Eine Autofahrt und einige Treppenstufen später, konnte Harry spüren, wie Anas Griff um seine Hand sich festigte. So, als wollte sie sich an ihm festhalten.
„Alles wird gut Ana", versicherte er ihr und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Schläfe, schaute schon in diesem Moment über sie hinweg durch den offenen Durchgang in den Saal, von dem ein Lautstärkepegel ausging.
„Lass mich nur nicht allein." Wieder drückte sie seine Hand. Sie wusste, dass sie niemals dazu im Stande wäre, mit Leuten wie den hier anwesenden eine ansatzweise normal verlaufende Unterhaltung zu führen. Vermutlich würden alle Harrys Vater ähneln, mit dem sie ebenfalls große Probleme hatte zu sprechen.
„Werde ich nicht", versicherte der Braunhaarige ihr und ließ ihre klammernde Hand los, woraufhin sie sich wieder um einiges angespannter fühlte. Als sich dann aber herausstellte, dass er dies nur getan hatte, um seinen Arm um ihre Taille zu legen, löste sich die Spannung wieder.
Harry war sich dieser Wirkung bewusst, genoss es, obwohl ein fast wichtigerer Grund für diese Geste war, dass somit all den Leuten unmissverständlich klar gemacht werden konnte, dass sie zu ihm und er zu ihr gehörte. Vielleicht stand diese Voraussicht nicht unter dem besten Stern, aber hoffen konnte er ja noch.
„Niemand wird dir zu nahe kommen", versicherte er ihr ein weiteres Mal mit seinen Lippen auf ihrer Schläfe, vergrub seine Finger ungewollt ein Stück tiefer in ihre Seiten, die dies vor Aufregung gar nicht richtig wahrnehmen konnten.
Lediglich benommen nicken konnte sie.
Jetzt schon, setzte Harry sich wieder in Bewegung, ging aber in einem mehr als langsamen Tempo, das ihm den Griff um Ana weiterhin garantieren würde.
Die plötzliche Anwesenheit der beiden wurde vorerst gar nicht wirklich wahrgenommen, erst als Jane die beiden sah und sie strahlend ansah, schienen sich alle Gesichter zu ihnen zu drehen.
Unter den vielen Blicken von sie unheimlich einschüchternden Menschen konnte sie nicht anders, als sich fest auf die Unterlippe zu beißen. Gerade als sie sich so unsicher fühlte, dass sie sich am liebsten an Harry gehängt hätte, fanden die meisten der Starrenden etwas interessanteres, führten wieder ihre Gespräche fort.
Nur Jane sprang mehr oder weniger euphorisch auf, stöckelte in ihren hohen Schuhen zu ihrem Sohn und dessen Freundin.
„Guten Abend ihr beiden", lächelte sie und zog ungefragt Harry an sich, sodass dieser seinen Griff um Ana loslassen musste, um in die eher gezwungene Umarmung hineinzufinden. Innerlich stöhnte er genervt auf.
„Wie geht es Euch?" Jane schaute sie aus großen Augen an, nachdem sie sich von Harry gelöst hatte, zog dann auch Ana unmissverständlich in eine feste Umarmung, die schwach erwidert wurde.
„Gut", antwortete Harry in einem leicht grimmigen Ton für beide, verlor keine Zeit, Ana wieder an sich zu ziehen.
„Na gut." Sie klatschte leicht in die Hände, schien auf der Stelle zu gehen- vermittelte es durch ihre Lebhaftigkeit zumindest-, bevor sie erklärte: „Wir haben einen Sitzplan gemacht, setzt euch also dahin, wo euer Name auf dem Kärtchen steht."
Harry konnte seine Mutter nur ohne jeglichen Ausdruck ansehen, zu typisch war es wieder einmal, dass alles akribisch hatte geplant werden müssen. Es überraschte ihn inzwischen nicht einmal mehr, sie war die Jahre immer schlimmer darin geworden.
„Okay, vielen Dank." Ana schmunzelte schüchtern, um sich einmal grob einen Überblick des Raums zu verschaffen; es gab einige runde Tische, an denen jeweils um die zehn Leute saßen. Sie vermutete, dass in der wahllos wirkenden Verteilung doch irgendeine Ordnung wiederzuerkennen wäre, wenn sie nur wüsste, wer dort saß.