Prison / h.s

33-Damals

Nachdem Harry und Maya von einem Chauffeur direkt von dem Privatflieger in ein Auto geschoben wurden, steigen sie nun nach einer sich endlos lang anfühlenden Fahrt wieder aus dem schwarzen Range Rover aus. Um sie herum befindet sich scheinbar endloses Grün, das aus zahlreichen Bäumen, Wiesen und Feldern besteht. Lediglich direkt vor ihnen zerstört eine enorme Fabrik die wunderschöne Landschaft, an der sich der Mann kaum sattsehen könnte.

Er greift nach der Hand der Person rechts neben sich und murmelt: „Ich wollte schon immer Puerto Rico besuchen." „Glaub mir, auf den ersten Blick ist alles toll, doch nach spätestens einem Monat langweilst du dich hier zu Tode. In Cayuco passiert nie etwas", erklärt Maya ihm und setzt sich in Bewegung, zieht ihn mit sich mit.

Mit jedem Schritt, den sie sich der grauen, trist wirkenden Fabrik nähern, fühlt Harry, wie sich Magen verkrampft, Nervosität breitet sich in ihm aus. Er weiß, dass seine Handflächen warm und verschwitzt sind, dass die Frau wahrscheinlich bereits angewidert ist und sich seinem Griff entreißen will, dennoch klammert er sich an ihre Finger. Dank eines Zahlencodes, den Maya auf einem Bildschirm an der Wand rechts neben dem großen Tor eintippt, sowie ihrem Fingerabdruck gelangen sie schließlich in das Gebäude.

Entgegen Harrys Erwartungen sind die Wände nicht grau, sondern in einem hellen beige angestrichen. Der Fußboden besteht aus poliertem Marmor, in dem er sein Spiegelbild erkennen kann. Links von ihm befindet sich eine erhöhte Fläche, die ähnlich eines Wohnzimmers eingerichtet wurde. Teuer aussehende Möbelstücke schmücken das große Zimmer, auf der rechten Seite gibt es sogar eine moderne Küche.

„Hier habe ich früher gewohnt. Die Stufen vor uns hinauf und wir kommen zu den Schlafzimmern, meistens habe ich mein Bett mehrmals in der Woche gewechselt, weil es erstens so viele gibt und zweitens meine Eltern wahllos auf irgendeinem gevögelt haben, das meistens mein derzeitiges war", erzählt Maya und deutet mit einem Kopfnicken auf die zwei Treppen, die von links und rechts zu einem breiten Türrahmen führen.

Aus diesem tritt soeben eine Frau, beschäftigt mit dem Handy, das sie an ihr linkes Ohr gedrückt hält. Ihre Stimme ist laut, sie lacht gekünstelt auf, wodurch Harry trotz der Entfernung strahlend weiße Zähne erkennen kann. Ihre Lippen sind strahlend rot gefärbt, ihr Make-Up wirkt, als wäre es von einem professionellen Stylisten gemacht worden.

Sie stöckelt die Stufen mit ihren schwarzen High-Heels hinunter, mit jedem Schritt erzeugen die Absätze ein Geräusch auf dem Boden. Sofort fällt Harry auf, dass ihr Körper langgezogen wirkt, sie ist dünner als Maya. Die Beine sind nur knapp mit einem kobaltblauen Minikleid bedeckt, das beinahe ihre überdimensional großen Brüste entblößt und eng an ihrer Haut liegt. Diese erinnert ihn an die Farbe eines Latte Macchiatos.

„Mein Zayn ist leider nicht hier, wahrscheinlich ist er in Los Angeles geblieben", erklärt die Unbekannte mit hoher Stimme dem Gesprächspartner am Telefon. Sie fährt sich über die prunkvolle Halskette, die durch das natürliche Licht, das durch die großen Fenster in den Raum eindringt, glitzert. Eine einzige fast schwarze, lange Locke hängt vor ihrem Oberkörper hinab, die sie jedoch mit einer schnellen Handbewegung nach hinten streicht.

Um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen räuspert sich Maya und für einen Moment wird sie von den dunkelbraunen Augen angesehen. Doch dann wendet die Frau sich provokativ von dem Paar ab und spricht wieder mit der Person an der Leitung. Frustriert bläst die Rothaarige die Luft aus und seufzt: „Darf ich vorstellen? Meine Stiefmutter, Claudina. Der Traum jedes Mannes."

„Ich bevorzuge dich, Baby", haucht Harry sanft lächelnd und gibt ihr einen federleichten Kuss auf die Lippen. Er lässt ihre Hand los, um kurz darauf den linken Arm um ihre Taille zu schlingen und sie näher zu sich zu ziehen. Die Neugier in ihm siegt, als er fragt: „Ignoriert sie dich immer?"