Geständnisse

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Damon's P.O.V

Nachdem wir nach Hause gefahren waren, war Emilia sofort nach draußen zu ihren Brüdern gelaufen und meine Mutter nach Oben. Auf der Heimfahrt war sie still gewesen, hatte kein Wort gesagt. Aber was erwartete sie von mir? Wahrscheinlich das wir zusammen einen dieser Mutter Sohn Tänze besuchten, die sie in den Schulen immer veranstalteten. Die Frau raubte mir wirklich den letzten Nerv.
"Damon?", riss Ashley mich aus meinen Gedanken und fuchtelte mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herum. "Was ist los?"
"Meine Mutter ist los. Mitten im Ballett Saal hat sie mich gefragt, warum ich sie hassen würde. Als gäbe es dafür keinen besseren Zeitpunkt, als in einem Saal voller neugieriger Mütter", berichtete ich. "Hat mein Vater sich wenigstens benommen?"
Ich war mir noch immer nicht sicher, ob es richtig gewesen war, Giuseppe hier bei meiner Frau und meinem Sohn zu lassen. War mir nicht sicher, ob es richtig war, meine Eltern hier wohnen zu lassen, wenn ich die Umstände bedachte. Wir waren einfach keine Familie, wir waren nie so gewesen, wie die anderen. Schon damals nicht. Alles was wir dargestellt hatten, war eine Zweckgemeinschaft, obwohl es bis zum Zeitpunkt des Todes meiner Mutter vielleicht anders gewesen war. Vielleicht waren wir bis zu diesem Zeitpunkt wirklich so etwas wie eine Familie. Das hatte sich geändert und es würde nie wieder so werden. Ich sprach meine Eltern nur noch mit ihren Vornamen an und ich versuchte mir gar nicht erst, etwas vorzumachen. Diese Leute würden niemals meine Eltern sein. Meine Familie war groß genug, auch ohne diese Beiden und ich war mir nicht sicher, ob ich sie jemals würde akzeptieren können.
"Überraschenderweise war Giuseppe mir sogar eine Hilfe", antwortete sie. "Er ist mit Aiden und Damian draußen im Garten und passt auf, dass sie nicht im See ertrinken."
Kaum das die Worte ihren Mund verließen, hatte ich mich angespannt und eine Abwehrhaltung eingenommen. Mein Vater war da draußen und passte bereits den ganzen Vormittag auf meinen Sohn und meinen Neffen auf? Etwas in mir sträubte sich dagegen, zu akzeptieren, das er mit ihnen den Tag verbrachte und auf sich Acht gab. Irgendwie passte das einfach nicht in das Bild, welches ich von meinem Vater hatte. Nie hatte er etwas mit Kindern anfangen können, und ausgerechnet jetzt musste er seine Meinung bei meinen Kindern ändern.
"Damon, bleib ruhig", bat Ashley mich eindringlich und legte eine Hand an meine Wange, um sie in meinen Nacken gleiten zu lassen, und den Haaransatz dort zu kraulen. "Ich hab die Jungs vorher gefragt, ob sie damit einverstanden sind, und Giuseppe hat mir deutlich gemacht, dass er seine Enkelkinder besser kennenlernen möchte. Solange er nichts tut, was Damian und Aiden nicht wollen, ist doch alles in Ordnung."
Wahrscheinlich hatte sie Recht und ich regte mich wirklich zu sehr über das alles auf. Seufzend lehnte ich mich nach vorne und schloss meine Arme um ihren Körper. Vielleicht sollte ich meinen Kindern zu liebe wirklich versuchen, meinen Eltern mehr vertrauen entgegenzubringen, ich wollte nämlich unbedingt vermeiden, dass Aiden, Emilia oder Damian sich etwas von meinem Verhalten absahen.
"Wenn die Beiden hier wohnen bleiben, kann ich es sowieso nicht verhindern", erwiderte ich und löste mich wieder von ihr, um einen Blick an ihr vorbei in den Garten zu werfen.
Das Bild das sich mir bot war so außergewöhnlich, dass ich die Augenbrauen zusammenzog und die Arme vor der Brust verschränkte. Damian und Aiden trugen nichts weiter als ihre Badehosen und waren vollkommen durchnässt, was wegen der Hitze aber nicht weiter schlimm war, als sie mit ihren Wasserpistolen und einem Football durch den Garten rannten. Giuseppe saß auf einem Gartenstuhl in der Nähe der Beiden und beobachtete sie mit einem Lächeln auf den Lippen. Ich fragte mich unweigerlich, was in seinem Kopf vorging.
"Geh schon raus und rede mit ihm", forderte Ashley mich auf, als hätte sie meine Gedanken gelesen.
Obwohl ich kein großer Fan dieses Mannes war und mir hätte vorstellen können, den Tag mit etwas sinnvolleres zu verbringen, als mit einem Mann zu reden, der es nicht wert war, ein Wort an ihn zu richten, rang ich mich dazu durch, nach draußen zu gehen und mich in den Gartenstuhl neben ihn zu setzen. Eine Weile war es still zwischen uns und ich folgte mit meinen Augen einfach nur den fließenden Bewegungen meines Sohnes.
"Diese Kindern erinnern mich sehr an dich und Stefan", brach Giuseppe irgendwann das unangenehme Schweigen und seufzte resigniert.
"Woher willst du das wissen? Du hast uns doch nie so gesehen", erwiderte ich schroff, ohne den Blick von den Jungs abzuwenden.
Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass mein Vater Stefan und mich irgendwann einmal dabei beobachtet hatte, wie wir spielten. Zumal das sowieso nicht oft vorgekommen war. Zwischen uns hatten sieben Jahre Altersunterschied gelegen, daher hatte ich meistens als Aufpasser fungiert, wenn Stefan zum spielen draußen war, oder ihm mit einem Rat zur Seite gestanden. 
"Glaubst du wirklich, dass ich mich kein Stück für euch interessiert habe?", wollte er von mir wissen und einen Moment glaubte ich wirklich, er würde das Ironisch meinen.
Doch als ich ihn ansah, stand ihm die Ernsthaftigkeit ins Gesicht geschrieben. Er meinte das wirklich ernst.
"Wenn du dich doch für uns interessiert haben solltest, dann hast du das ziemlich gut versteckt", meinte ich monoton und zuckte mit den Schultern.
Das letzte Mal hatte ich mit ihm geredet, als ich ihm geschworen hatte, dass ich ihn, sollte er es sich wagen meine Kinder genauso zu behandeln wie seine eigenen, umbringen würde. Und ich fragte mich wirklich, wie lange dieses Gespräch noch friedlich verlaufen würde.
"Denkst du wirklich, ich habe nicht mitbekommen, wie Stefan sich in dein Bett geschlichen hat, wenn es Gewitterte oder ich wieder nicht nach Hause kam? Ich weiß von dem Versprechen, dass deine Mutter dir vor ihrem Tod abnahm. Und ich habe dir das nie so gesagt, Damon, aber ich bin dir wirklich dankbar dafür, dass du auf deinen kleinen Bruder aufgepasst hast, wenn ich die Beherrschung verloren habe und es nicht konnte."
"Schlagen wolltest du ihn", zischte ich ihn an. "Er war noch zu klein um sich zu wehren und du wolltest ihn schlagen."
"Du hast dich vor ihn gestellt und jeden Schlag abgefangen. Immer habe ich dir vor den Kopf geworfen, du wärest ein Feigling und zu nichts zu gebrauchen, aber du hast dich vor deinen kleinen Bruder gestellt und alles auf dich genommen." Ich hörte ihn schnauben und konnte die Wut, die sich in mir angestaut hatte, förmlich spüren. War er jetzt etwa stolz auf mich, weil ich mich hatte schlagen lassen? Das war das lächerlichste, was ich je aus seinem Mund gehört hatte. "Ich war kein Vater für dich, Damon, und ich kann das nicht wieder gut machen, deshalb werde ich dir auch nicht verdenken, dass du mich hasst und mich nicht in der Nähe deiner Kinder haben willst."
Überrascht sah ich ihn an und versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Ich wollte ihn am liebsten wirklich nicht in der Nähe meiner Kinder haben, oder in der Nähe meiner Frau und meines Bruders, doch ich konnte daran nichts ändern. So egoistisch durfte ich nicht sein, doch ich rechnete es den anderen hoch an, dass sie mit solchen Fragen zu mir kamen, und um Zustimmung baten. Doch ich würde solche Entscheidungen niemals alleine treffen und den Posten, den sie mir in dieser Familie geboten hatten, ausnutzen.
"Eine Frage habe ich allerdings noch", platze es aus mir heraus und endlich sah auch Giuseppe mich an, während ich hart schluckte. "Warum hasst du mich?"
Es waren die exakten Worte meiner Mutter und nachdem ich diese Frage ausgesprochen hatte, tat es mir leid, wie ich Sarah vorhin behandelt hatte, und ich beschloss, noch mit ihr zu reden. Denn jetzt wusste ich, wie man sich fühlte, wenn man es war, der diese Frage stellte, anstatt der zu sein, der sie beantworten musste. 
