Ziemlich genau um sechs Uhr des nächsten Freitags stand Ana vor dem Spiegel ihres Badezimmers und fragte sich, wohin das ganze führen würde. Nicht nur dieses Treffen, sondern einfach alles um sie herum.
Wohin würde das seltsame Einverständnis ihrer Eltern gegenüber Harry führen? Sie konnte noch immer nicht verstehen, wie sie das so locker sehen konnten, waren sie sonst doch so beschützerisch gewesen.
Vielleicht wollten sie ihr einfach Freiheiten lassen, das war es bestimmt. So musste es sein.
Sie kämmte sich die Haare ein weiteres Mal, wusch sich ihr Gesicht und zog eine einfache Jeanshose und ein lockeres T-Shirt an. "Es ist egal was du anziehst" hatte Harry gesagt, also musste das gut sein.
Um halb Sieben klingelte es dann an der Tür, obwohl Ana eher erwartet hatte, dass er im Auto vor der Tür warten würde.
»Hallo«, grüßte sie Harry freundlich und konnte ein Lächeln nicht verhindern.
»Hallo Ana«, lächelte auch er sie an und begutachtete unauffällig ihre Kleiderwahl. Wieder einmal verfluchte er ihre Kurven, die sich wieder einmal mehr als deutlich unter dem Stück Stoff abzeichneten. Wie war das möglich?
Auch Ana schaute unauffällig auf Harrys Kleidung, die genauso wie sonst war; schwarze Hose mit ebenfalls schwarzem T-Shirt.
Harry erklärte, dass sie los könnten, also verabschiedete Ana sich schnell von ihren Eltern, die Harry nur einmal kurz grüßten.
»Darf ich wissen wo es hingeht?«, fragte Ana nach kurzer Zeit über das leise laufende Autoradio hinweg. »Das ist eine Überraschung«, bekam sie mit einem frechen Grinsen zur Antwort, wodurch sie sich einmal frustriert durch die Haare fuhr.
»Komm!«, ermutigte Harry Ana ein weiteres Mal grinsend. Er versuchte nicht einmal seine Amüsiertheit zu verbergen, die Art wie Ana sich kritisch umschaute war mehr als witzig. Sie schien wieder einmal ein verlorenes Reh zu sein.
Er wollte sie zu seinem Lieblingsplatz ein wenig außerhalb führen, weswegen sie vorerst einen kleinen Waldweg gehen mussten, zu welchem gehörte, über einen kleinen Bach zu gehen. Harry war schon vor gegangen über die glitschigen Steine, hatte geschickt verborgen, dass er beinahe schon beim zweiten ausgerutscht war.
Die braunen Augen schauten ihn ein wenig überfordert an. »Ich glaube ich rutsche aus«, sprach sie ihre Bedenken laut aus und brachte den Braunhaarigen vor sich dazu, leicht in sich hinein zu kichern.
»Du rutschst nicht aus«, ermutigte er sie und schaute demonstrativ von den paar Steinen zu ihr auf.
»Nimm meine Hand, dann passiert nichts«, meinte er und streckte seine Hand zu ihr aus, war wirklich bereit sie mit ganzer Kraft festzuhalten, falls sie ausrutschen würde.
Sie streckte ihren Arm nach seiner Hand aus und griff danach, sagte im selben Atemzug: »Danke Harry.« Er verschränkte behutsam seine große Hand mit ihrer kleinen und griff bald nach ihrer zweiten, die sie ihm auch entgegenhielt.
»Siehst du.« Sie wurde mehr oder weniger auf die andere Seite gezogen, sodass sie mit ihrer Brust nur einige Zentimeter von Harrys entfernt stand. »Du bist nicht gefallen.« Er lächelte zufrieden zu dem Mädchen herab, das seine Hände immer noch fest hielt. Niemals hätte er geglaubt, dass ein paar glitschige Steine aus diesem größtenteils tapferen Mädchen einen verlorenen Welpen machen konnten. Sie hatte schon wesentlich Schlimmeres locker überstanden.
»Noch ein kleines Stück«, flüsterte Harry mit einem unübersehbaren Funkeln in seinen Augen und ließ eine ihrer beiden Hände los, um sie an der anderen mit sich zu ziehen. Über dieses fast schon jungenhafte Verhalten musste sie leise lachen; er schien mehr als aufgeregt zu sein. Dabei war doch sie diejenige, die keine Ahnung hatte, wo es hin gehen würde.