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„Aufgeregt?" Harry machte grinsend einen Schritt nach vorne, um an der Haustür seines Elternhauses zu klingeln. Er schaute kurz zur Seite, um sehen zu können, wie Ana immer noch auf ihrer Unterlippe herumkaute.

„Ja", antwortete sie ehrlich und lockerte ihre angespannte Haltung ein wenig, als Harry sie kurz auf die Wange küsste. Sein frisch aufgetragenes Rasierwasser bewirkte ebenfalls, dass sie sich ein bisschen beruhigen konnte. Der Geruch davon betrog ihre Sinne förmlich.

„Sei es nicht", flüsterte er als Antwort, bevor er sich wieder normal hinstellte. Hinter der teilweise verglasten Tür konnte man schon die Gastgeberin erahnen.

„Dann sei du freundlich", erwiderte Ana noch schnell, als die Tür schon in Bewegung versetzt worden war. Einen Moment später stand ihnen die aufgetakelte Jane schon gegenüber.

Offen gesagt wusste Ana nicht einmal wie alt genau Jane wurde; diese Frage hatte sie sich bisher nicht gestellt. Jane würde sie sicher auch nicht danach fragen, denn wie sagt man so schön; eine Frau fragt man nicht nach ihrem Alter.

Sie konnte lediglich vom Äußeren abschätzen, dass sie wohl noch ein paar Jahre jünger als ihre eigene Mutter war; das obwohl Cynthia schon jung war, als sie Evan, der jetzt fünfundzwanzig und somit nur ein Jahr älter als Harry war, bekommen hatte.

Grob überschlagen hieß das, dass Jane etwa in Anas Alter Mutter geworden war. Ein Schluss, den sie sich aus einem unerkenntlichen Grund zog. Sie war verwirrt, warum sie es tat.

Aber abgesehen von dieser Spekulation bewunderte Ana jedoch Janes Aufmachung, die durch und durch zu ihr passte. Sie trug ein bordeauxrotes, sehr edel aussehendes Kleid mit schwarzen Pumps, die ihre Beine noch dünner und länger wirken ließen. Dazu hatte sie ihre braunen Haare lose nach hinten gesteckt, um einen Blick auf diamantene Ohrringe zu offenbaren.

„Hallo", grüßte sie gewohnt überschwänglich und sprang beinahe aus der Haustür, um ihre Arme um ihren Sohn zu legen, diesen fester zu drücken, als ihre Figur es vielleicht vermuten ließ. „Herzlichen Glückwunsch Mum", wünschte ihr dieser und ließ gezwungenermaßen von Anas Hand ab, um einen Arm locker um sie zu legen. Mit seiner anderen versuchte er irgendwie den übergroßen Blumenstrauß festzuhalten.

„Danke Harry." Jane legte eine ihrer Hände auf seine Wange, um ihm auf die andere einen Kuss zu drücken. Erst als sie aus der Umarmung zurückwich wurde ihr klar, dass sie das das letzte Mal getan hatte, als er ein kleiner Junge gewesen war. Ab einem gewissen Alter hatte er sich vehement dagegen gewehrt, so wie er es bei einem Großteil von Berührungen getan hatte. Und jetzt hatte er tatsächlich zugelassen, dass sie ihm einen Kuss auf die Wange drückte.

Ihre Tränen wegblinzelnd strich sie ein letztes Mal über den Kiefer ihres Sohnes, um sich gerührt an die zierliche Person neben ihm zu wenden. Deren braunen Augen waren von einem leichten Funkeln erfüllt, als sie zu Harry schauten, dann in Janes blickten.

Jane konnte nicht ausdrücken, wie dankbar sie diesem Mädchen war.

„Herzlichen Glückwunsch Jane", wünschte auch dieses ihr und streckte seine Hand aus, die sie aber gekonnt ignorierte und Ana stattdessen in eine feste Umarmung zog. „Vielen Dank Ana."

Erst nachdem sie von der Rothaarigen zurückgetreten war, schien sie den Blumenstrauß in Harrys Hand zu bemerken.

Die Tatsache, dass er ihr sogar noch etwas schenkte, brachte den Damm zum Brechen und vereinzelte Tränen liefen ungehindert an ihrer Wange herab. „Bitte", meinte er schüchtern und fast schon unbeholfen, als er ihr die Blumen entgegenhielt. Er hatte Ana nicht gesagt, dass dieses Jahr seit langem das erste war, in dem er seiner Mutter etwas zum Geburtstag schenkte. Weil er seine Mutter kannte hatte er schon mit einer speziellen Reaktion gerechnet, aber nicht damit, dass sie wirklich vor Freude weinte.

His Dark Soul (h.s.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt