"Was hältst von denen hier?", Ben' Kopf erschien aus einem der Gänge des Supermarkts und wackelte anzüglich mit ein paar mit pinken Kunstfell versehrten Handschellen vor meiner Nase herum.
Ich konnte nicht anders und musste leicht grinsen,"Ich glaube Jaron hat erst mal genug von diesen Dingern, meinst du nicht auch?"
Ben runzelte die Stirn und betrachtete dieses schreckliche Spielzeug genauer, dabei funkelten seine blauen Augen schelmisch und allein darüber war ich unglaublich froh. So froh, dass ich ihm bei seinen nächsten Worten nicht gerade die Schachtel Tampons an den Kopf warf, die ich gerade in der Hand hielt."Also ich denke, in der Richtigen Situation wäre das nebensächlich.
Da gibt es noch passende Wäsche-...", leicht lachend brach er ab und hob abwehrend die Hände, als er meinen Blick einfing, ehe er wieder hinter dem nächsten Regal verschwand, auf der Suche nach dem nächsten unnötigen Teil, was er mir vorführen konnte.
Ich wandte mich wieder kopfschüttelnd meinen Einkäufen zu. Das Grinsen nicht unterdrücken könnend. Doch es verschwand sogleich wieder, als mich das alt bekannte schlechte Gewissen überfiel.
Heute war der Tag des Wiedersehens, sowie des Abschieds. Ein Tag voller Widersprüche. Wir steckten alle irgendwo zwischen Glück und Trauer.
Doch ging das überhaupt?
Konnte man gleichzeitig glücklich und traurig sein?
Wenn man glücklich ist, lächelt man, die Augen funkeln und man könnte die ganze Welt umarmen.
Wenn man traurig ist, blickt man finster drein, weint sogar.
Das eine schliesst das andere also aus. Oder etwa nicht?
Anscheinend nicht, denn ich war die letzten beiden Tage immerzu von beiden Gefühlen begleitet worden, ja eine ganze Farbpalette von Gefühlen hatten an mir gezehrt und Ben ging es da nicht anders.
Es war die Hölle los in New Jersey. Die Geiselnahme und der darauf folgende Suizid des Geiselnehmers ist immer noch gross in den Medien zu sehen. Wie ein Lauffeuer hat sich dieses Ereignis ausgebreitet.
Ich konnte nur von Glück sprechen, dass das FBI die genaueren Hintergründe vorbehalten hatte, so dass ich von dem Medienrummel grösstenteils verschont blieb.
Doch das war nicht mal alles gewesen. In der selben Nacht in der Michael starb, wurde auch Jimmy verhaftet. Jimmy und seine ganzen Gefolgsmänner, die die Behörden erwischen konnten.
Selbst jetzt, zwei Tage später, war die Polizei noch damit beschäftigt, auch wirklich jede Verbindung zu dem Mafioso einzufangen.
Es war so, als würde die Stadt einer allumfassenden Reinigung unterzogen werden.
Eins war klar, die letzten paar Tage werden nicht mehr so schnell in Vergessenheit geraten, da war ich mir sicher.
Ich konnte es ja selbst immer noch nicht richtig glauben, was für eine Wende dieser ganze Albtraum genommen hatte und ich war dabei gewesen.
War bei beidem Zeuge eines Endes und eines neuen Anfangs.
Michael war tot.
Getötet durch seine eigene Hand.
Der Gedanke liess mich immer wieder von Neuem aufatmen, es war vorbei und das endgültig.
Keine Nachrichten, kein Auflauern und keine Angst mehr jeden Moment überfallen zu werden, das alles war Geschichte. Aber ich wusste auch, dass es mir nie gelingen wird, das alles zu vergessen.
Wie auch, er hatte mehr als zwei Jahre mein Leben bestimmt, auch wenn ich mir das nur ungern eingestand.
Ausserdem könnte ich niemals seinen Blick vergessen, seine Lippen, die stumm ein Wort bildeten, dessen Bedeutung mir selbst zu diesem Zeitpunkt noch unbekannt war und wahrscheinlich auch immer bleiben wird. Könnte nie den darauf folgenden Knall vergessen, genauso wenig wie sein Fall bis er reglos am Boden aufkam, mit all dem Blut, überall Blut. Sein Blut.
Ein paar Sekunden war es einfach still gewesen. Der Schuss und mein Schrei nur noch ein leises Echo.
Ich wusste nich wieso ich geschrien hatte, wusste nicht wieso ich weinte, aber ich wusste, dass das das Ende war.
Auch wenn Michael mir nichts Gutes gebracht hatte, mir mehr genommen hatte als irgendjemand sonst, hatte ich nicht gewollt, dass er sich umbrachte.
Doch wenn ich wirklich ehrlich zu mir war, wusste ich auch, das ich ohne seinen Tod wohl nie richtig hätte ausatmen können.
Ich hätte mich immerzu mit der Angst verrückt gemacht, dass er wieder rauskommen würde und der ganze Terror dann von Neuem seinen Lauf nehmen würde.
So wie es jetzt war, hatte ich absolute Sicherheit. Ich war nicht so, naiv um zu glauben, jetzt einfach weiter leben zu können, als wäre nichts passiert, denn das wäre unmöglich, diesen Fehler werde ich nicht noch einmal tun.
Es waren mir viele schreckliche Dinge passiert, Michael war mir passiert, und das wird mich mein Leben lang begleiten, dass musste ich akzeptieren, genauso wie meine Mitmenschen.
Doch ich war mir sicher, dass es mit der Zeit verblassen wird, bis es nur noch eine böse Erinnerung ist, nicht mehr und nicht weniger.
Es wird lange dauern, wird ein anstrengender Prozess, wobei ich zu grosser Sicherheit psychologische Hilfe annehmen musste aber ich wusste, ich war nicht allein.
Meine Eltern, Caroline, Brianna, Maria, die Jungs, Ben, Jaron, sie alle werden mir beistehen, mir helfen wieder Fuss zu fassen und dieses Mal richtig.
Vor allem Jaron. Ich brauchte ihn, wie er auch mich brauchen wird.
Wir mussten uns gegenseitig beistehen, vor allem jetzt.
Umso mehr hatte ich den heutigen Tag herbei gefiebert. Denn heute würde er endlich freigelassen werden. Dad' Anstrengungen hatten sich ausgezahlt.
Der von ihm vorgeschlagene Deal wurde vom FBI wie von Jaron akzeptiert.
Ohne Jaron hätte die Festnahme von Jimmy überhaupt nicht zu Stande kommen können.
Als Gegenzug für Jaron' schwerlastende Informationen und Beweisen, wurde seine Gefängnisstrafe aufgehoben und seine Freilassung bewilligt.
Auch wenn er drei Jahre unter Bewährung und Beobachtung des FBI's stehen wird, alles war besser als ihn im Gefängnis zu besuchen und dass nur hinter einer Scheibe.
Er hatte eine zweite Chance bekommen, eine Freikarte zurück ins Leben.
Zurück zu uns. Zu mir, zu Ben und zu...Jackson.
Jackson, der Schatten der unsere Freude über Jaron' Freilassung mit einem bitteren Nachgeschmack begleitete.
Seit gestern war klar, das einzig allein die Maschinen sein Überleben noch sicherten. Sein Herz hatte aufgehört aus eigener Kraft zu schlagen.
Alles was von ihm übrig war, war eine Maschine, die den Kreislauf des Lebens für ihn übernahm.
Zumindest solange, bis Jaron sich von ihm verabschieden konnte.
Dafür hatten sich beide entschieden. Ben und Jaron.
Auch wenn es schwer war, mussten wir der Tatsache in die Augen schauen. Loslassen und den Lauf des Lebens akzeptieren.
Die Hoffnung auf ein Herz in nächster Zeit war gering und wir alle wussten, dass Jackson es nicht gewollt hätte nur dank einer Maschine am Leben zu bleiben.
Das war gegen die Natur, gegen seine Natur. Ich konnte ihn förmlich sagen hören,"Wenn nicht aus eigener Kraft, dann gar nicht."
Er würde es als Zeichen sehen, dass es nicht sein sollte.
Es war unfair. So verdammt unfair!
Er hatte alles getan, hat gekämpft, ist gefallen und doch immer wieder aufgestanden, nur um jetzt zu scheitern.
War das der Sinn des Lebens?
Ist das, das für was er so verbissen gekämpft hatte?
Ist das, das für was jeder von uns kämpft?
Seufzend bog ich in einen neuen Gang und griff ich nach einer
3er-Packung Chips, die in den Korb, zu all den anderen Lebensmittel kam.
Manchmal hatte ich das Gefühl, dass das Leben uns so einiges wegzustecken gibt, wofür man gar kein Platz mehr hatte.
Meine Taschen jedenfalls, waren bis obenhin gefüllt.
Und ich wusste, bei Jaron sah es da nicht anders aus, genauso wenig wie bei Ben.
Die beiden verloren gerade ihren Bruder. Ein Stück Familie.
Ein kleiner Teil von mir hoffte, es würde schnell vorüber gehen, um ihretwillen.
Damit sie nach vorne schauen konnten. Denn nichts anderes hätte Jackson gewollt.
Er hätte nicht gewollt, dass wir ihm Tränen nach weinten, er hätte gewollt das wir für ihn lachten, für ihn lebten.
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Beyond all reason - Gegen jede Vernunft
Romance-Reason is powerless in the expression of love- Wenn Jaron und Clea aufeinander treffen, prahlen zwei Welten zusammen für die es tausend Gründe gibt es nicht zu tun. Kein schwarz oder weiss, kein Gut oder Böse nur zwei Menschen die versuchen, ihr G...