Der Brief

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Tage vergingen und Camilja wurde immer ungeduldiger

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Tage vergingen und Camilja wurde immer ungeduldiger. Sie verbrachte die meiste Zeit in ihrem Zimmer und traute sich nicht in die Gänge hinaus. Nur sehr selten, wenn der König unterwegs war, traute sie sich in den Garten, um sich abzulenken. Sie fürchtete sich immer mehr ihm alles zu erzählen und mied sozusagen das Aufeinandertreffen mit ihm. Tag um Tag plagte sie das schlechte Gewissen stärker und stärker, da sie von dem Prinzen kein einziges Lebenszeichen bekam. Sie machte sich ständig Sorgen und auch etliche Vorwürfe wanderten durch ihren überfüllten Kopf. Sie wusste, wie sehr auch der König unter seinem unerklärlichen Verbleib litt. Er ließ es sich zwar nicht anmerken, doch hin und wieder konnte man es in seinen Augen erkennen. Besonders wenn er auf seinem Thron saß und dort in die Ferne starrte. Camilja durfte ihm zwar nicht begegnen, doch sie hielt es keinen einzigen Tag aus, ohne seine mächtige Gestalt für einen kurzen Moment erblickt zu haben. Genau aus diesem Grund schlich sie sich an den Thronsaal heran und beobachtete ihn des Öfteren. Sie liebte es, wenn er manchmal seine Augen geschlossen hielt. Er wirkte dann so friedlich, als würde er schlafen und von etwas sehr Wundervollem träumen. Aber es stimmte, manchmal fragte sie sich wirklich, was ihm durch den Kopf ging. Ob er wohl hin und wieder an sie dachte? Camilja drehte sich weg und schüttelte den Kopf. Mit einer Hand schlug sie sich an die Stirn. Wie konnte sie bloß an so etwas denken? Blitzartig verschlug sie ihre Arme vor der Brust. Er war der König und verschwendete mit Sicherheit nicht seine wertvollen Gedanken an eine gewöhnliche Elbin wie sie. Er mag zwar sehr oft mit ihr zu tun haben, doch sie war gleich wie alle anderen weiblichen Elben in diesen Hallen. Das Krachen der Eingangstür brachte sie zurück in die Wirklichkeit und gab ihr das Zeichen, so schnell wie möglich zu verschwinden. Sie hatte viel zu viel Zeit hier verbracht. Eilig fasste sie nach den Enden ihres langen lachsfarbenen Kleides und huschte durch die Gänge. Einigen Wachen die sie selbst gesund gepflegt hatte, liefen ihr über den Weg und begrüßten sie voller Freude sie zu sehen, aber Camilja konnte es sich nicht leisten stehen zu bleiben. Zu groß war die Gefahr ihm zu begegnen. Plötzlich blieb sie stehen. Sie hörte Schritte. Schritte die von einem umwerfenden Wald Duft begleitet wurden. „Der König", flüsterte sie vor sich hin und riss ihren Kopf in alle Richtungen die sie erreichen konnte. Sie spürte wie die Anspannung sich in ihr breit machte. Der Gang in dem sie sich befand lag fast zur Gänze in der Dunkelheit, da es schließlich schon spät war. Nur ein paar der großen Kerzen erleuchteten gerade noch das Nötigste. Camilja riss herum und ließ ihr Kleid los, welches sich wieder ihrer schmalen Figur anschmiegte. Sie hatte etwas gehört. Ein Schatten schlich sich um die Ecke und sie wich ängstlich zurück. Sie legte eine Hand an ihren Mund, um ihre hektischen Atemzüge abzudämpfen. Stille umschlang sie, genauso wie der Schleier der Finsternis, da sie sich in eine Ecke drängte. „Es ist also doch nicht der König", dachte sie und presste ihren Körper an die kalte Wand aus Birkenholz. Ob wohl jemand unbemerkt in die Hallen eingedrungen war? Nein, dass erschien ihr Unmöglich, denn es standen überall Thranduils Wachen verteilt. „Das kann nicht sein, oder?" Die Stille wurde von ungleichmäßigen Schritten unterbrochen, was Camilja die Furcht in die Knochen jagte. Wer könnte dies wohl sein? Erst jetzt schoss ihr ein Geistesblitz in den Kopf. „Natürlich! Legolas!" Camilja nahm die Hand von ihrem Mund und stolperte in die erleuchtete Mitte des Ganges und sah sich um. „Legolas?", flüsterte sie in die Dunkelheit, bekam jedoch keine Antwort. „Legolas ich bin es Camilja!" Ihr Flüstern wurde Lauter und sie wagte es sich nun in die Richtung des Schattens zu bewegen. „Legolas?" Camilja blieb stehen. Eine völlig vermummte Person trat aus der Finsternis hervor und trat langsam an sie heran. Camilja lachte und wollte dem Prinzen gerade um den Hals fallen, als der Vermummte in das Kerzenlicht trat und seine Kapuze fallen ließ. Erschrocken wich sie ein Stück zurück, da es nicht Legolas war, der auf sie herabschaute. Ein Elb mit langen braunen Haaren lächelte sie schwach an. „Ihr seid nicht Legolas.", stotterte sie den Unbekannten ins Gesicht. „Ich weiß.", gab er ihr leise zur Antwort und hielt sie zurück, als sie versuchte vor ihm zu fliehen. „Warte! Ich mag zwar nicht Legolas sein, aber er hat mich geschickt." Camilja spitzte ihre Ohren und widmete sich ihm wieder. „Er hat euch geschickt? Aber wieso ist er nicht selbst hergekommen?" Der Elb mit den braunen Haaren holte einen Umschlag unter seinem dicken Mantel hervor und streckte ihn ihr entgegen. „Er sagte mir, dass es zu gefährlich wäre, da sein Vater die Suche nach ihm verschärft hätte. Deswegen bat er mich einer Frau namens Camilja diesen Brief zu geben." Camilja die seine Worte kaum fassen konnte zögerte zuerst, schnappte jedoch letztlich nach dem Umschlag und drückte sich ihn fest an ihre Brust. „Ich danke euch zutiefst mein Herr." Der Elb nickte und nahm ihre Danksagung mit einer Verbeugung an. „Falls ihr mich sucht mein Name ist Tergondir. Ich halte mich nördlich des Flusses im Düsterwald auf, wenn ihr also Legolas etwas auszurichten habt, kommt vorbei und ich werde ihm eure Nachricht überbringen." Camilja lächelte. „Das werde ich, vielen herzlichen Dank." Tergondir griff nach seiner Kapuze und warf sie sich über das Haupt bevor er wieder von der Dunkelheit verschluckt wurde. Camiljas Herz begann wie verrückt zu schlagen. Der Prinz hatte sich endlich bei ihr gemeldet. Nach so langer Zeit. Ohne weiter darüber nachzudenken öffnete sie den Umschlag und ließ ihre neugierigen Augen darüber gleiten:

„Meine liebe Camilja,

Verzeih mir, wenn ich mich erst jetzt bei dir melde, doch ich habe auf meiner Reise durch den Düsterwald sehr viel erfahren. Wie du bereits weißt, habe ich mich auf die Suche nach den Orks gemacht, um ihre Absicht herauszufinden. Lange irrte ich durch viele Höhlen und versteckte mich vor anderen Kreaturen, bis ich endlich einen sehr interessanten Ort gefunden habe. Ich fand heraus, dass sie ihre Nachtlager täglich wechselten und es somit länger dauerte als es eigentlich geplant war. Doch ich hatte Recht! Du wirst es nicht glauben aber es hat sich gelohnt. Eines Abends, als ich sie belauscht hatte sprachen sie über das Gerücht, von dem du bereits weißt. Ich habe mich unter dem Blätternetz einer riesigen Eiche versteckt und bekam so mit, wie sie sich darüber unterhielten. Sie sprachen über eine verschollene Prinzessin die einst für Tod erkärt wurde. Sie wohnte im Süd-Westen des Düsterwaldes und war sozusagen das Licht in der Dunkelheit. Doch eines Tages starben alle in diesem Königreich, darunter auch die Prinzessin. Erst jetzt ein paar tausend Jahre später soll das Gerücht aufgekommen sein, die Prinzessin sei gar nicht tot, sondern bloß entführt worden. Genau aus diesem Grund sind die Orks im Düsterwald unterwegs um die Prinzessin zu finden und um durch sie an die Belohnung zu kommen, welche sie sich angeblich verdient hatten. Warum sie sich ausgerechnet im Königreich meines Vaters aufhalten, dass kann ich mir noch nicht erklären, aber sie suchen nach ihr genau wie ich es nun tun werde. Ich bitte dich nun meine Liebe Camilja, verbrenne diesen Brief, denn mein Vater darf davon nichts erfahren. Mir geht's es gut, keine Sorge. Ich werde dafür sorgen, dass Tergondir noch weitere Briefe von mir zuschicken wird, doch fürs erste muss ich mich wieder auf die Suche machen.

Dein Legolas"

Camilja schluckte und ließ ihre Hände inklusive des Briefes sinken. Eine verschollene Prinzessin? Sie runzelte fraglich die Stirn. Was wollten die Orks bloß mit einer Prinzessin von der man über tausend Jahre geglaubt hatte, sie sei Tod? Ziemlich merkwürdig kam Camilja dies schon vor. Noch nie hatte sie jemals von diesem Gerücht gehört, wieso sollte sie also plötzlich von einem Tag auf den anderen wieder leben? Verwirrt schüttelte sie ihren Kopf und überflog den Brief ein zweites Mal. „Immerhin ging es ihm gut und er wurde so schnell nicht vergiftet." Camilja faltete den Brief und steckte ihn zurück in den Umschlag. Legolas meinte, dass sie ihn am besten verbrennen sollte, was sie auch sofort vorhatte. Mit dem Umschlag in ihrer rechten Hand warf sie ihre blonden Haare zurück und wollte sich auf den Weg nach draußen machen, als sie plötzlich gegen einen Elben rannte, der direkt hinter stand. Sie wollte sich gerade beschweren, dass er aufpassen sollte, doch dies verschwand sogleich, denn es war das verdutzte Gesicht des Königs, welches ihr die Worte aus dem Mund nahm.

Hinter den Wäldern **Thranduil ff**Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt