50. So schmeckt Freiheit

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Ein anerkennender Pfiff durchzuckte meinen Hausflur,"Hübsche Bude, Prinzessin!"
Tamian pflichtete seinem Freund nickend bei, während sich beide fast schon etwas ehrfürchtig umschauten.

"Und es ist wirklich okay, dass wir hier sind? Ich meine, verdrecken wir hier nicht alles?", dafür bekam Shane von mir einen Klaps auf die Schulter.

"Spinner!"

Besagter grinste nur verschmitzt und legte einen Arm um meine Schulter. Sie liebten es mich zu ärgern und übertrieben damit masslos.

Auch Xavier und Maria, dicht gefolgt von Anna traten ein, so dass der Flur langsam etwas eng wurde und ich die Gruppe in Richtung Wohnzimmer und Esszimmer lotste.
Ich merkte jedoch auch, dass sich hinter den Witzeleien auch etwas Ernstes versteckte.
Ein wenig eingeschüchtert waren sie anscheinend schon und das war mir unglaublich unangenehm.
Wir hatten bei weitem keine Villa, noch war bei uns alles purer Luxus, doch es war auch nicht Standart. Schwer zu erklären und ehrlich gesagt hatte ich mir darüber auch nie wirklich Gedanken gemacht.
Bis ich die vier und die Zwillinge kennengelernt hatte.
Aber mir war wichtig, dass sie sich wohl fühlten. Nicht umsonst hatte ich sie eingeladen.
Heute in der Schule war mir die fantastische Idee gekommen die Truppe zu einem Fajiatas- Abend einzuladen.
Mum und Dad waren heute wieder weg, dieses Mal war es irgendein geschäftliches Abendessen.
Jedenfalls sollten sie vor Mitternacht nicht wieder zurück sein.

"Mhm das sieht lecker aus.", Tamian' Augen glänzten, als er das Essen auf dem Tisch sah und schnappte sich sogleich eine Gurke.
Auch die anderen wurden jetzt auf den gedeckten Tisch aufmerksam und gesellten sich zu ihrem Freund.
Ich grinste zufrieden über die hungrigen Gesichter und lief zur Küche, um die Tortillas warm zu machen.

"Jetzt setzt euch schon und haut rein! Ihr schaut drein, als hättet ihr seit Tagen nichts mehr gegessen.", lachte ich, als ich zurück zu den anderen stiess.
Das liessen sich meine Freunde kein zweites Mal sagen und sie stürzten sich auf das vorbereitete Buffet.
Der Lärmpegel war von der ersten Sekunde an hoch, was vor allem Shane' und Tamian' Verdienst war. Ich hielt mich etwas zurück, begnügte mich damit die fröhliche Stimmung um mich herum zu geniessen.
Keine Ahnung, wann zum letzten Mal so viele Leute in meinem Haus waren. Jedenfalls war es schon viel zu lange her.
Früher hatte ich öfters Freunde zu Hause und Mum verwöhnte uns dann immer mit ihren Kochkünsten.
Sie liebte es von uns Kindern umgeben zu sein.
Es war kein Geheimnis, dass Mum und Dad gerne noch ein paar weitere Kinder haben würden, doch der liebe Gott schien da andere Pläne gehabt zu haben.
Vor mir war Mum schon ein paar Mal schwanger gewesen, doch es war nie zur Entbindung gekommen.
Laut Ärzte war es ein Wunder, dass ich dann als der letzter verzweifelter Versuch erfolgreich war.
Auch wenn ich etwas zu früh kam, doch damit konnte man arbeiten. Heutzutage waren Frühgeburten nicht mehr das was sie mal waren. Zum Glück.

"Aww schaut mal wie süss unsere Clea mal war!", Shane stand neben der Kommode neben dem Esstisch und hob eins der Bilder in die Höhe. Mist, ich wusste ich hätte die verstecken sollen!
Das Bild zeigte mein siebenjähriges Ich wie ich an Gesicht und Händen mit Nutella beschmiert war und gerade daran tat, einen weiteren Löffel in den Mund zu stopfen.
Da hatte Dad mich gerade auf frischer Tat ertappt und ein Foto geschossen. Mum hatte das alles nicht so lustig gefunden.
Schliesslich habe ich mein niegelnagel neues Pyjama ruiniert und um drei Uhr Morgens ein ganzes Nutellaglas leer gefuttert.
Dafür war das Glas für circa zwei Monate mein Letztes gewesen.
Die Hölle für eine siebenjährige Nutellaverrückte.
Doch schon damals wusste ich mir auszuhelfen. Ich hatte ja noch Anna, die sich zwei Monate ohne Nutella ebenfalls nicht vorstellen konnte und  mich deswegen grosszügig mit meiner damaligen Hauptnahrung versorgt hatte.
Wir fühlten uns dabei immer wie auf einer Mission.
Ich schaute zu Anna, die auch mich grinsend anschaute und wir beide mussten leise lachen.
Es war klar, dass wir an das Gleiche gedacht haben.

Beyond all reason - Gegen jede VernunftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt