Niall sieht verwundert von seinem Buch, dessen Seiten bereits vergilbt und teilweise mit Eselsohren geschmückt sind, auf, als Harry in die Zelle stürmt. „Du siehst aus wie ein nasser Pudel", neckt der Blonde ihn und klappt die Literatur zu. Auch Ian, der noch immer verschlafen auf seinem Bett über dem des Lockenkopfs liegt, lacht leise.
„Wusstet ihr, dass ich diese ganze Sache mit Sugar Daddies und ihren Babygirls, die ihre Töchter sein könnten, noch nie richtig verstanden habe? Allein die Vorstellung, dass eine Frau in unserem Alter ein so verschrumpeltes Ding anfasst", regt Harry sich auf und zieht sich das weiße Unterhemd sowie das beige T-Shirt an.
Während er überlegt, wie er sich seine Hose anziehen kann, ohne, dass er mehr zeigt, als er zeigen will, stimmt Ian ihm zu: „Genau deswegen bin ich durch und durch schwul. Diese ganze heterosexuelle Scheiße tue ich mir nicht an. Obwohl einer meiner Exfreunde auch immer Daddy genannt werden wollte und ich das gar nicht so abstoßend fand."
„Jemanden in deinem Alter so zu nennen und einen Mann, der dein potentieller Vater oder Großvater sein könnte, als Sugar Daddy haben, sind zwei komplett verschiedene Dinge. Das eine ist echt erotisch, das andere einfach abartig", pflichtet auch Niall den beiden bei und verzieht anschließend das Gesicht zu einer angewiderten Grimasse.
Harry, der es mittlerweile geschafft hat, sich komplett anzuziehen, und nun die Schnürsenkel seiner klobigen, schwarzen Schuhe zubindet, erschrickt, als Ian von seinem Bett hinunterspringt. Mit einem dumpfen Knall berühren seine Füße den Boden und er schlüpft schnell in sein eigenes Schuhwerk.
„Tarassow hat uns gestern Abend noch gebeten, schon um sieben Uhr in der Kantine zu sein. Sie wollte etwas mit uns allen besprechen", erklärt der Orangehaarige und zieht sich seine graue Weste über. Er verlässt die Zelle und sieht sich im Gang um, bis auch Harry und Niall direkt neben ihm stehen.
Während sie sich zu dritt auf den Weg machen, fragt der Lockenkopf nach: „Wer ist wir?" „Wir, die Maya nicht den Boden unter den Füßen sauber lecken. Du wirst gleich sehen, wer zu diesem kleinen Kreis dazugehört", antwortet Ian und begrüßt die Wache, die neben dem Eingang der Kantine postiert ist, mit einem stummen Nicken.
„Wo ist der kleine Hosenscheißer?", ertönt eine von östlichem Akzent geprägte Stimme, sobald die drei Männer die Cafeteria betreten. An einem einzigen Tisch direkt neben der Essensausgabe befinden sich einige Insassen, deren Gesichter alle zu der älteren Frau gewendet sind. Diese steht mit einer Hand auf der Metallplatte abgestützt, in der anderen hält sie einen Pfannenwender. Dieses Mal sind ihre orange gefärbten Haare beinahe zur Gänze unter einer weißen Mütze versteckt.
Niall lässt sich am anderen Ende des Tisches nieder und antwortet traurig: „Er hat seine Frau, die mit dem Kind eines anderen Mannes schwanger ist, bei ihrem Besuch gewürgt und sitzt nun in der Einzelhaft."
„Setz dich, Harry", flüstert dem Lockenkopf jemand, der sich als Samira herausstellt, zu und klopft auf den freien Platz neben sich. Lächelnd lässt er sich nieder und wirft einen Blick in die Runde. Neben seinen Mitbewohnern der kleinen Zelle und den drei Frauen, die ihm bei den Mahlzeiten Gesellschaft leisten, befinden sich auch noch zwei weitere Personen an dem Tisch.
Beide ihrer Unterarme sind mit weißen Bandagen umwickelt und dunkle, tiefe Augenringe stechen aus ihrem blassen Gesicht stark heraus. Eisig blaue Augen starren teilnahmslos auf die Tischplatte und ihre Lippen, auf deren untere sie scheinbar nervös herumkaut, sind spröde. Die blonden Haare hängen schlaff und glanzlos herab und würde Harry nicht sehen, wie sich ihre Brust hebt und senkt, hätte er gedacht, dass eine Leiche am Tisch sitzt.
„Starr Anita nicht so an, sie fühlt sich sowieso schon unwohl in deiner Nähe", zischt Tessa, die direkt neben der leblos wirkenden Frau sitzt. Scheinbar tritt Samira unter dem Tisch die orangehaarige und entschuldigt sich bei Harry: „Sie ist ziemlich beschützerisch, wenn es um Anita geht."
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Prison / h.s
ФанфикHarry hat sie seit drei Jahren nicht mehr gesehen. In dieser Zeit war er auf der Flucht vor dem Rechtsstaat, den illegalen Geschäften, in die er von ihr hineingezogen wurde, und vor allem vor seiner Vergangenheit mit ihr. Nach all er der Zeit hat e...