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Die Tränen liefen mir jetzt mehr über das Gesicht, ich schämte mich für mein Verhalten Sebas gegenüber, die Tatsache, dass ich nicht erkannt hatte, worauf Eric eigentlich hinaus wollte und dass ich einfach nicht in der Lage gewesen war, ihn davon abzuhalten.
Plötzlich nahm mich Sebas in den Arm.
Er sagte immer noch nichts und als ich das Gesicht an seiner Schulter vergrub, spürte ich, wie angespannt sein ganzer Körper war.
"Warum?" Sebas holte einmal tief Luft. "Warum hast du mir nichts davon erzählt?"
Ich wusste nicht genau wie ich antworten sollte, deswegen ließ ich mein Gesicht an seiner Schulter versteckt.
"Amy, was habe ich falsch gemacht, dass du so etwas vor mir geheim hältst? Ich weiß ehrlich nicht, was du von mir erwartest."
Ich schluchzte noch mehr, als mir nun noch deutlicher klar wurde, wie sehr ich Sebas damit wohl verletzt haben musste.
"Ich habe mich einfach... geschämt." meine Stimme zitterte, ich richtete mich immernoch nicht auf. "Du hattest einfach mit allem Recht und ich wollte dir nicht glauben. Ich war einfach überzeugt, dass..." ein Schluck-auf unterbrach mich. "Es tut mir Leid, dass ich dich so verletzt habe."
Sebas nahm mich ein wenig fester in den Arm.
"Ich bin nicht verletzt. Ich bin enttäuscht. Ich versuche wirklich alles, um dir ein guter Freund zu sein und ich will nichts mehr, als dich glücklich zu sehen und du schaffst es nichtmal, mir zu erzählen, wenn dich dein Freund missbraucht?"
Ich zuckte zusammen.
Sebas löste seinen Griff von mir, doch ich klammerte mich an ihm fest.
"Geh nicht. Ich kann dich nicht auch noch verlieren."
Gut, das war vielleicht ein wenig dramatisch, doch es war die Wahrheit. Sebas war mir so unglaublich wichtig und auch wenn ich es die letzten Monate nicht wirklich gezeigt hatte, so wüsste ich doch nicht, was ich ohne ihn machen sollte.
"Mir schläft aber der Fuß ein."
"Egal."
Sebas schien wohl zu merken, dass diskutieren keinen Zweck hatte, weshalb er seufzte und sich umständlich umsetzte.
Ich wurde immer noch von Schluck-Auf und Schluchzen geschüttelt.
"Amy."
Sebas strich mir beruhigend über den Rücken.
"Auch wenn ich gesagt habe, dass ich enttäuscht bin, bin ich dennoch froh, dass du es mir jetzt erzählt hast. Ich weiß aber trotzdem nicht genau, was ich daraufsagen soll. Außer vielleicht, dass ich Eric den Schädel einschlage, wenn ich ihn das nächste Mal sehe. Mir doch egal, ob er größer ist als ich, ich bin schneller."
Perplex löste ich mich jetzt doch von Sebas.
"Nein, du wirst gar nichts machen, wenn du Eric siehst. Die Sache ist vergessen. Ich will nicht mehr darüber nachdenken und vor allem will ich nicht, dass die Sache irgendwann nochmal Probleme verursacht. Ich will einfach nur vergessen."
Ich konnte mir Sebas' Gesichtsausdruck ziemlich gut vorstellen, doch es war mir egal. Ich musste Eric vergessen und das konnte ich nicht, wenn ich wusste, dass Sebas sich mit ihm anlegt. Das einzige, was ich hoffte, war, dass Eric einfach wieder nach Amerika verschwand. Es wäre besser, wenn ein ganzer Ozean zwischen uns wäre.
Mein Schluck-Auf schwächte so langsam ab und ich spürte, dass ich mich wieder beruhigte. Allgemein fühlte ich mich ein wenig besser.
"Na gut. Versprechen kann ich nichts, aber ich werde es auch nicht darauf anlegen. Kannst du dann jetzt bitte wieder aufhören zu weinen, ich kann damit echt nicht umgehen."

Auch wenn ich noch nicht über die Eric Sache hinweg war, so waren die nächsten Tage doch durchaus gut. Sebas und ich hatten noch den ganzen Nachmittag damit verbracht, uns auszusprechen, wobei ein Großteil davon daraus bestand, dass ich mich bei ihm für diverse Dinge entschuldigte. Ich fühlte mich so viel besser, nach dem all die Probleme zwischen uns endlich aus dem Weg waren und wir wieder normal miteinander umgehen konnten.
Durch Livs Drang, eine Choreographie auf die Beine zu stellen, waren wir fast jeden Tag im Studio und arbeiteten härter denn je an meiner Tanzfähigkeit. Durch meine lange Pause war vieles wieder unsicherer, Sprünge endeten häufiger in Stürzen als jemals zu vor und doch hatten wir Spaß.
Sebas setzte so viel daran, mich zum lachen zu bringen und meine Laune aufzubessern, dass wir teilweise einfach nur rumalberten anstatt wirklich zu proben. Dennoch waren wir nach etwa einer Woche zumindest theoretisch schon einen großen Schritt weiter.
Die Choreo stand, einzelne Details würden wir erst festlegen können, wenn wir wussten, wie genau die Fläche für unseren Auftritt aussah, aber abgesehen davon waren wir fertig.
Doch erstmal musste ich ein Hühnchen mit Liv rupfen.
Bisher war mir das noch nicht gelungen,bda sie unglaublich gut darin war, mir aus dem Weg zu gehen.
Immer wenn ich sie darauf ansprechen wollte war sie im Stress, um irgendwelche Hochzeitsvorbereitungen zu treffen oder um zu arbeiten.
Ich würde ihr das allerdings nicht mehr lange durchgehen lassen.

Zwei Tage später erwischte ich allerdings die perfekte Gelegenheit, denn Liv würde mich zu meiner Therapiestunde fahren und das gab mir genug Zeit, um sie über ihr interessantes Manöver auszuquetschen.
Wir saßen im Auto, Liv drehte das Radio laut auf und ich war kurz davor, sie auszulachen.
Ich drehte die Lautstärke wieder runter und verdrehte innerlich die Augen.
"Liv. Du wirst nicht drum herumgekommen."
"Ich weiß."
Ich grinste.
"Willst du mir dann erklären, wie es sein kann, dass dein Florist deine Einladungskarten druckt?"
Ich zog sie ein wenig auf, dass wussten wir beide.
"Okay, es tut mir Leid, ich musste improvisieren, aber jetzt tu doch nicht so, als ob es nicht funktioniert hätte. Sebas und du, ihr kommt euch doch wieder näher, oder etwa nicht?"
Ich schüttelte leicht den Kopf.
"Du bist echt unglaublich Liv. Ich bin dir ja dankbar, dass du dich so um die Sache gekümmert hast, aber ich hätte das irgendwann auch selber hinbekommen."
Livschnaubte spöttisch und kicherte dann.
"Amy. Mach dir nichts vor, ihr hättet euch noch Monate ignoriert, wenn es nicht deine tolle große Schwester gegeben hätte."
"Nicht Monate, ich glaube nicht, dass wir es viel länger ausgehalten hätten. Ich hab ihn vermisst."
"Ich weiß."
Ich konnte Liv lächeln hören. 

Night changes everything (Deutsch) *abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt