierte Legolas, der bis jetzt noch nichts gesagt hatte. 

"Den Tod als Gewissheit? Geringe Aussicht auf Erfolg? Worauf warten wir noch?", fragte Gimli. Ich musste trotz der ernsten Situation ein wenig grinsen, als ich die altbekannten Worte von Gimli hörte. 

Gandalf wandte ich Aragorn zu. "Sauron wird eine Falle wittern. Er wird sich nicht ködern lassen." 

Ich war kurz davor, etwas zu sagen, doch dann sah ich das halbe, verschmitzte Grinsen auf Aragorns Gesicht und hielt meine Klappe.

"Doch, ich glaube, das wird er."

Damit war die Versammlung beendet und alle verließen den Thronsaal. Ich beschloss, noch einmal bei Eowyn vorbeizuschauen, weil ich es ihr versprochen hatte und jetzt noch etwas Ablenkung gebrauchen konnte. Um ehrlich zu sein hatte ich gar keine, aber auch wirklich absolut keine Lust, noch eine Schlacht auszufechten, aber ich klammerte mich wie immer an den Gedanken an Fili. Noch diese Schlacht überleben und durchstehen, dann konnte ich mich auf den Weg zum Erebor machen und ihn endlich wiedersehen. Als ich über ihn nachdachte, bemerkte ich, dass ich zwar noch wusste, wie sein Gesicht aussah, aber nicht mehr wusste, wie seine Stimme klang. Dieser Gedanke füllte mich mit Panik, doch ich drängte sie an den Rand meines Bewusstseins. Ich musste erstmal einen kühlen Kopf bewahren.

Als ich bei Eowyn ankam, klopfte ich an ihre Tür und sie rief mich hinein. Sie stand an ihrem altbekannten Ort vor dem Fenster und schien etwas zu beobachten. Ich gesellte mich zu ihr und folgte ihrem Blick, bis ich Faramir entdeckte, der ein paar Meter entfernt an eine Säule gelehnt stand und in Gedanken versunken zu sein schien. Gerade, als ich mich anwenden und auf das Bett setzten wollte, hob er seine Blick und fing Eowyns Blick auf. Er nahm anscheinend nur sie wahr, denn er lächelte vorsichtig und ignorierte mich vollkommen. Als Eowyn zurücklächelte, zog ich die Augenbrauen nach oben und tat so, als würde ich mich erbost auf das Bett fallen lassen, um Eowyn zu ärgern. Natürlich freute ich mich insgeheim über die beiden, ließ es mir aber nicht anmerken.

Als Eowyn das bemerkte, lachte sie und ließ sich auch auf das Bett fallen. Es war schön, sie lachen zu hören. Ich musste dann doch grinsen und wir unterhielten uns ziemlich lange über Faramir (und es war lustiger, als ich es mir hätte vorstellen können).

Irgendwann schweiften wir dann vom Thema ab und Eowyn erzählte mir, wie Eomer sie früher immer geärgert hatte, als sie jünger gewesen waren.

"Er zog ständig an meinen Haaren!", rief Eowyn gerade und lachte. Dann beugte sie sich zu mir, als wolle sie mir ein Geheimnis erzählen und flüsterte: "Ich glaube er war schon immer neidisch, dass ich die längeren Haare hatte."

Wir kicherten beide hysterisch und als wir uns beruhigt hatten, fragte Eowyn: "Was ist mir dir? Wo lebt deine Familie?"

Das Lächeln fiel aus meinem Gesicht und ich fühlte mich schrecklich, da ich kaum an sie gedacht hatte, während ich hier war. Ein Teil vor mir sagte, dass das doch nicht schlimm war, weil ich eh kaum Zeit zum Denken gehabt hatte, seitdem ich zum zweiten Mal in Mittelerde gelandet war, doch tief im Inneren wusste ich, dass das nicht stimmte, immerhin hatte ich reichlich Zeit gehabt, über Fili nachzudenken.

"Verzeih mir, ich habe nicht über meine Frage nachgedacht. Bitte vergiss, dass ich gefragt habe", entschuldigte sie sich hastig.

"Nein, das ist schon gut", fiel ich ihr ins Wort und legte eine beschwichtigende Hand auf ihre. "Sie, ähm... Die Situation ist nur etwas kompliziert. Ich rede nicht so gerne darüber."

Ich fühlte mich nur noch schlechter, dass ich ihr nicht alles erzählte, aber Eowyn drückte meine Hand und lächelte sanft. "Wenn du je über sie erzählen möchtest, ich höre dir gern zu."

Ich drückte ihre Hand nochmal und lächelte ebenfalls, doch in dem Moment bekam ich stechende Kopfschmerzen an den Schläfen und ließ erschrocken Eowyns Hand los.

"Alisa? Was ist passiert?", fragte sie. Ich schüttelte nur den Kopf und massierte meine Schläfen, um die Schmerzen zu lindern, doch sie gingen nicht weg. Dann fiel es mir ein.

"Der Palantir", keuchte ich. "Jemand hat den Palantir angefasst!"

Ich stürmte aus dem Zimmer zum Thronsaal. Je näher ich ihm kam, desto stärker wurden die Schmerzen in meinem Kopf, doch ich biss die Zähne zusammen. Als ich die Tür aufstieß, sah ich gerade noch, wie Aragorn den Palantir fallenließ. In dem Moment, indem seine Hand den Stein losließ, hörten meine Kopfschmerzen abrupt auf. 

Ich hörte ein sanftes Klirren, als würde etwas Kleines zerbersten und Aragorn sah schockiert auf eine Stelle auf dem Boden. Ich sah viele kleine und glitzernde Scherben auf dem Boden liegen und bemerkte, dass das der Anhänger war, den Arwen Aragorn gegeben hatte und den er gehütet hatte wie seinen Augapfel. 

Ich wusste nicht, was ich machen sollte, trotzdem ging ich zu ihm hin und sagte leise: "Es ist noch nicht zu spät. Sobald Frodo den Ring zerstört hat, wird Sauron verschwinden und Arwens Lebensgeist wird zurückkehren." Ich legte ihm vorsichtig eine Hand auf die Schulter und drückte sie leicht, doch Aragorn reagierte nicht darauf. Für eine Weile war es ruhig, bis Aragorn flüsternd fragte: "Wie kannst du dir dessen so sicher sein?" 

Er sah mich nicht an, sondern starrte auf die Scherben. Ich schüttelte den Kopf.

"Ich weiß es einfach."

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Leute, Aragorn ist so HOT. Danke für eure Aufmerksamkeit.

Herr Der Ringe FF - Take Me To Somewhere ElseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt