55. Jobangebot

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Still lagen wir nebeneinander auf meinem Bett und starrten an die Decke.
Jaron war, genauso wie ich, vollkommen in seinen Gedanken versunken.
Der Schock über den Anblick des verunstalteten Dodges sass mir immer noch tief in den Knochen, weswegen ich die ganze Fahrt über zu mir auch nicht wirklich viel gesagt hatte. Ich konnte und wollte es einfach nicht wahrhaben, dass jetzt sogar Jaron auf Michael' Abschussliste stand.
Wieso konnte nicht einmal alles so laufen, wie ich es wollte?
Jaron hatte so einen tollen Abend gehabt. Kam seiner Familie näher, als er es sich je erhofft hatte und war glücklich, unbeschwert.
Meine Güte wir waren auf dem Weg zu mir um was auch immer zu tun, doch das war jetzt vergessen. Untergegangen von dem Kunstwerk auf Jaron' Wagen.
Zwei Attacken in diesem Ausmass an einem Abend war ein neuer Rekord.
Zuerst die Verfolgung durch die Stadt und jetzt das.
Was kam als Nächstes?
Wer wird als nächstes wegen mir zu seinem Ziel?

"Es tut mir so leid. Ich dachte Jimmy wäre kein Thema mehr.
Ich hätte wissen müssen, dass er sich nicht so leicht abspeisen lässt."
Ich wandte den Kopf zu ihm und begegnete seinem Blick, der vor Wut und schlechtem Gewissen gezeichnet war. Seine Hand verschränkte sich mit meiner und drückte sie sanft, was ein starker Gegensatz zu seinen Gefühlen war.
Ich zwang mich zu einem kleinen Lächeln, schüttelte den Kopf und öffnete den  Mund, doch schloss ihn sogleich wieder. Stattdessen schossen mir Tränen in die Augen und meine Lippen fingen verräterisch an zu zittern.
Ich wollte ihm so viel sagen, wollte ihm sagen, dass Jimmy damit nichts zu tun hatte, doch es kam mir einfach nicht über die Lippen.
Jaron' Gesichtsausdruck wechselte in Bestürzung und er strich mir vorsichtig die Tränen weg.

"Hey, bitte weine nicht."

Ich schüttelte nur abermals den Kopf und vergrub mein Gesicht an seiner Brust, worauf ich von seinen Armen in Empfang genommen wurde.
Jaron strich mir beruhigend übers Haar und flüsterte mir Dinge ins Ohr, angestrengt versucht meinen Tränenfluss zu stoppen.

"Ich werde dafür sorgen, dass das nicht noch einmal passiert, versprochen.", er küsste meine Schläfe.
„Jimmy wird es bereuen. Dafür sorge ich."

Die Überzeugung und der Hass in seiner Stimme brachte mich wieder zur Besinnung und ich stützte mich auf seiner Brust ab, damit ich ihn ansehen konnte.
Er verstand das alles völlig falsch. Nicht Jimmy war die Ursache für meine Tränen, sondern die Einsicht, dass ich es nicht allein gegen Michael aufnehmen konnte.
Caroline hatte recht.
Ich brauchte Hilfe.
Doch Jaron sollte davon nichts erfahren, zumindest fürs Erste nicht.
Ich war nicht bereit, ihm das alles zu erzählen, nicht jetzt.
Es lief in seinem Leben zum ersten Mal gut im Vergleich zu den letzten Jahren. Abgesehen von Jackson, was nur ein weiterer Grund war ihn da rauszulassen.
Mit meinen Problemen wollte ich nicht wieder alles kaputt machen.
Er musste genug lange kämpfen. Meinen Kampf muss er nicht auch noch mitaustragen.
Ich musste wohl oder übel doch meine Eltern in Kentniss setzten.
Sie waren die Einzigen, die
mir im Moment helfen konnten.
Auch wenn sich alles in mir sträubte es ihnen zu sagen.
Die Angst, das alles wieder so ausgehen würde wie beim letzten Mal, war immens.
Doch was blieb mir anderes übrig?

Ich atmete noch mal tief durch und betete, dass meine Stimme wenigstens halbwegs ihren Dienst tat,"Nein...nein tu das nicht. Das will er wahrscheinlich nur."

"Aber..."

"Hunde die bellen, beissen nicht.", unterbrach ich ihn leise.
Das Schlimmste was er jetzt tun konnte, wäre Jimmy aufzusuchen und ihn für etwas verantwortlich zu machen, mit dem er rein gar nichts zu schaffen hatte.
Jaron war sichtlich nicht meiner Meinung. Aber meinen bittenden Blick brachte ihn schliesslich dazu zu nicken, wenn auch widerwillig,"Okey. Aber sobald nochmal so was geschieht, werde ich ihn zur Rede stellen. In dieser Zeit pass bitte einfach auf dich auf, verstanden?"

Beyond all reason - Gegen jede VernunftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt