Gelangweilt starrte ich aus dem Fenster. Ich hatte wirklich Mühe meine Augen offen zu behalten.
Und der Unterricht von Mrs. Flemmings trug auch nicht gerade dazu bei, meine Müdigkeit schwinden zu lassen. Von Anna, drei Reihen hinter mir, musste ich gar nicht erst anfangen. Sie machte sich nicht mal die Mühe, gegen ihre Müdigkeit anzukämpfen, sondern hielt einfach ein kleines Nickerchen.
Gewagt, wenn unser geliebter Drachen sie erwischte, konnte sie sich auf eine saftige Standpauke und ein paar Extrastunden gefasst machen.
Das mit dem früh ins Bett gehen war gestern Abend irgendwie nichts mehr geworden. Doch ehrlich gesagt war das schon von vornherein klar gewesen. Brianna und ich fanden immer Gesprächsstoff, egal wie unnötig dieser auch sein mochte.
Wie gerne würde ich jetzt einfach draussen in der Sonne liegen und Musik hören. Das Wetter war ein Traum im Gegensatz zu den letzten Tagen und ausgerechnet heute war mein längster Schultag.
Mit einem wehleidigen Blick auf die Uhr über der Tür, stellte ich fest, dass es noch exakt 13 Minuten waren bis sich die langersehnte Klingel melden würde und mich endlich meine geliebte Mittagspause erwartete.
"Miss Davies? Wissen sie die Antwort?", wollte der Drache alias Mrs Flemmings wissen.
Ertappt blickte ich nach vorne auf die Tafel und versuchte zu entziffern, was genau sie von mir wollte.
Doch ich wurde einfach nicht schlau. Meine Klassenkameraden drehten sich nach und nach zu mir um und betrachteten mich belustigt und bemitleidend zugleich.
Niemand traute sich mir zur Hilfe zu kommen, denn jeder wusste dass die Flemmings das nicht duldete.
Vor allem in Geschichte, was ihr absolutes Lieblingsfach war, durfte man sich nichts zu schulden kommen lassen. Die einzige Person die mich vielleicht noch retten würde, wäre Brianna. Doch die konnte mir im Moment auch nicht helfen, da sie erst recht nicht aufgepasst hatte.
"Ehm...also..", fieberhaft suchte ich nach irgendeiner Antwort.
Doch wie sollte ich auf etwas antworten, wenn ich nicht mal die Frage mitgekriegt hatte?!
"60 Staaten waren beteiligt.", rettete mich da eine tiefe Stimme.
Überrascht drehte ich mich um.
Einer der Doe-Zwillinge grinste mir wissend entgegen.
Jackson so hiess er, glaube ich.
"Ich kann mich nicht daran erinnern dass sie Davies heißen Mr. Doe!
Aber ja richtig, 60 Staaten waren beim 2. Weltkrieg involviert.
Miss Davies nächstes Mal kommen sie nicht so leicht davon!", letzteres galt mir und ich nickte kleinlaut.
Ihr schien es gar nicht zu passen, dass mir Jackson geholfen hatte.
Sie liebte es Schüler bloßzustellen, vor allem ich war dafür ihre Nummer eins bevor ich gegangen war und es schien sich auch nicht geändert zu haben. Als sich Mrs Flemming wieder nach vorne begab, drehte ich mich nochmal um und lächelte Jackson dankbar an, was er mit einem Nicken in Kenntnis nahm.
Sein Bruder saß währenddessen völlig Teilnahmslos neben ihm. Wieder sah man nichts ausser seine verhüllte Gestalt. Ich fragte mich wirklich, was es damit auf sich hatte.
Was wollte er von uns verstecken?
Das langersehnte Klingeln riss mich aus meinen Gedanken.
Schnell packte ich mein Zeug zusammen, stupste Anna an und verliess dann den Raum.
Ich wollte keine Sekunde länger als nötig in einem Raum mit diesem Drachen verbringen...
Brianna folgte mir noch ein wenig zerstreut. Zusammen holten wir uns in der Cafeteria einen Salat und setzten uns nach draussen auf eine Bank im Schatten.
Nur noch 4 Stunden dann hatte ich den heutigen Schultag hinter mir!***
Ein Schatten schob sich in mein Blickfeld und ich begegnete einem grün funkelnde Augenpaar.
Jackson' Augen. Er trug Sportklamotten und seine Atmung ging schnell. War der ernsthaft in dieser Hitze joggen?!
Er grinste verschmitzt zu mir herunter,"Ja das war ich."
Verwirrt schaute ich ihn an.
Bis ich schnallte, dass ich wohl wieder einmal meine Gedanken nicht bei mir behalten konnte. Ich schenkte ihm ein schiefes Grinsen. Das war wieder mal so typisch für mich!
"Clea richtig? Was machst du denn hier so ganz alleine?", wollte er wissen. Ich stützte mich auf und blinzelte zu ihm auf, "Ich warte auf eine Freundin."
Er nickte und deutete neben mich,"Etwas dagegen wenn ich dir ein wenig Gesellschaft leiste?"
Ich schüttelte schnell den Kopf und rutschte etwas zur Seite. Dabei schweifte mein Blick auf meine Armbanduhr. Brianna hatte noch cheerleader Training und ich hatte ihr in einem schwachen Moment versprochen, auf sie zu warten um anschliessend noch bei Starbucks vorbei zu gehen.
Anfangs hatte ich ihr noch zugeschaut, dann wurde es mir aber zu langweilig und ich zog mich auf eine Bank zurück, um mich etwas hinzulegen. Doch daraus wurde jetzt wohl nichts mehr.
"Danke nochmal für heute Morgen.
Sehr wahrscheinlich würde ich jetzt ohne deine Hilfe immer noch im Klassenzimmer sitzen und mich damit begnügen einen sechsseitigen Aufsatz über irgendein unnötiges Thema zu schreiben.", bedankte ich mich nochmal richtig.
Er lachte leicht, "Keine Ursache. Sie scheint dich nicht gerade zu mögen."
"Das ist noch nett ausgedrückt.
Flemmings und ich waren schon nie auf einer Wellenlänge.", ich gab mir keine Mühe meine Abneigung in meiner Stimme zu verstecken.
Ich würde lügen wenn ich sagen würde, dass es ist nicht komisch ist, mich hier mit dem Jackson Doe zu unterhalten, als sei es das Normalste auf der Welt. Von dem was ich gehört hatte, sprachen die Doe-Zwillinge eigentlich nie mit jemand anderem aus der Schule. Sie waren immer für sich alleine. Ein eingespieltes Duo.
"Du bist neu hier nicht?", erkundigte sich Jackson, nachdem wir uns eine Weile angeschwiegen hatten.
Ich bezweifelte zwar, dass es ihn wirklich interessierte, sehr wahrscheinlich suchte er einfach nach Gesprächsstoff, doch trotzdem antwortete ich ihm,"Nicht wirklich nein. Ich bin hier aufgewachsen und vor einem Jahr habe ich mich dann dazu entschieden ein Jahr ins Ausland zu gehen."
"Ein Jahr weg von allem, das klingt toll.", erwiderte er darauf mit einem verträumten Blick, was mich innerlich zum Augen verdrehen brachte.
Wenn der wüsste!
Abermals blickte ich auf meine Uhr.
Noch 15 Minuten bis Brianna fertig war. Wieder einmal fragte ich mich wieso ich mich dazu habe breitschlagen lassen, hier Däumchen zu drehen.
"Wo ist den der mysteriöse Eisklotz?", wollte ich wissen, doch kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen, hätte ich sie am liebsten wieder zurück genommen.
Verdammte Kacke!
Wieso musste ich meine Gedanken auch immer laut aussprechen? Konnte ich nicht einfach mal die Klappe halten? Und dann auch gleich zweimal hintereinander, ganz tolle Arbeit Clea.
"Mysteriöser Eisklotz?", wiederholte Jackson und zog amüsiert eine Braue in die Höhe.
"Ich schätze mal du meinst damit meinen Bruder.", schlussfolgerte er grinsend. Als ich seinem Blick auswich und nichts darauf erwiderte, war ihm das Antwort genug.
"Ich vermute mal der 'mysteriöser Eisklotz', wie du ihn nennst, treibt sich hier irgendwo rum.", beantwortete er dann meine vorherige Frage und betonte mysteriöser Eisklotz extra um mich noch mehr in Verlegenheit zu bringen.
Ihn schien diese Unterhaltung wirklich zu amüsieren.
Verunsichert über das lockere Verhalten von Jackson gab ich einfach ein simples Nicken von mir.
Schliesslich hörte man ganz andere Sachen über ihn. Oder eher gesagt von seinen Bruder. Oder stimmten die Gerüchte gar nicht?
Waren das im Wahrheit nur Hirngespinste mancher Schüler?
Oder-
Meine Gedanken wurden von einem dumpfen Schlag und einem darauffolgenden schmerzvollen Stöhnen unterbrochen. Immer wieder ertönten die selben Geräusche.
Jackson neben mir schien diese auch gehört zu haben, denn er spannte sich augenblicklich an und sprang auf.
Ich folgte seinem Beispiel und lief in die Richtung von wo ich die Geräusche glaubte zu hören.
"Das klingt so als...."
"Als würden sich zwei Vollidioten prügeln. Und wie es aussieht ist einer dieser Vollidioten mein Bruder!", beendete Jackson, der mir gefolgt war, trocken meinen Satz.
Sein Bruder?!
Ich folgte seinem Blick und tatsächlich. Dort kämpften zwei junge Männer auf brutale Art miteinander.
Beide wussten wie sie ihrem Gegner schmerzen zufügen konnten.
Ich sah Jaron nur von hinten.
Seine Kapuze musste während der Schlägerei runter gerutscht sein.
Doch mehr als braune Haare konnte ich nicht entziffern.
Er sass auf seinem Gegner und attackierte ihn mit gezielten, harten Schlägen. Seine ganze Haltung strotze nur so von Aggressivität und ich verspürte in diesem Moment eine riesen Angst vor ihm.
Merkte er denn nicht, dass sein Gegner schon lange bewusstlos unter ihm lag?!
Anscheinend nicht, denn Jaron verpasste dem Typen erbarmungslos einen Schlag nach dem anderen.
Er musste aufhören, lange würde der andere diese Schläge nicht mehr aushalten! Jackson neben mir schien der gleichen Meinung zu sein,"Verdammt Jaron! Krieg dich wieder ein! Er ist schon längstens KO."
Überrascht hielt Jaron inne.
Drehte sich jedoch nicht zu uns um.
Schien dann aber zur Vernunft zu kommen. Er liess erschöpft von seinem Opfer ab und lehnte sich an die Hauswand der Schule.
Sein Gesicht blieb mir aber dennoch verborgen. Jackson ging sofort auf seinen Bruder zu und redete auf ihn ein. Dieser aber wehrte jegliche Kommunikation ab und zog sich die Kapuze wieder ins Gesicht.
Es schien fast so, als wär diese sein Schutzschild von der Aussenwelt.
Als wolle er damit sein wahres Ich verbergen.
Okey das klang jetzt vielleicht ein wenig creepy...
"Clea ich denke es ist wohl besser wenn du jetzt gehst. Wir kommen hier schon klar.", meinte Jackson ohne mich anzuschauen.
Jaron' Kopf schnellte in meine Richtung, als sein Bruder meinen Namen aussprach.
Er schien gar nicht bemerkt zu haben dass ich ebenfalls anwesend war.
"O-okey...", murmelte ich stockend.
Mit einem letzten Blick auf das Bild vor mir, drehte ich mich um und suchte das Weite.
Ich war immer noch völlig perplex über diese gewaltsame und angsteinflössende Szene, die sich mir da eben gerade geboten hatte.
Ich schätzte mal meine Frage von vorhin war somit beantwortet:An den Gerüchten war doch etwas dran.
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Beyond all reason - Gegen jede Vernunft
Romance-Reason is powerless in the expression of love- Wenn Jaron und Clea aufeinander treffen, prahlen zwei Welten zusammen für die es tausend Gründe gibt es nicht zu tun. Kein schwarz oder weiss, kein Gut oder Böse nur zwei Menschen die versuchen, ihr G...