"Weil du mich an deine Mutter erinnerst", antwortete er mir schlicht. "Ich hab sie verloren, obwohl ich sie geliebt habe und du hast mich immer wieder daran erinnert. Immer wenn ich dich angesehen habe, habe ich sie gesehen. Ihre Augen, ihre Haare, ich habe dich dafür gehasst, das du aussiehst wie sie. Und du hast mich mit deinem ganzen Charakter an sie erinnert. Immer alles für die Familie aufzuopfern..."
"Danke, dass du ehrlich zu mir bist", sagte ich und stand auf.
Den weiteren Gesprächsverlauf wollte ich mir lieber nicht ausmalen und deshalb beschloss ich, es jetzt zu beenden, wo es noch gut lief. Nach diesem Gespräch fühlte ich mich seltsamerweise unglaublich erschöpft und setzte mich im Wohnzimmer auf das Sofa. Wahrscheinlich war es besser, das Gespräch mit meiner Mutter noch einige Tage aufzuschieben. Vielleicht würde sie auch nicht darauf beharren mit mir zu reden, und ich kam aus der ganze Sache einfach so raus. Meine Ruhe dauerte jedoch nicht lange, dann war meine Frau bei mir, legte ihren Kopf in meinen Schoß und streckte die Beine von sich.
"Alles in Ordnung?", wollte sie wissen und sah mich besorgt an. 
Ich schüttelte nur den Kopf und strich über ihr Haar. Noch wollte ich nicht darüber reden. Ich war viel zu aufgewühlt, um jetzt das Gespräch mit meinem Vater revue passieren zu lassen. Mit ihm zu reden und mir die Wahrheit anzuhören, hatte mich angestrengt und ich wollte das nur noch verdrängen, bis ich bereit war, mich dem zu stellen. 
"Du muss jetzt nicht darüber reden, Damon. Aber es wäre schön, wenn du zu mir kommst, sobald du so weit bist."
"Mach ich, Prinzessin", versprach ich und beugte mich nach Unten, um ihr einen Kuss auf die Stirn zu küssen.
Egal was ich tat oder mir einzureden versuchte, Ashley war für mich einfach das Beste Beruhigungsmittel. Und obwohl sie zu ihren Eltern ein gutes Verhältnis pflegte - das natürlich auch mit genügend Höhen und Tiefen verbunden war - schien sie mich zu verstehen.
"Ich muss mich bei dir bedanken", stellte ich nüchtern fest, woraufhin sie mich skeptisch ansah. "Dafür, dass du immer für mich da bist."
Sie brachte sich in eine aufrechte Position und setzte sich so auf meinen Schoß, dass ihr Rücken von der Armlehne gestützt wurde. Eine Hand legte sie an meine Wange und strich sanft darüber. Der Ausdruck in ihren Augen bescherte mir eine Gänsehaut. Sie strahlte noch genauso viel Liebe aus, wie am ersten Tag. Wir waren wie füreinander geschaffen, egal ob es eine Legende gab, oder nicht, daran zweifelte ich nicht mehr. Sie war meine Frau, ich hatte sie nicht geheiratet, weil ich mich von einer höheren Macht dazu berufen fühlte, sondern weil ich mich dazu entschieden hatte, den Rest meines Daseins mit dem wundervollsten Menschen zu verbringen, der mir je begegnen würde. Weil ich sie über alles liebte und sie mir das größte Geschenk gemacht hatte, als sie meinen Antrag annahm.
"Damon, ich will dir etwas sagen, und ich will, dass du das nie wieder vergisst", sagte sie und ich nickte schnell. "Egal wie oft wir uns streiten und egal, ob wir oder jemand anders an unserer Liebe zweifelt, ich weiß was ich für dich empfinde. Du bist mein Leben und ich liebe dich. Ich werde immer da sein um dich aufzufangen und dir wieder auf die Beine zu helfen, selbst wenn du mich nicht bei dir haben willst. >>In Liebe für immer<< nehme ich ziemlich ernst."
Vollkommen sprachlos sah ich sie an. In den letzten Wochen hatte ich mir ein dummes Ding nach dem anderen geleistet und war fest davon überzeugt, dass sie irgendwann einfach gehen würde, doch sie blieb und dann sagte sie auch noch solche Dinge zu mir. Ich wusste wirklich nicht was ich darauf erwidern sollte, also nahm ich einfach ihr Gesicht zwischen meine Hände und presste fast schon verzweifelt meine Lippen auf ihre.
"Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich dich liebe", brachte ich heraus. "Du bist einfach... keine Ahnung... ich finde keine Worte dafür. Du bist das Beste, was mir passieren konnte." Noch einmal drückte ich meine Lippen auf ihre, nur um ihr dann wieder in die Augen zu sehen. "Und ich werde auch immer da sein, um dich aufzufangen. Denn du hast nur das Beste verdient... es ist grade genug für dich, Prinzessin."


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