22. Unverhofft kommt oft

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Wenig motiviert griff meine Hand abermals in die halbvolle Chipstüte in meinem Schoß. Meine liebste beste Freundin neben mir war zu sehr damit beschäftigt nach ihrem Spielzeug Ausschau zuhalten, als sich mit mir zu unterhalten.
Folglich aß ich mir mit dem nächst besten Zeug den Mund voll um wenigstens meinen Kaumuskeln eine Beschäftigung bieten zu können.
Um mich herum saßen lauter grölende Leute die den Anpfiff kaum erwarten konnten. Ich hasste diese überfüllten Veranstaltungen und wäre Brianna nicht solch ein Talent im Überreden, würde ich mir das auch nicht freiwillig antun.
Doch ihr neues, mittlerweile vielleicht auch schon altes, Spielzeug Eric war heute ausnahmsweise ein Ersatzspieler in unserer schulischen Basketballmannschaft.
Und das wollte sich Anna natürlich nicht entgehen lassen.
Auch wenn es die Blondine neben mir vehement abstritt, kommt in mir immer mehr der Verdacht auf, dass es ihr Eric doch mehr angetan hatte, als ihr lieb war. Das Ganze lief jetzt schon seit fast zwei Wochen.
Was für Brianna' Verhältnisse unüblich war. Auch die Tatsache, dass sie sich für ein einfaches Spiel so in Schale geworfen hatte und ihre Augen vor Vorfreude funkelten wie zwei hochpolierte Diamanten, bestärkte meine Vermutungen nur noch.
Naja heute werde ich den Typen ja auch zu Gesicht bekommen und vielleicht erkenne ich dann den Grund wieso meine Freundin plötzlich einen Umschwung machte. Ich würde mich für sie freuen wenn sie endlich mal etwas Festeres finden würde. Ich fand dass dieses lockere zwar durchaus seine Vorteile hatte, doch auf längeren Zeitraum konnte das doch einem nur schaden.
Zumal Brianna gar nicht so Taff war wie sie immer tat.
Sehr wahrscheinlich war sie noch romantischer als ich. Wobei das auch nicht wirklich schwer war. Ich glaube zwar an die Liebe, wie auch nicht mit solchen Eltern, finde jedoch das Romantik keineswegs eine Beziehung ausmachte. Romantik war eine Ansichtssache. Manche wollen allen Schnickschnack wie Kerzen, Rosenblätter, Candlelight Dinner oder keine Ahnung was alles.
Andere wiederum wollen einfach nur eine zu sich passende Hälfte finden, der sie vertrauen können und jede erdenkliche Scheisse zusammen durchstehen.
"Da ist er!", die Hand, die mir bei den Worten unsanft in den vollen Bauch geschlagen wurde, sorgte dafür dass ich mir mit leidendem Gesichtsausdruck die Stelle rieb und dem Mädchen neben mir einen grimmigen Blick schenkte.
Doch diese beachtete mich nicht mal. Zu sehr war sie damit beschäftigt einer ganz  bestimmten Person nach zu schmachten.
Immer noch eingeschnappt folgte ich ihrem Blick. Ein brünetter junger Mann dehnte sich am Rand des Spielfeldes mit seinen Teamkollegen ein. Interessiert musterte ich ihn genauer. Das war also der Junge der Anna den Kopf verdreht hatte? Interessant. Und vollkommen nachvollziehbar.
Dieser Eric war wirklich nicht schlecht anzuschauen, obwohl ich von meinem jetzigen Standort nicht gerade alles genau von ihm sehen konnte. Seine kurzen braunen Haare liessen ihn etwas aus der Menge herausstechen, da alle anderen Spieler deutlich mehr Haare auf dem Kopf sitzen hatten. Aber ich musste zugeben, es stand ihm. Auch wenn ich eher zu etwas längeren Haaren, die man so richtig schön verunstalten konnte, tendierte.
Seine Augenfarbe konnte ich leider nicht entziffern, laut Anna sollten sie einen Grünstich haben.
Was ich aber von hier aus sehen konnte war, dass er zwar etwas schlanker gebaut aber dennoch stolzer Besitzer von schönen, leicht definierten Muskeln war.
Er war nicht solch ein riesen Tier wie manch andere auf dem Platz, was seinem Erscheinungsbild aber auch keineswegs schadete. Wenn wir schon bei riesen Tieren waren.
Der einte Spieler etwas abseits sah für mich stark nach Jaron aus.
Was machte der denn hier?
Oder anders gefragt, seit wann spielt er in der schulischen Basketballmannschaft?
Jaron war zwar sportlich, doch Teamfähigkeit gehört wahrlich nicht zu seinen Stärken.
Naja diese Ansicht werde ich wenig später wohl ablegen müssen. Automatisch änderte sich meine gelangweilte Haltung und ich ertappte mich dabei wie ich Jaron bei jedem seiner Schritte beobachtete.
Ich konnte nichts dagegen tun.
Es war wie ein Zwang.
Zum Glück war Brianna zu sehr mit Eric beschäftigt, so dass sie Jaron noch gar nicht entdeckt hatte.
Dieser sah leider Gottes einfach wieder mal zum anbeissen aus.
Sein dunkelgrünes tiefgeschnittenes Muskelhirt lag locker über seiner trainierten Brust und die schwarzen weiten Sporthosen saßen ihm tief auf den Hüften.
Seine Haare waren wirr auf dem Kopf aufgetürmt und eine nervige Strähne fiel ihm immer wieder ins Gesicht, die er jedes Mal wieder aufs Neue mit einer fahrigen Bewegung wegstrich.
Einfach nur hot!
Als ich wieder zu Besinnung kam und bemerkte, was ich da gerade dachte, schüttelte ich genervt über mich selbst den Kopf. Es reichte schon wenn meine Mutter nicht aufhören konnte mir und Dad immer wieder in den Ohren zu liegen wie toll er doch sei. Seit dem gemeinsamen Abendessen sind jetzt zwei Wochen vergangen, in denen Jaron noch zwei weitere Male bei mir war und beide Male war Mum zu Hause. Ich denke mehr muss ich dazu nicht mehr sagen.
Die Spieler stellten sich bereit und dann erklang auch schon der schrille Pfiff der meine Ohren unangenehm klingeln liess. Sofort kam Bewegung und die Spieler.
Der Ball flog vom einten zum anderen und das in solch einer Geschwindigkeit, dass ich kaum mitkam. Im allgemeinen hatte ich sowieso keinen Plan von diesem Sport, so dass ich mir während des Spiels einfach versuchte alles halbwegs zusammen zu reimen. Fazit: Der Ball musste einfach in den gegnerischen Korb, der Rest schien mir nicht so von belangen.
Zwei Chipstüten und einen Café später war dann das Spiel zu Ende. Anhand der Tafel hatte anscheinend unser Team gewonnen. Brianna und ich hatten nach der Hälfte langsam Langweile bekommen und haben uns einfach begnügt die Spieler aufs Genauste zu inspizieren.
Als sie dann Jaron ebenfalls entdeckt hatte, war sie mindestens genauso überrascht gewesen wie ich.
Die Spieler joggten schweissüberströmt an den Rand des Feldes und packten ihre Sachen zusammen, bevor sie in Richtung Umkleide trotteten.
Nur Eric schlug die gegengesetzte Richtung an, genau auf uns zu. Brianna war bereits aufgesprungen un lief ihm entgegen.
Ich beobachtete das Schauspiel aus sicherem Abstand breitgrinsend.
Eric zog die Blondine ohne lange zu fackeln an sich und küsste sie als gäbe es kein Morgen mehr.
Anna schien das keineswegs zu entfallen. Wie eine Schmusekatze schmiegte sie sich ans eine durchgeschwitzte Brust.
Doch genau das schien sie dann wieder zur Besinnung zu bringen.
Mit halb angeekeltem halb verliebtem Blick löste sie sich sogleich wieder von ihm sagte irgendetwas was Eric ein freches Grinsen entlockte.
Sie waren so vertraut miteinander.
So als würden sie sich schon unheimlich lange kennen und nicht erst seit 2 Wochen.
Ein leichter mir fremder Stich durchzuckte meine Brust und liess meinen Blick von der herzerwärmenden Szene weggucken. Plötzlich fühlte ich mich seltsam.
War ich etwa eifersüchtig?
Auf meine beste Freundin?!
Mein Gott ich sollte mich schämen!
Wenn ich ihr das nicht mal gönnte, wem denn dann?
Ich riskierte einen weiteren Blick, nur um wieder vor Augen geführt zu bekommen, wie einsam ich in Wirklichkeit doch war.
Eine Welle von Selbsthass holte mich aus meinen erbärmlichen Selbstmitleid.
Ich sollte nicht etwas nachtrauern, was ich sowieso nicht gebrauchen konnte.

Beyond all reason - Gegen jede VernunftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt