Als wir in die Burg zurückkehrten, konnte ich das Ausmaß der Schlacht erst in seiner vollen, bitteren Pracht sehen. Der Boden war mit Leichen bedeckt, von Orks und Menschen gleichermaßen, und dort, wo keine toten Körper lagen, wurde der Grund mit rotem und schwarzem Blut überzogen. Ich hatte noch nie mitbekommen, wie es nach einer Schlacht aussah: Die Filme zeigten es nie, und wenn doch eher in einer schöneren Form als die grässlich verformten Köpfe der Uruks, in denen teilweise noch Waffen steckten, die verdrehten Körper der Menschen, die mehrmals von Uruks überrannt wurden und dem abnormalen Geruch nach Blut.
Mir wurde übel und ich versuchte mich so diskret wie möglich hinter einem Busch zu übergeben.
Mich hatte es wahrscheinlich noch schlimmer getroffen als alle anderen: Ich war nicht an Schlachten gewöhnt und außerdem konnte ich den Tod spüren, der wie eine dicke Decke über der gesamten Festung lag und einen bitteren Geschmack auf meiner Zunge hinterließ, dank meiner Abstammung von Mandos und Lorien, den Herren der Geister.
Ich spürte eine federleichte Berührung auf meinem vorgebeugten Rücken und als ich mich aufrichtete, stand Eowyn vor mich und schenkte mir ein mitleidsvolles Lächeln. Bevor ich etwas sagen konnte, schloss sie mich in eine feste Umarmung und es schien ihr egal zu sein, dass ich nach einer ekelhaften Mischung aus Orkblut und Schweiß riechen musste. Als sie sich wieder von mir löste, legte sie eine Hand an meine Wange und lächelte weiter, ohne etwas zu sagen. Der Kontakt tat mir sehr gut: Immer wenn es mir schlecht ging, brauchte ich jemanden, der mir Zuneigung schenkte. Eowyn schien so einer Person zu sein, die immer genau wusste, was eine Person brauchte und es - so weit sie es konnte - auch sofort ohne zu zögern gab.
Als ich mich umsah, bemerkte ich, dass die meisten der Soldaten bereits anfingen, die Leichen zu bergen und alles aufzuräumen. Eigentlich wollte ich nicht mithelfen, da es mich anekelte und ich schon so ziemlich am Ende meiner Kräfte war, doch bevor ich mich damit auseinandersetzen konnte, ob ich half oder nicht, kam Gandalf auf mich zu und begrüßte uns.
"Alisa! Ich bin so froh, Euch zu sehen." Er setzte sich auf einen großen Stein, der auf dem Weg lag. "Und Eowyn! Sind alle Frauen und Kinder wohlauf?"
Eowyn nickte und antwortete: "Das sind sie. Wo wir gerade davon sprechen, ich muss wieder zu ihnen und sehen, wie ich ihnen helfen kann." Sie nickte Gandalf zu und legte mir lächelnd eine Hand auf die Schulter, die ich kurz ergriff, und dann ging sie in Richtung unterirdische Höhlen.
"Wie geht es Euch?", fragte Gandalf, als Eowyn hinter einer Ecke verschwunden war.
Ich zuckte mit den Schultern und holte tief Luft, dann erzählte ich ihm von meiner verschwundenen Magie, wie sie plötzlich weg war und dass ich sie nicht wiederbekommen konnte, was ich auch versuchte (nicht, dass ich viel versucht hatte, denn obwohl ich so ziemlich eins der magischsten Wesen dieser Welt war, wusste ich kaum etwas darüber). Gandalf hörte mir aufmerksam zu, während er seine Pfeife stopfte, und als ich geendet hatte, nickte er.
"Ja, von diesem Phänomen habe ich schon etwas gelesen. Ihr müsst es Euch so vorstellen: Magie ist auch wie ein Wesen dieser Welt, welches Bedürfnisse hat wie jeder Mensch. Auch sie braucht Zeit zu ruhen und kann nur bis zu einem bestimmen Punkt ausgereizt werden, bevor sie so aufgezehrt ist, dass sie einfach wie ein Mensch in eine Art Ohnmacht fällt."
"Aber das bedeutet, dass sie wieder zurückkehrt, richtig?", fragte ich hoffnungsvoll und der Zauberer nickte.
"Nachdem sie eine Weile geschlafen hat, steht sie Euch wieder nach Belieben zur Verfügung." Er nahm einen Zug von seiner Pfeife und stieß den Rauch mit einem weiteren Atemzug wieder aus. "Es werden weitere Schlachten folgen", bemerkte er und zog noch einmal. "Ihr müsst Eure Magie weiter kräftigen, damit sie Euch länger zur Verfügung steht."
Ich nickte verstehend und fragte: "Wie mache ich das?"
Gandalf seufzte. "Das ist das Problem: Jede Magie funktioniert anders, deswegen ist es schwer zu sagen. Meistens hilft es, wenn Ihr versucht, eine positive Beziehung zu ihr aufzubauen, so seltsam das in Euren Ohren auch klingen mag. Ihr habt Eure Magie bis jetzt nur wie ein Werkzug genutzt, das Ihr nach Belieben schwingen könnt, doch um wirklich mächtig zu sein müsst Ihr Eure Magie zu verstehen wissen. Nur dann könnt Ihr erfolgreich in großen Schlachten kämpfen."
Jetzt wo ich darüber nachdachte, machte es sogar Sinn: Ich hatte gar nicht daran gedacht, meine Magie als mir ebenbürtig anzusehen. Ich hoffe, ich hatte sie nicht beleidigt, sodass sie nie wiederkommen würde.
Ich musste ziemlich verwirrt ausgesehen haben, denn in Gandalfs Gesicht fand sich der Hauch eines Schmunzelns. Ich verabschiedete mich stirnrunzelnd von ihm und ging meines Weges, um die Gefährten zu finden, als plötzlich unerwartet aus einer Ecke eine Wache kam und in mich hinein lief. "Verzeihung!", rief der Mann und sah dabei so aus, als hätte er einen Geist gesehen. Ich winkte ab und wollte weitergehen, als der Mann erneut das Wort ergriff.
"Ich habe Euch vor der Schlacht mit einem Jungen reden sehen", begann er zögerlich. Das Blut schien in meinen Adern zu gefrieren, als ich mir Ausmahlte, was die Wache mir alles erzählen könnte. "Ich sollte Euch die Botschaft weiterleiten, dass der Körper des Jungen gefunden wurde. Er ist tot. Es tut mir leid." Die Wache sah mich bedauernd an und als ich nichts erwiderte, ging er einfach weiter.
Ich ließ mich an der Wand hinuntergleiten, zog meine Beine an die Brust und schlang meine Arme um sie. Ich kannte den Jungen kaum, nur seinen Namen und dass er Todesangst hatte. Ich hatte ihm versprochen, dass alles gut werden würde. Und ich hatte dieses Versprechen nicht halten können.
Nachdem ich eine Weile in der Ecke gesessen hatte und blicklos ins Leere gestarrt hatte, rappelte ich mich wieder auf und beschloss, wenigstens etwas produktiv zu sein und den anderen bei ihrer Arbeit zu helfen.
Die nächsten drei Tagen waren wir damit beschäftigt, Leichenhaufen zu stapeln und den der Uruks schließlich zu verbrennen. Ich sah immer wieder Familien, meistens Frauen und Kinder, die eine Leiche entdeckten und sich schreiend und weinend neben sie niederließen, um um sie zu trauern. Ich konnte ihren Kummer spüren und diesmal zehnmal so sehr wie in Edoras, doch diesmal konnte ich ihn besser verstehen und dadurch auch besser aushalten.
In Mitten all der Trauer und Schwere traf ich meine Gefährten wieder und ihr Anblick schenkte meinem Herzen wieder Hoffnung, die Art, wie sie der ganzen Trauer trotzten und dumme Witze rissen, die Art, wie sie sich gegenseitig Unterstützung gaben. Und dann bemerkte ich: Ich war auch ein Teil von alle dem. Ich war ein Teil unseres komischen Zusammenschlusses gegen all das Böse von Mittelerde.
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Leute, ist diese Fanfiction zu Alisa x Eowyn mutiert? what the heck ist hier passiert haha - keine Sorge, Fili wird the one and only für Alisa bleiben, i promise.
Willkommen in 2018! Seid ihr gut reingerutscht? Wie habt ihr geferiert?
Das war schon der zweite Teil!!! Ich bin so froh, dass ich das endlich geschafft habe, ihr habt gar keine Idee. Aber das heißt auch, dass jetzt der dritte Teil kommt, urgh. Viele viele Schlachten, ich freue mich (nicht). Ohne Witz, Schlachten mit einem super krassen special Magie-Mädchen zu schreiben ist so schwer???
Wie dem auch sei, cuio vae, mellyn!
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Herr Der Ringe FF - Take Me To Somewhere Else
FanfictionEin paar Jahre sind vergangen seit Alisa die Zwerge vom Erebor unterstützt und vor dem Tod gerettet hat. Jetzt rufen die Valar wieder nach ihr und ein zweites Mal wird sie in Mittelerde erwartet. ~ Teil 1: Hobbit FF - Take Me To Somewhere Else