Aufklärung

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Camilja wachte auf. Sie hörte Stimmen. Bekannte Stimmen, die von allen Seiten auf sie einredeten. Immer wieder und wieder lauschte sie ihren Worten, wie sie ihren Namen flüsterten. Stöhnend versuchte sie ihre Augen zu öffnen, doch sie fühlten sich viel zu schwer an. Ihre Glieder konnte sie kaum bewegen, da sie wie völlig gelähmt wirkte. „Camilja!", durchdrang es erneut ihre Ohren, sehr dumpf, aber auch sehr leise. Schmerzen durchfluteten ihren schwachen Körper, genau in den Momenten, in denen ihr Name gerufen wurde. „Camilja!" Sie durchzuckte es und mit einem Male bekam sie das Gespür in ihren Knochen wieder. Sie fühlte die kalte Luft, welche ihre zarte Haut streifte. Sie spürte die sanften Hände an ihren Schultern, die sie versuchten wachzurütteln und sie spürte die weiche Matratze, auf der sie lag. Doch es war nicht die Matratze, auf der sie jede Nacht schlief, sondern eine andere, die ihr trotzdem bekannt vorkam. „Camilja!" Sie stöhnte leicht, als das schwere Gefühl in ihren Augenlidern nachließ und sie vorsichtig in das Licht der grellen Sonne blinzelte. Sachte drehte sie ihren Kopf und blickte recht benommen in das sommersprossige Gesicht von Melwen, die sie immer noch wie verrückt schüttelte. „W-was?", keuchte sie und gab sich die größte Mühe aufrecht zu sitzen. „Ach Camilja zum Glück!" Die braunhaarige Elbin nahm die Hände von ihr, als sie sich bereits die Augen rieb und so langsam wieder zu Bewusstsein kam. „Was ist passiert?" Gähnend streckte sie sich erst einmal, um dann zu realisieren, wo sie sich eigentlich befand. „Du hattest einen Zusammenbruch.", erläuterte Melwen, deren Stimme sich erleichtert anhörte. „Kein Wunder, wenn du weder etwas gegessen noch getrunken hast." Erschöpft fasste sie sich an ihren Bauch, der wie verrückt grummelte und nun seinen Ruf nach Essen äußerte. Sie hatte ihn wohl nie so richtig wahrgenommen. „Camilja, wir haben uns schon Sorgen gemacht, du würdest nicht aufwachen." Ihr Herz blieb für einen kurzen Moment stehen. „Wir?", fragte sie nun hellwach nach und drehte ihren Kopf. Sie konnte es nicht fassen. Es war der König, der da neben ihr am Krankenbett stand. Mit gefalteten Händen und geschlossenen Augen nickte er, so als hätte er selbst darunter gelitten. Warum war er ihr nicht schon vorher aufgefallen? Beschämt sah sie von ihm weg und strich sich eine Strähne hinter das Ohr. „Ja, ich musste ihn sofort alarmieren, denn ohne seine Hilfe wärst du nicht aufgewacht." Camilja hielt sich eine Hand vors Gesicht und wagte es erneut zu ihm aufzusehen. Er kam also nur ihretwegen. Genau in diesem Moment öffnete er seine Augen und ihre Blicke trafen sich. In seinem lag Besorgnis, dass erkannte sie mit einem Male aber es verbarg sich noch etwas dahinter, doch um was es sich handelte, konnte sie in dieser kurzen Zeitspanne nicht herausfinden, da sie sich wegdrehte. Sie fühlte sich noch viel zu schwach, um seinen kalten Blicken standzuhalten, obwohl sie eigentlich gar nicht mehr so kalt auf sie wirkten. „Du brauchst endlich eine Auszeit.", riet ihr Melwen, doch Camilja sprang ihr entgegen. „Nein!", schrie sie und merkte, wie sie ins Wanken geriet. Der König wollte sie gerade stützen, doch sie fing sich rechtzeitig wieder. „Nein", wiederholte sie, jedoch in einem angenehmen Ton. „Ich denke nicht, dass dies euch gefallen würde mein König." Er schüttelte unerwartet den Kopf. „Ich stimme Melwen dabei zu. Es ist besser, wenn du zuerst zu Kräften kommst." Camilja stiegen ungewollt Tränen in die Augen. Eigentlich müsste sie bei seinen Worten nachgeben, doch sie tat es nicht. Woher dieser plötzliche Ehrgeiz wohl kam? „So soll es also sein." Camilja sah zu ihm. Die Besorgnis in seinen Augen war verschwunden und er schien deutlich erleichtert zu sein. „Melwen ich würde dich bitten eine Mahlzeit für Camilja zusammenzustellen." Die Elbin nickte eifrig. „Sehr wohl mein König." „In der Zwischenzeit werde ich mich über die Abwesenheit von Legolas informieren, da er eigentlich schon längst zurück sein hätte sollen." Melwen verbeugte sich bevor sie das Krankenzimmer verließ und der König wollte sich auch gerade auf den Weg machen, doch da hielt Camilja ihn noch zurück. „Wartet!", sprudelte es aus ihr heraus, worauf er natürlich abrupt stehen blieb. Eine schlechte Idee, wie es sich nach kurzer Zeit für sie herausstellte, denn es fehlte ihr der Grund ihn davon abzuhalten den Raum zu verlassen. Er durfte einfach um keinen Preis herausfinden, wo Legolas sich gerade befand, aber wie sollte sie das vor ihm geheim halten? „Geht nicht." Neugierig und mit schief gelegtem Kopf drehte er sich zu ihr um. Es musste wichtig sein, denn ansonsten würde er sie ohne hin verlassen. Camilja seufzte. Sie hatte da doch noch einen Ausweg. Nun ja, Ausweg konnte sie es gar nicht nennen, da es ihr sowieso seit einer gewissen Zeit auf der Zunge brannte. „Darf ich euch um einen Rat bitten." Thranduil zog eine seiner Augenbrauen hoch und näherte sich ihr ganz langsam. Sie schien sein Interesse wohl geweckt zu haben. „Und der wäre?", hakte er gespannt nach. Camilja schluckte. Sie tat sich schwer, denn dies wollte sie normalerweise immer vor ihm verbergen. „Einen Rat für immerwährende Albträume?" Der König lachte leicht und nahm am Rand des Bettes Platz. Camilja zog ihre Füße an und vergrub ihr Gesicht in dem weichen Stoff ihres himmelblauen Kleides. „Ich höre." Sie lächelte ein wenig und begann zu erzählen: „Wisst ihr, seit ein paar Tagen träume ich von merkwürdigen Dingen und ich weiß nicht was sie bedeuten. Sie sind zwar immer verschieden, doch ich glaube, dass sie miteinander eine Verbindung eingehen. Eine Verbindung die ich jedoch nicht verstehe." Der König dachte kurz nach, kam aber sofort auf sie zurück. „Träume, Camilja weisen uns meist auf psychische Probleme hin, welche der Betroffene meist versucht zu verdrängen. Gibt es etwas was dich bedrückt meine Liebe?" Camilja stockte der Atem. Es gab so vieles in ihrem Kopf, was sie ihm gerne anvertrauen wollte, doch sie musste ihr Versprechen halten, egal ob sie somit ihren Schlaf aufs Spiel setzte oder auch nicht. Abwesend schüttelte sie ihren Kopf und der König strich sich in Gedanken versunken über seine Lippen. „Vielleicht hat es auch mit deiner Vergangenheit zu tun?" Wie vom Blitz getroffen sah sie zu ihm auf. „M-meine Vergangenheit?" Er nickte. „Du hast mir doch erzählt du würdest dich nicht erinnern können, aber deine Träume zeigen es dir." Sie lachte auf. Jetzt ergab es auch einen Sinn. Die Frau und der Mann, ihre Eltern, die Hütte und die kleine zierliche Elbin. Das war sie. „Ihr habt Recht. Es hat etwas mit meiner Vergangenheit zu tun, doch ich träume nur Bruchstücke davon. Sie helfen mir nicht wirklich auf die Sprünge", gestand sie ihm traurig. Es interessierte sie doch nicht, was damals vorgefallen ist, das einzige, was sie sich von seinem Rat erwartete, war Frieden. Der Frieden in ihrem überfüllten Kopf. Der König runzelte die Stirn. „Du darfst nicht zweifeln meine Liebe. Du wirst sehen, wenn du die Wahrheit erkennst, werden auch deine schrecklichen Träume schwinden." Camilja nahm das Gesicht von ihren Knien und spielte nervös mit ihren Haaren. „Vielleicht habt ihr ja Recht und alles legt sich mit der Zeit." Der König lächelte das erste Mal so richtig, nachdem sie diese Worte an ihn gewandt hatte, was ihr das Herz erwärmte. Er hatte zwar zuvor auch schon ein wenig gelächelt, aber dieses hier war ihr noch fremd. Es sah auch viel fröhliche und besonnener aus. Thranduil streckte eine Hand nach ihr aus und hob leicht ihr Kinn. Seine Finger auf ihrer blassen Haut fühlten sich so unglaublich wohlig an und gaben ihr sogar ein wenig ihrer verloren gegangenen Energie zurück. Jetzt verstand sie auch, wieso sie in seiner Gegenwart immer ein besseres Gefühl verspürte. „Nun denn meine Liebe, ich werde euch nun verlassen müssen, da ihr dringend Schlaf benötigt." Er nahm seine magischen Fingerspitzen von ihr und schritt langsam von dem Krankenbett weg. Sofort kroch die Müdigkeit in ihren Körper zurück, welches sie zum Hinlegen verdammte. Ihr schwer gewordener Kopf pochte noch immer und würde nicht eher ruhen, bis sie endlich in den Schlaf gefallen wäre. Wie der König noch den Raum verließ und die Tür hinter sich schloss, bekam sie gar nicht mehr mit, da sie schon längst dahinverschwunden war.

Hinter den Wäldern **Thranduil ff**Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt