"Komm!" Harry streckte seine Hand nach Ana aus und schaute sie ermutigend an.
Genauso wie das erste Mal dass er sie hergebracht hatte, war sie unsicher und glaubte nicht daran, über den Bach gelangen zu können, ohne in ihn hinein zu fallen.
"Warum müssen wir immer hier hin kommen?", fragte Ana mit einem nervösen Lächeln rhetorisch und griff natürlich sofort nach Harrys Hand, um mit dessen Hilfe das letzte Stück zu schaffen.
"Weil dieser Platz perfekt ist", erwiderte Harry und drückte ihr einen liebevollen Kuss auf die Nase. Dass er den heutigen Abend vorbereitet hatte, offenbarte er ihr nicht ganz.
Bevor er morgen Abend die Bombe platzen lassen würde, wollte er ihr heute Abend alles erzählen. Vielleicht würde sie ihn ansatzweise verstehen können und dadurch nicht für das größte Monster der Welt halten, wenn sie die ganze Wahrheit erfuhr.
Auch wenn er dafür das erste Mal die ganze Wahrheit über sich erzählen musste, wäre es das wert. Ana war ihm alles wert, egal wie sehr er für sie seine Grenzen übertreten musste.
Er verschränkte seine Hand fest mit ihrer und führte sie zielstrebig zu der Uferstelle, an der er sie damals zum ersten Mal geküsst hatte. Heute hatte er eine große Decke auf der Wiese ausgebreitet. Als Ana diese sah, leuchteten ihre Augen glücklich auf und sie küsste Harry ohne etwas zu sagen.
"Das sieht wunderschön aus", gestand sie ihm ein und fing an unkontrolliert zu kichern als Harry ihre Abgelenktheit ausnutzte, um sich herunterzubeugen und sie mit seiner Nase am Hals zu kitzeln. Dabei ließ er sie sein Grinsen an ihrer Haut spüren. "Ruinier es nicht", lachte sie und entfernte ihn vorsichtig von ihrem Hals, um ihm so ernst wie möglich in die Augen zu sehen.
"Ich gebe mein Bestes." Harry schien heute besonders gelaunt zu sein, immerhin küsste er sie schon wieder auf den Wangenknochen und half ihr dabei, sich hinzusetzen.
Einen kurzen Moment schaute er sich diese wunderschöne Person noch einmal an. Wie sie dort mit ihrem offenen, karierten Hemd und der weiten, hochgekrempelten Jeans saß ließ Harry nichts anderes übrig, als sie auf der Stelle wieder küssen zu wollen. Er schaute ihr geistesgegenwärtig dabei zu, wie sie ihre Haare hinter die Ohren strich und einmal kurz strahlend auf die vorbeischwimmenden Enten schaute. Gott, sie war alles was er jemals wollte und brauchte.
"Willst du dich nicht auch hinsetzen?" Die braunen Augen wurden im Versuch gegen die Sonne anzukämpfen zu gekniffen.
"Ähm.. Ja", antwortete Harry aus seinen Gedanken gerissen und nahm neben Ana Platz. Sofort schluckte er einmal tief und drückte seine Finger in den weichen Untergrund. Wie sollte er nur anfangen? Er fing an immer schwerer zu atmen, da er Angst vor-
"Alles gut?" Ana rückte so nahe wie möglich an ihn und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Nachdem sie seine angespannten Hände sah, legte sie sofort ihre eigene auf die eine davon.
"Ich bin aufgeregt", gestand Harry ehrlich und sagte sich, dass er sich nur auf Ana konzentrieren sollte und darauf, wie verdammt wichtig es war, ihr alles von früher zu sagen. Vorher machte es keinen Sinn ihr von dem grausamsten Jahr seines Lebens zu erzählen.
"Warum?" Ana schloss ihre Augen und genoss das Gefühl, das Harry ihr gerade wieder gab.
"Weil ich dir von Sam erzählen möchte. Alles von Sam."
Automatisch öffneten sich ihre Augen und ihr Kopf hob sich an. Wenn Harry ihr davon erzählte, bedeutete das unendlich viel. Er war immer verschwiegen bezüglich dieses Themas gewesen.
"Lass dir einfach Zeit", schlug sie vor und küsste intuitiv seine Wange, um dann wieder ihren Kopf auf seine Schulter zu legen. Ihr ging gerade so viel durch den Kopf.