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Zuerst wird Maya an das Pult geholt, das sich einige Meter gegenüber des Richters und dessen Schöffe befindet. An einem Tisch links von ihr sitzen Harry und dessen Anwalt, rechts von ihr Phil Beck, ihr Verteidiger. Dieser sieht sie angespannt an, ein dünner Schweißfilm hat sich auf seiner Stirn gebildet, den er jedoch soeben mit einem Taschentuch wegwischt.

Sie kann die Blicke der Reporter, der Journalisten und der restlichen Zuseher, Harrys Familie inkludiert, spüren und wie diese sich in ihren Rücken bohren. Nervös räuspert sie sich und legt die flachen Hände, die mittlerweile von den Handschellen befreit wurden, auf das Pult aus dunklem Holz vor ihr. Mit einem Schlag verbannt sie sämtliche Emotionen aus ihrem Gesicht und blickt dem Richter, einer älteren Frau, tief in die Augen.

„Wir beginnen nun mit dem Prozess", ruft diese mit autoritär klingender Stimme. Sie klopf mit einem Hammer auf die Tischplatte und schlagartig sind alle Anwesenden ruhig. Ihr Blick wendet sich dem Papier vor ihr zu und sie beginnt laut vorzulesen: „Angeklagte Maya Delaro, 23 Jahre alt, amerikanische Staatsbürgerschaft, Vater unbekannt, Mutter Estelle Latifa, der Beruf ist ebenfalls unbekannt. Stimmen diese Angaben, Frau Delaro?"

„Ja, sie stimmen, euer Ehren", antwortet Maya und kann ihre Stimme nicht davon abhalten zu zittern. Sie sieht zu Harry, der sie bereits eindringlich anstarrt und ihr augenblicklich ermutigend zulächelt.

Die Richterin deutet auf eine weitere Frau links neben ihr und fordert diese auf: „Frau Sandra Brown, Staatsanwältin, tragen Sie bitte Anklageschrift vor."

„Frau Maya Delaro wird des internationalen Drogenhandels im Zeitraum von 2009 bis 2013 beschuldigt, so wie auch eines Einbruchs in das U.S. Department of Homeland Security in Detroit. Bereits verurteilt wurde sie wegen Mordes an Herr Guiseppe Fallaci", zitiert die Staatsanwältin sitzend und mit dem Dokument vor ihr Gesicht gehalten. Als sie verstummt lässt sie das Papier auf den Tisch fallen und nimmt die Lesebrille von ihrem Nasenrücken. Mit ihren braunen Augen sieht sie die Angeklagte an und fragt: „Haben Sie noch etwas hinzufügen?"

„Ja, das habe ich, Frau Brown und Euer Ehren", antwortet Maya, woraufhin die Richterin von ihren Unterlagen aufsieht. Abwartend zieht sie eine Augenbraue nach oben und fordert mit einer Geste die Rothaarige auf, fortzusetzen.

„Wie soll ich alleine Drogen über die Grenzen, durch Flughäfen gebracht haben? Sollten nicht Spürhunde die Substanz, die ich, wie Sie behaupten, bei mir hatte, riechen und Alarm schlagen? Des weiteren war ich im Jahr 2010 fest niedergelassen in Paris, was ihnen auch Monsieur Aubert Lauzier bestätigen kann, falls sie ihn in einer nächsten Verhandlung in den Zeugenstand rufen wollen", spricht Maya, als würde sie von einem Zettel ablesen. Ihr Blick ist starr geradeaus auf die Richterin gerichtet und am Ende ihrer Aussage lächelt sie schief. Sie verschränkt auf dem Pult ihre Hände und fügt hinzu: „Demnach ist die Anklage fälschlich."

Ein aufgeregtes Raunen geht durch die Menge hinter ihrem Rücken, sie kann vereinzelt Wortfetzen hören, die ihre ruhige Haltung bewundern. Die Frau blick zu Harry, der angespannt auf seinem Sessel sitzt und nervös mit einem Kugelschreiber spielt. Beinahe unmerklich nickt sie ihm zu, als würde sie ihm sagen wollen, dass alles in Ordnung wäre.

Mehrmals klopft die Richterin mit dem Hammer auf die Holzplatte und bringt somit den Raum zum Schweigen. „Ich hätte dieses Plädoyer gerne von Ihrem Verteidiger gehört, Frau Delaro", tadelt sie die Angeklagte und deutet auf den Mann gegenüber von Harry, der von seinem Sitz aufspringt und den Aktenkoffer öffnet.

Während Phil Beck in diesem herumkramt spricht er, laut und deutlich hörbar für jeden Anwesenden: „Danke für euer offenes Ohr, Euer Ehren. Wie bereits meine Mandantin sagte, ist die Anklageschrift fälschlich, das erste Beweisstück ist ihr Reisepass, der in der Wohnung ihres Stiefbruders, Zayn Malik, aufbewahrt wurde."

Prison / h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt