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Nach kürzester Zeit fasste sie den Beschluss, Harry anzurufen.

Sie hatte ihm versprochen, nichts mehr vor ihm zu verheimlichen. Und die Tatsache, ihm nicht zu sagen, dass sie vielleicht schwanger von ihm war, bräche dieses Versprechen schon einmal wieder komplett.

Genauso musste sie sich eingestehen, dass es nicht weniger wahr wäre, wenn sie es ihm nicht sagte. Es bliebe so wie es war.

"Ja, meinen Freund." Sie biss sich verlegen auf die Unterlippe und schaute dem Arzt ins Gesicht.

"Wenn Sie möchten kann er zum Test herkommen. Wir haben ja Zeit", bot der Arzt wohlwollend an, da er wusste, was in Ana vorgehen musste. Sie war unglaublich jung und vermutlich nicht dazu im Stande, das mögliche Ergebnis alleine zu verkraften.

"Soll ich rausgehen, um ihn anzurufen?" Ana wollte schon mit dem Stuhl zurück rücken, doch Dr. Fisher hob leicht seine Hand.

"Nein, nein. Bleiben sie nur sitzen, es dauert sicher nicht lange und ich muss sowieso noch kurz etwas abklären."

Wieder nickte Ana. Die Situation war einfach so surreal, dass sie zu nichts anderem fähig war.

Die Vorstellung, dass sie zu diesem Zeitpunkt ein Lebewesen in sich trug, ließ sie vor Verunsicherung fast umkommen.

Wäre etwas Lebendiges in ihr, würde sie es niemals umbringen, unter keinen Umständen. Doch trotzdem wusste sie nicht, was sie tun sollte.

Sie wurde in ein paar Wochen erst 19 und in diesem Alter ein Kind zu bekommen, ohne eine richtige Ausbildung war hochriskant.

Wie in Trance wählte sie Harrys Nummer und hörte dem Klingeln zu; Dr. Fisher hatte schon längst den Raum verlassen und die Tür hinter sich zugezogen.

Sie wusste es zu schätzen, dass er sie nicht ganz ins kalte Wasser schmiss und ihr wenigstens die Chance gab, bei einem möglichen Ergebnis alleine dort zu sitzen. Nicht jeder Arzt hätte das getan oder überhaupt so weit gedacht.

"Hallo", hörte sie die raue Stimme des Braunhaarigen. Anhand seines Tons konnte sie ausmachen, dass er bevor er den Anruf angenommen hatte nicht auf den Namen des Anrufers geschaut hatte.

"Hallo Harry", grüßte sie ihn daher relativ ruhig, obwohl in ihr das reinste Chaos herrschte und sie hätte laut schreien können.

"Was hat der Arzt gesagt?", fragte er sofort und sie konnte die Besorgnis in seiner Stimme klar heraushören.

"Kannst du vielleicht herkommen?", wich sie seiner Frage aus und schaute vor sich auf die Tischplatte.

Es war ironisch, dass genau dort ein Flyer zu Schwangerschaftskursen lag.

"Ist was Schlimmes passiert?", fragte er sofort und sie betete, dass das was los war, für ihn nichts Schlimmes war. Sie hatte keine Ahnung, wie er zu diesem Thema stand, sie hatten kaum über es gesprochen.

"Wir müssen einfach reden, persönlich." Sie wimmelte ihn beinahe schon ab, doch sie wollte nicht am Telefon über dieses Thema sprechen. Dann wäre Harrys Reaktion noch unberechenbarer gewesen.

Neben ihm zu stehen, war da definitiv die bessere Variante.

"Kannst du herkommen?", fragte sie sanft. "Ich bleibe dann im Wartezimmer, bis du da bist."

"Natürlich- Klar, ich mache mich auf den Weg." Im Hintergrund konnte sie bereits hören, wie er laut einen Ordner zuklappte und mit seinem Drehstuhl herumrutschte.

"Ich liebe dich Harry", erinnerte sie ihn und wurde immer mehr von Aufregung erfasst.

"Ich liebe dich", erwiderte er und sie konnte quasi sein glückliches Grinsen vor sich sehen. Trotzdem lief ihr eine Träne über die Wange.

His Dark Soul (h.s.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt