Zerrissen

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„Camilja!" Das kleine Mädchen mit den ewig langen blonden Haaren drehte sich um und lächelte, als jemand vertrautes auf sie zukam

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„Camilja!" Das kleine Mädchen mit den ewig langen blonden Haaren drehte sich um und lächelte, als jemand vertrautes auf sie zukam. „Papa!" Mit weit geöffneten Armen rannte sie auf den großen schlaksigen Mann zu und ließ sich von ihm durch die Luft werfen. Ein lautes wunderschönes Lachen erfüllte den kleinen Aussichtsturm des Schlosses. Der Mann, dessen silbergraues Haar im Wind wehte, lachte ebenfalls und drückte das Kind an seine muskulöse Brust. „Du bist wieder da, seit wann?" Das kleine Mädchen klatschte in ihre winzigen Hände, wobei sie unruhig in seinen Armen wippte. „Ich bin gerade erst gekommen mein Engel, hast du mich vermisst?" Das Mädchen grinste über das ganze Gesicht, wodurch der Mann ihre kleine Zahnlücke mit seinen smaragdgrünen Augen betrachtete. „Wie schnell du doch wächst Engelchen", sagte er begeistert, aber es lag ein wenig Trauer in seiner tiefen Stimme. Das herzliche Lachen in dem kindlichen Gesicht des Mädchens verschwand. Sie schaute zu Boden und es sammelten sich Tränen in ihren Augen. „Du bist ja auch selten hier", warf sie ihm schluchzend vor. Der große Mann seufzte etwas angeschlagen und ließ sie wieder runter. „Du weißt ich habe viel zu tun. Ich komme so oft ich kann, um dich zu sehen mein Engel." Das Mädchen drehte sich weg und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Tausend salzige Tränen liefen ihre zarten Wangen hinab, doch sie wollte nicht von ihm getröstet werden. Nicht wenn sie so wütend auf ihn war. Tiefster Kummer zeigte sich in seinem kantigen blassen Gesicht, als er auf die Knie sank und dem Mädchen durch das lange Haar streichelte. „Du weißt ich habe keine andere Wahl. Deine Mutter und ich waren uns einig, dass wir...." Das enttäuschte Mädchen schlug seine Finger weg und legte ihr Hände an ihre kleinen spitzen Ohren. Sie wollte das alles nicht hören. Sie hasste es, wenn er mit seinen Ausreden kam. Sie hasste ihn. Schreiend stürmte sie durch die offene Tür des Turmes und lief die steinerne Wendeltreppe hinunter. Weitere Tränen ergossen sich über ihre Wangen. Ihre Augen brannten wie Feuer. Sie fühlte den Schmerz, der durch ihr winziges Herz stach wie etliche Giftpfeile. Zu oft hatte sie sich mit ihm gestritten, doch es reichte ihr. Ihre Sicht verschwamm durch die ständige Flüssigkeit, die bei jedem Schluchzer noch mehr wurde. Nur die stechenden Lichtstrahlen, welche durch die hellen Glasfenster schienen, leuchteten vor ihr auf. Das kleine Mädchen sah zurück, rannte jedoch die Stufen weiter hinunter. Sie bemerkte, wie der Schatten des Mannes sie verfolgte und immer wieder verzweifelt ihren Namen rief. Der Schrei durchdrang sogar ihre schützenden Hände, wodurch sie sie von ihren Ohren nahm, aber ihre Geschwindigkeit noch hielt. „Nein!", brüllte sie die Wendeltreppe hinauf, wodurch das widerhallende Echo sie wie ein einschlagender Blitz traf. Ihre Stimme klang verändert. Sie hörte sich nicht mehr so kindlich und hoch an, sondern eher wie die einer verzweifelten Frau. Erschrocken über sich selbst schaute sie auf ihre einst winzigen Hände, die sich jetzt viel größer anfühlten. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Sie schüttelte den Kopf und strich sich die Tränen aus den Augen, sodass sie wieder ihre klare Sicht erhielt. Das weiße Nachthemd, welches ihr bis zu den Knöcheln gegangen war, hatte sich in ein ockerfarbenes enges Kleid verwandelt. Was war denn bloß geschehen? Ihre Gestalt glich doch vorhin noch der einer vierjährigen, oder? Die Rufe des schlaksigen Mannes verstummten. Auch der Schatten war verschwunden, die Treppe war also das einzige, die wohl kein Ende zu nehmen schien. Sie erhöhte ihr Tempo. Die Lichtstrahlen schmerzten in ihren empfindlichen Augen, da sie sie so hart trafen. Sie wollte ihre Kraft durch den Handrücken ihrer neuen Hände ein wenig abbremsen, doch da erblickte sie ihr vorbeiziehendes Spiegelbild im schimmernden Glas des Fensters. Sie schreckte zurück. Sie konnte nicht mehr atmen und ihr Mund stand weit offen. Sie sah aus wie eine Frau. Eine erwachsene Frau. Ihr Kleid war mit Schlamm bespritzt, genau wie ihr hübsches Gesicht. Ihr wunderschönes langes Haar schlängelte sich in einem durcheinander um ihre dürren Beine und sahen komplett zerzaust aus. Starke Schmerzen durchfuhren ihre schwachen Glieder. Sie erstreckten sich durch ihren gesamten Körper. Ein lauter Schrei kroch aus ihrer Kehle, als sie über ihre eigenen Füße stolperte und fiel. Sie fiel, aber die Stufen erreichten sie nicht mehr, sondern verschmolzen zu einem riesigen schwarzen Abgrund. Mit rasendem Herzschlag kreischte sie weiter. Sie zappelte und sah, wie das Dach eines kleinen Häuschens immer näherkam. Panisch riss sie ihren Kopf in alle Richtungen die sie erreichen konnte, doch sie hatte keine Chance sich irgendwo festzuhalten. Ihr Geschrei wurde lauter, doch niemand hörte sie. Sie wollte wieder zurück. Sich bei dem Mann mit dem silbergrauen Haar und den smaragdgrünen Augen entschuldigen. Sie hasste ihn nicht. Im Gegenteil.

Camilja fuhr hoch. Ihr Herz schlug wie wild an ihre Brust und sie wusste für einen kurzen Moment nicht wo sie war, bis es ihr wieder einfiel. Erschöpft fasste sie sich an den Kopf und ließ ihre Blicke durch das riesige Zimmer gleiten. Erst das sanfte Geräusch des plätscherten Wassers und der Geruch der frischen Waldblüten, beruhigten sie wieder. Sie hatte wohl schlecht geträumt. Immer noch benommen sah sie auf sich herab. Die schneeweiße Decke sah völlig zerknittert aus, genauso wie ihr zitternder Leib, der darin eingewickelt war. Sie schwitzte leicht. Kein Wunder, sie musste sich schließlich wie verrückt hin und her gewälzt haben. Ein leichter Lichtschimmer unter der Zimmertür riss sie aus ihren Gedanken. Ein Elb mit einer silbernen Rüstung betrat den Raum. In seiner Hand hielt eine Klinge, welche die tanzende Flamme seiner Kerze widerspiegelte. „Ist alles in Ordnung?", fragte er und warf zügige Blicke durch den dunkeln Raum, doch Camilja nickte bloß. „Ja natürlich", hechelte sie ihm außer Atem entgegen. „Es war nur ein Traum." Der Elb zuckte verständlich mit seinen Schultern und verließ kurz darauf das Zimmer, um Camilja nicht länger zu belästigen. „Es war nur ein Traum", flüsterte sie vor sich hin und sank vor Müdigkeit in ihre weichen Kissen zurück.

Hinter den Wäldern **Thranduil ff**Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt