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Die nächsten Wochen in Anas Leben verliefen schnell, fast schon zu schnell. Die Arbeit im Restaurant lastete sie aus, sodass sie geladen zur Arbeit erschien, und ruhig, wenn nicht sogar erschöpft, wieder nach Hause kam. Das dabei verdiente Geld gab sie nicht aus; wenn überhaupt ging sie ein oder zweimal davon Lebensmittel kaufen. In der Zwischenzeit hatte sie sich natürlich oft mit ihrer Mutter unterhalten müssen. Dabei hatte sie ihr nach wie vor nichts von der Sache mit Nicholas erzählt. Als sie auf das Thema zu sprechen kamen, meinte sie lediglich, dass sich daraus nichts ergeben hatte, weil sie zu verschieden waren - die übliche Ausrede eben.

Für Harry hingegen verlief die Zeit eher schleppend; morgens schleifte er sich müde ins Büro, um abends noch müder nach Hause zu kommen. Selbst wenn er dann im Bett lag, fand er keine Ruhe, da die Dinge in seinem Kopf ihn erdrückten, ihm höllische Schmerzen bereiteten. Am Ende der zweiten schlaflosen Woche hatte er sich gezwungen, sie wieder zum Schweigen zu bringen, fuhr wieder in die Gegend der verzweigten Gassen, wo er in einer der dunkelsten Ecke eine schon halbtote Frau fand. Er erlöste sie schnell; sie wäre auch ohne ihn nach einigen Stunden umgekommen.

Er schämte sich dafür, aber jedes Mal, wenn er in einer Drogerie Seife oder ähnliches kaufte, ging er auch kurz in die Frauenabteilung, um sich dort nach Beeren-Shampoos umzuschauen. Zu seinem Pech jedoch, hatte er noch nie eines gefunden, der Geruch schwirrte also nur in seinem vollen Kopf herum, war eine Erinnerung- mehr nicht.

Eigentlich hatte er die ganze Zeit auf ein zufälliges Wiedersehen gehofft, weswegen er Ana keine Nachricht gesendet hatte. Nach dieser langen Zeit aber, musste er irgendetwas von ihr hören; noch nicht einmal in der Kirche hatte er sie mit ihrer Familie gesehen. Zu sagen, dass er sich sorgte, traf es recht gut.

Hallo Ana. -H.

Einige Sekunden schaute er auf sein Handydisplay, bekam aber auf die Schnelle keine Antwort, weswegen er sein Telefon mit geöffnetem Chat auf die Küchentheke legte und anfing etwas zu kochen.

Auf der Arbeitsplatte neben ihm lagen noch die Tabletten, die ihm seit Jahren halfen, und ohne die er nicht konnte.

Hallo Harry. :)

Er schmunzelte. Sogar in ihren Nachrichten konnte man ihr Wesen erkennen. Von ihm konnte man das nicht behaupten.

Einen Moment zögerte er mit der Antwort, er wollte gut überlegt etwas antworten, sie vielleicht nach einem Treffen fragen?

Hast du morgen Abend Zeit?

Ja, warum?

Hättest du Lust, was essen zu gehen?

Seine Zähne bissen unkontrolliert auf seine Unterlippe; es fehlte nicht viel, dass Blut herausfließen würde. Ihre Antwort brauchte lange. Zu lange.

Gerne, ich könnte aber auch anbieten, dass wir gemeinsam etwas kochen. Ich esse nicht so gerne in der Öffentlichkeit.

Diese Nachricht brachte ihn dazu unkontrolliert zu grinsen; solche Macken konnten nur von jemandem wie ihr kommen. Darauf musste er jetzt ein wenig herumhacken, er konnte nicht anders.

Du arbeitest in einem Restaurant, isst aber nicht gerne in der Öffentlichkeit? Außergewöhnlich. Aber gerne, wie du möchtest, dann kochen wir.

***

»Haben wir alles hier, was wir brauchen?«, fragte Harry kritisch über die Theke hinweg, während Ana die Sachen in seinem Kühlschrank genauestens unter die Lupe nahm. »Ich glaube...« Sie schob ein Glas Champignons beiseite. »Schon.«

Harry sah das ganze immer noch kritisch, normalerweise hatte er nicht gerade eine große Auswahl an Lebensmitteln. Er kochte so gut wie immer das gleiche, deswegen hatte er auch immer die gleichen Dinge im Kühlschrank.

His Dark Soul (h.s.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt