45-Epilog

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Zögernd hebt er die rechte Hand und platziert den Zeigefinger auf der Glocke. Harry atmet mehrere Male tief durch, bevor er den kleinen Knopf drückt und im Inneren des Hauses das Leuten hallen hören kann. Es dauert einige Sekunden, bis er eine weibliche Stimme schreien hört: „Zayn du Idiot! Wieso vergisst du immer wieder deine Schlüssel?"

Im nächsten Moment wird die Tür ausgerissen und Maya kommt zum Vorschein. Ihre Augen weiten sich und ihr Mund öffnet sich, doch kein Ton kommt heraus. Auch Harry bleibt stumm, ihre Erscheinung hat ihn aus der Bahn geworfen.

Ihre Haare reichen nur mehr bis zu den Schultern, die oberen Strähnen wurden zu einem kleinen, unordentlichen Dutt zusammengefasst. Sie trägt eine Brille mit schwarzem Rahmen, die ihre bernsteinfarbenen Augen größer wirken lassen. Ein weißes T-Shirt sowie eine graue Weste verschlucken beinahe ihren Oberkörper, eine lockere Jogginhose ziert ihre Beine.

Unsicher verschränkt sie ihre Arme und fragt: „Wieso bist du hier?" „Du wolltest mich wirklich mit einem Brief abwimmelt? Ich hätte schon mehr von dir erwartet", raunt Harry und lacht leise auf.

Erneut öffnet er den Mund, als ein Kind in sein Sichtfeld rennt und sich neben die Frau stellt. Die kleinen, strahlend grünen Augen sehen ihn neugierig an und seine Hände umfassen das untere Ende ihrer Weste. „Wer ist das, Mama? Ist das mein Papa?", forscht der Junge nach, und zieht an dem Stoff in seinen Fäusten.

„Ed, was habe ich dir schon tausend Mal gesagt? Wir fragen nicht wahllos, wer dein Vater ist", tadelt Maya ihn und fährt durch seine braunen Locken, die wirr auf seinem Kopf liegen. Das Kind zuckt unschuldig mit den Schultern und murmelt: „Aber der Mann sieht aus wie ich."

„Geh zu deiner Schwester. Jetzt sofort und keine Widerrede", befiehlt die Frau ihm und zeigt auf die Räumlichkeiten hinter ihrem Rücken. Einige Augenblicke bleibt Ed noch wie angewurzelt stehen und starrt Harry an, bevor er so schnell, wie seine Beine sich bewegen können, aus dem Eingangszimmer stürmt.

Für mehrere Sekunden bleibt es still, die zwei Erwachsenen starren sich an, ohne zu blinzeln, bis Harry das Schweigen bricht: „Ist das wirklich dein Sohn? Und wieso sieht er aus wie ich mit acht Jahren?" „Weil es dein Kind ist", gibt Maya leise zu und sieht beschämt zu Boden.

„Wie?", haucht der Mann ungläubig und blinzelt mehrere Male. Aus der Entfernung sieht er, wie Ed und ein Mädchen herumrennen und fragt: „Zwillinge? Trotz Pille?"

„Du lachst mich bestimmt aus, wenn ich dir den Grund nenne", murmelt Maya, als sich zwei Finger unter ihr Kinn legen und dieses anheben, sodass sie ihrem Gegenüber in die Augen sehen muss.

Seine Augenbrauen sind zusammengezogen und er muss sich immer wieder daran erinnern, ihr nicht zu nahe zu kommen, seine Lippen nicht auf ihre zu legen. So leise, dass nur sie es hören kann, murmelt er: "Ich würde dich niemals auslachen. Ich will nur wissen, wieso du das gemacht hast."

"Weil ich bereits, als ich entlassen wurde, wusste, dass wir nicht zusammen sein können", flüstert Maya ebenso leise und entreißt sich seinem Griff um ihr Kinn. Über die Schulter hinweg sieht sie in das Haus, zu den Kindern und erklärt: "Die Zwillinge waren meine einzige Möglichkeit, einen kleinen Teil von dir bis an mein Lebensende bei mir zu haben. Deswegen habe ich im letzten Monat die Pille nicht mehr genommen."

"Ed sieht wirklich aus wie ich", lacht Harry leise und erwischt den Jungen beim Starren. Die Frau nickt zustimmend und winkt mit einer Hand die Kinder zu sich. Während Ed sofort losrennt, nähert sich das Mädchen nur zögerlich. Nervös spielt sie mit dem langen, dunkelroten Zopf, ihre kleinen Füße schleifen über den Holzboden.

"Elouise, komm' schon", drängt die Mutter sie, woraufhin sie ihre Schritte beschleunigt und sich links von Maya aufstellt, da ihr Bruder bereits rechts positioniert ist. Kleine Hände klammern sich an die Hüfte der Frau und Elouise fragt: "Stimmt es, dass du mein Vater bist? Ed hat mir das gesagt."

„Wüsste ich es nicht besser, würde ich fragen, wer euch so mangelhaft erzogen hat. Neugierde ist der Katze Tod", ermahnt Maya und klopft beiden Kindern sanft auf den Kopf. Sie wendet sich wieder an Harry und haucht: „Entschuldige ihr Verhalten."

Entgegen ihrer Erwartungen begibt der Mann sich auf Augenhöhe der Geschwister, indem er in die Knie geht. Er stützt seine Hände auf den Knien ab und lächelt sie freundlich an, bevor er auf die Frage des Mädchens eingeht: „Es ist schon ok, wissen zu wollen, wer deine Eltern sind. Das will jeder Mensch auf dieser Welt wissen."

„Aber bist du mein Vater?", hakt Elouise nach und verschränkt ihre Arme. In ihrem Gesicht kann der Mann Mayas Gesichtszüge erkennen, ihre Nase und Augen sind beinahe identisch, allein ihre Lippen sehen aus wie seine.

Zögerlich sieht Harry hinauf zu der Mutter, die ihm mit einem Schulterzucken mitteilt, dass er so antworten soll, wie er will. Daher nickt er langsam und blickt zuerst dem Mädchen in die Augen, anschließend dem Jungen, der die Freude nicht verbergen kann. „Ja, das bin ich. Es tut mir leid, dass in euren ersten Jahren nicht für euch da sein konnte", teilt er ihnen mit, Reue ist in seiner Stimme deutlich zu hören.

Bevor er reagieren kann, stürmen die Kinder auf ihn zu, dünne Arme schlingen sich um ihn. Leises Kichern erfüllt seine Ohren und auch Harry kann sich das Lachen nicht verkneifen. Nach einigen Momenten hört er Mayas Stimme: „Kinder, ihr erwürgt ihn noch, wenn ihr so weitermacht."

„Wirst du jetzt bei uns wohnen? Und wirst du Mama heiraten?", bombardiert Ed ihn mit Fragen, sobald er sich von dem Mann gelöst hat und einen Schritt nach hinten gewichen ist. Elouise entfernt sich ebenfalls von ihm und forscht nach: „Wirst du Mama wehtun? Wenn ja, kannst du gleich wieder gehen. Ich will einen netten Papa."

„Ich werde das machen, was mir eure Mama befiehlt. Außerdem würde ich es nie wagen, sie zu verletzen", antwortet Harry, ohne über die Worte des Mädchens und dessen Hintergrund nachzudenken. Anschließend richtet er sich wieder auf und sieht Maya abwartend ab, erkennt, dass sich Tränen in ihren Augen gesammelt haben.

Trotz des Schmerzes, der in ihrem Gesicht zu erkennen ist, teilt sie ihm mit ruhiger Stimme mit: „Fürs Erste kannst du hier wohnen, ich habe ein freies Gästezimmer. Wenn du dann zurück nach England willst, werde ich dich natürlich nicht davon abhalten."

„Willst du, dass ich bleibe?", fragt Harry nach, während die Kinder langsam wieder im Haus verschwinden, nachdem sie von ihrer Mutter den stummen Befehl bekommen haben.

Unschlüssig zuckt Maya mit den Schultern und mit einem Ruck tritt sie näher an ihn heran, legt ihre Lippen auf seine. Ihre Handflächen platzieren sich automatisch auf seinen Wangen, seine Arme schlingen sich um ihre Taille. „Ich wollte nie, dass du mich verlässt. Ich wollte nur, dass du ein gutes Leben kannst", antwortet die Frau, sobald sie sich von ihm gelöst hat.

„Hast du mit dem Drogengeschäft aufgehört? Arbeitest du?", forscht der Mann nach und lehnt seine Stirn gegen ihre. Sanft nickt Maya und erklärt: „Mein Vater überweist mir monatlich eine gewisse Summe, mit der die Kinder und ich überleben können. Außerdem schreibe ich gelegentlich Artikel für Zeitungen."

„Dann werde ich wohl kaum eine bessere Frau finden", stellt Harry fest und referiert zu den von ihr geschriebenen Worten in dem Brief, der eigentlich das Ende ihrer Beziehung besiegeln sollte.

Abrupt löst er sich von Maya und tritt zwei Schritte zurück, nur, um gleich darauf auf ein Knie zu gehen. Er räuspert sich leise, bevor er beginnt zu reden: „Das ist wahrscheinlich gerade der beschissenste Antrag der Welt, ich habe nicht einmal einen Ring. Trotzdem weiß ich, dass du nach all den Jahren noch immer die Frau meiner Träume, die Liebe meines Lebens bist. Niemals wieder könnte ich jemanden wie dich finden, ich würde es nicht einmal wollen. Also bitte, Maya Delaro, lass mich an deinem Leben, an dem unserer Kinder teilhaben. Lass mich dich lieben, lass mich dich heiraten."

„Falls der letzte Satz die Frage, ob ich will, war, sage ich jetzt ja. Ja, Harry Styles, ich will mit dir mein Leben verbringen", haucht die Frau, woraufhin ihr Gegenüber sich wieder auf beide Beine stellt und sie in einen langen Kuss zieht. Ein Kuss, der ihre Beziehung besiegeln soll, der zeigt, dass Harry bereit ist. Bereit, Kinder großzuziehen und mitanzusehen, wie die Liebe seines Lebens mit ihm altert, bis ihre Geschichte nur mehr in den Gedächtnissen ihrer Nachfahren zu finden ist. 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 28, 2017 ⏰

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Prison / h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt