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"Was hast du dann jetzt vor? Schreibst du dich wieder an der Uni ein?"
Schläfrig drückte ich ein Kissen an meine Brust und versuchte mich mit aller Mühe auf Erics Antwort zu konzentrieren. Es war so anstrengend.
"Ja. Ab dem nächsten Semester studiere ich wieder hier. Irgendwie tut es doch einfach gut, zu hause zu sein."
Ich nickte langsam.
Bevor ich meinen Unfall hatte, war mir klar, dass ich unbedingt reisen wollte, die Welt sehen, an anderen Balletten der Welt tanzen und einfach leben wollte, aber mein Zuhause würde immer hier sein. Bei meiner Mum, meiner Schwester und Sebas. Jetzt war ich auf ihre Hilfe angewiesen und konnte mir deswegen kein Leben mehr ohne sie vorstellen. Vielleicht kam irgendwann der Tag an dem alles irgendwie alleine ging, momentan war ich aber noch nicht dazu in der Lage.
"Und du?"
Ich schreckte wieder aus meinen Gedanken auf.
"Was meinst du?"
"Na ja, was machst du gerade so? Ich schätze mal, dass Uni keine Möglichkeit ist."
Eric klang neugierig, allerdings spürte ich, dass er mir nicht wirklich viel zutraute.
"Ich war bis vor kurzem noch an der Royal Academy of Dance. Momentan mache ich allerdings eine kleine Pause."
Ich wollte ihm nicht unbedingt auf die Nase binden, dass ich rausgeschmissen worden war und momentan daran arbeitete, wieder aufgenommen zu werden.
"Ah verstehe. Und das klappt echt?"
Seufzend erklärte ich Eric meine Lernmethoden und den Deal, den ích mit der Schulleitung hatte. Es war ein wenig anstrengend, ihm all diese Dinge zu erzählen, gleichzeitig fand ich es aber auch angenehm, mit jemandem darüber zu reden, der mich nicht mit Mitleid überschüttete.
Wir beschlossen irgendwann, den Film wieder weiter abzuspielen und ich schaffte es tatsächlich, währenddessen auf dem Sofa einzuschlafen.

Am nächsten Morgen wurde ich von Sebas und einer Tasse Kaffee geweckt.
"Irgendwie könnte ich mich daran gewöhnen."
Sebas lachte und setzte sich neben mich auf das Bett.
"Wunder dich nicht, du bist in meinem Bett. Eric hatte das Gästezimmer in Beschlag genommen und ich wollte dich nicht auf dem Sofa liegen lassen."
"Sehr aufmerksam, vielen Dank."
Ich lachte ebenfalls und nahm vorsichtig die Tasse entgegen.
"Wann musst du heute in den Unterricht?"
"Es ist Sonntag."
Das überraschte mich, war gestern wirklich Samstag gewesen? Ich bekam ja echt nichts mehr mit.
"Achso. Wie spät ist es eigentlich?"
"Halb zehn. Eric ist schon Heim gegangen, irgendwas von wegen auspacken und Familie sehen", Sebas machte eine kurze Pause ,"Ich hab ihm übrigens deine Nummer gegeben, ich hoffe, das ist in Ordnung."
Eric hatte also nach meiner Nummer gefragt? Wie interessant.
"Ja klar ist das in Ordnung."
Bevor einer von uns noch was sagen konnte, hörte ich mein Handy in der Wohnung klingeln.
Ich vermutete, dass es noch im Gang in meiner Sporttasche war, doch bevor ich überhaupt aus dem Bett aufgestanden war, kam Sebas auch schon wieder zurück und drückte es mir in die Hand.
Angeber.
Schnell nahm ich den Anruf entgegen, nicht, dass der Anrufer wieder auflegte.
"Hey Amy, ich bin's Liv. Soll ich dich abholen kommen?"
Meine Schwester war mir etwas zu schnell heute morgen.
"Ähm. Ja, warum nicht. Ich bin bei..."
"...Sebastian, ich weiß. Zieht euch an, ich bin in fünf Minuten da."
Bevor ich auch nur andeuten konnte, dass Sebas und ich keinen Sex hatten, hatte Liv schon aufgelegt. Wirklich unglaublich.
"Liv kommt gleich vorbei und holt mich ab, dann musst du nicht extra losfahren."
Ich trank den letzten Schluck meines Kaffees und stand dann aus dem Bett auf.
Mein Fuß tat noch immer ein wenig weh, doch ich denke in ein, zwei Tagen müsste es wieder gehen.
"Das trifft sich gut, meine Eltern kommen heute vorbei und ich muss die Wohnung noch ein wenig auf Vordermann bringen. Nicht, dass es ihnen auffallen würde."
Es tat mir ein wenig Leid, dass Sebas' Eltern so gar kein Interesse an seinem Privatleben hatten. Seit ich ihn kannte, war alles was zählte seine tänzerische Karriere. Sie lebten momentan in Paris, weshalb Sebas auch seine eigene Wohnung hier hatte und wir immer im Tanzstudio seiner Eltern trainierten.
Ich umarmte ihn kurz aufmunternd.
"Das wird schon. Du kannst mir ja nachher anrufen und berichten."
Es klopfte an der Tür und ich tastete nach meiner Sporttasche.
"Wir sehen uns morgen Abend zum Training?"
"Ja klar."
Liv schien es ziemlich eilig zu haben, denn sobald Sebas die Tür geöffnet und meine Schwester begrüßt hatte, hatte sie mich schon am Arm gegriffen und aus der Wohnung gezogen.
"Sorry Sebas, ich hab es leider ziemlich eilig. Wir sehen uns."
Lachend aber auch irritiert ließ ich mich von Liv zu ihrem Auto bringen.
"Was ist denn los?"
Wir sehen schon im Auto, als ich endlich Gelegenheit hatte, das zu fragen.
"Wiliam und seine Eltern kommen zu uns zum Abendessen und ich habe noch nichts vorbereitet. Mum arbeitet heute bis um vier und der Vorschlag war leider etwas spontan."
Ach was, das wäre mir an ihrer hektischen Ausstrahlung überhaupt nicht augefallen.
Liv setzte mich nur zuhause ab und ging dann sofort einkaufen. Kopfschüttelnd räumte ich meine Tasche auf und machte mich dann daran, Kleinigkeiten zu erledigen. Ich räumte den Tisch ab, legte eine neue Tischdecke drauf und faltete die Decken auf dem Sofa zusammen. Natürlich konnte ich keine großen Sachen machen, doch ich wollte meiner Schwester wenigsten ein wenig helfen. Als mir nichts mehr einfiel, was ich machen konnte, setzte ich mich auf den Balkon, steckte mir Kopfhörer in die Ohren und startete ein Hörbuch.
Es dauerte nicht lange, da tippte mich jemand an. Ich zog einen Kopfhörer raus.
"Ja?"
"Ich bin wieder vom Einkaufen da, danke, dass du schon mal mit vorbereiten angefangen hast."
Lächelnd setzte ich mich in dem Stuhl mehr auf.
"Kein Problem, kann ich noch irgendwas anderes tun?"
"Im Moment nicht, aber ich sag dir Bescheid, wenn ich dich brauche."
Liv ging wieder und ich lehnte mich wieder in dem Stuhl zurück. Ich hatte noch eine ganze Weile Zeit, bis ich mich für das Abendessen fertig machen musste. Die Sonne kam raus, es wurde warm auf meinem Platz und ich genoss das angenehme Gefühl auf meiner Haut. 

Night changes everything (Deutsch) *abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt