71. Der Sch(l)uss

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Jaron

"Wird das jetzt zur Gewohnheit?", skeptisch betrachtete ich den dampfenden Becher Café vor mir.
Schwarz versteht sich.
Clea' Vater ging auf meine Bemerkung nicht ein, sondern setzte sich mir gegenüber, wie schon die letzten zwei Tage.
"Hast du gut geschlafen?", innerlich stöhnte ich auf, während ich leicht nickte. Auch diese Frage bekam ich von ihm seit zwei Tagen, begleitet von dem Koffein, immer aufs Neue gestellt und ich antwortete ihm immer auf die selbe Weise.
Ich hatte wenig Lust zu erläutern, dass man auf dieser Pritsche höchstens nur im betrunkenen Zustand Schlaf finden könnte, und das die Lüftung, a; viel zu laut und b; viel zu stark hochgeschraubt war, so dass auch die hauchzarte kratzige Decke ihren Dienst nicht verhalten mag. Das alles, und mit Sicherheit noch mit ein paar vulgären Ausbrüchen dazwischen, die ganz klar von meinem Schlafentzug herrührten, schluckte ich herunter. Behielt es für mich.
Immerhin war Mr. Davies nicht nur irgendein Polizist, sondern Chief und, was nicht zu vergessen war, der Vater meiner Freundin und wenn das so bleiben soll, sollte ich meine aufgestaute Aggression lieber nicht an ihm auslassen.
Zumal er viel daran setzte, mich hier raus zu boxen, auch wenn ich mittlerweile immer mehr bezweifelte, dass er je damit Erfolg haben wird.
Das FBI hatte sich an mir festgebissen wie ein tollwütiger Hund.
"Mr. Davies, verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich bin ihnen dankbar für ihr Bemühen aber ich glaube n-"
"Ich habe vielleicht einen Weg gefunden, dich hier rauszuholen.", unterbrach mich der Chief ungerührt, während er seine Unterlagen auf dem Tisch ausbreitete.
Dann blickte er auf und bedachte mich mit ernstem Blick prüfend, als wolle er abschätze, ob ich, für etwas von dem ich noch keine Kenntnis hatte, genug Eier in der Hose hätte.
Und das gefiel mir gar nicht.
"Aber ich fürchte, es wird dir nicht gefallen."
Ta-da, da haben wir's ja auch schon.
Skeptisch lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück, wobei meine Handschellen, die mit einer Kette am Tisch befestigt waren, ein klirrendes Geräusch von sich gaben.
Es war so ein schreckliches Geräusch wie beim Zahnarzt wenn er einem die Zähne schliff. Es zog sich einem innerlich alles zusammen.
"Wenn es klappt und du einverstanden bist, kannst du, mit ein paar Einschränkungen, hier rauspazierten und wir vergessen das alles. Keine Gerichtsverhandlung, keine Verurteilung, kein Gefängnis."
Meine Skeptik wurde bei seinen Worten immer grösser.
Das klang alles viel zu schön, um wahr zu sein.
"Und was muss ich dafür tun?", ich konnte nicht verhindern, dass meine Stimme einen spöttischen Zug annahm.
Clea' Vater seufzte,"Auspacken. Von A bis Z. Das FBI will Jimmy und da du denn Mund nicht freiwillig aufmachst, sind sie jetzt soweit einem Deal zuzustimmen. Du bist ihnen zwar ein Dorn im Auge, doch im Endeffekt bist du nicht das was sie wollen."
Auspacken, irgendwie wusste ich, dass das kommen würde.
"Wenn ich das tue und das FBI es vermasselt, bin ich tot. Doch zu allererst wird es alle um mich herum treffen, auch Clea."
Mr. Davies zusammengepresste Lippen zeigten nur zu deutlich, dass er wusste, dass ich recht hatte.
"Genau deswegen wird es auch nicht soweit kommen. Ich selbst werde bei dieser Operation mitwirken."
"Ihre Fähigkeit als Chief in allen Ehren aber mit Jimmy ist nicht zu spassen. Bis jetzt ist er immer davon gekommen."
"Bis jetzt hatte die Polizei auch nie einen Informanten deines Wissens.", hielt der Chief dagegen.
"Jaron, wir wissen wer du bist, deine Wohnung hat jegliche Zweifel zunichte gemacht. Du bist die rechte Hand Jimmy', auch bekannt unter dem Namen Sniper. Wir wussten schon immer von deiner Existenz, nur dein Gesicht kannten wir nicht.
Du hast alles um diesen Mann im Nullkoma nichts hinter Gitter zu bringen. Und mehr als das."
"Ihr wollt der Schlange den Kopf abschlagen."
Clea' Vater nickte,"Und jeden weiteren der nachwächst, wir lassen ihnen nicht mal die Chance, sich zu erholen."
"Von was für Einschränkungen sprechen wir hier?", wagte ich vorsichtig vor.
Der Chief schien nur auf diese Worte gewartet zu haben. Er schob mir ein Blatt rüber, das einem Vertrag ähnelte.
"3 Jahre auf Bewährung.
Gefängnisstrafe oder sonstige Verfahren wären mit der Unterzeichnung dieses Schriftstücks eingestellt."
"Wenn ich euch alles sage, was ich weiss."
"Wenn du uns alles sagst, was du weisst.", bestätigte er mir nickend.
Er schob mir eine Stift zu und blickte mich auffordernd an.
In seinem Blick stand klar, dass er davon überzeugt war, einen besseren Deal würde ich nicht bekommen.
Und ich musste ihm recht geben.
Diese drei Jahre waren ein Klacks für den Scheiss, den ich in den letzten Jahren verbrochen hatte und dem werde ich mir mein Leben lang bewusst sein.
Begleitet von diesem verbittertem Gedanken, nahm ich den Stift und setzte in an der Stelle an, wo meine Unterschrift hingehörte.
Bevor ich jedoch die Tinte aufs Papier bringen konnte, klingelte Mr. Davies Telefon.
Mit augenscheinlich keinen guten Nachrichten, so wie sich sein Gesicht zuerst vor Schock und dann vor Wut zeichnete, ehe den beiden Gefühlen eine eiserne Maske wich.

Beyond all reason - Gegen jede VernunftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt